Nirekha Peak, Teil 1
Um halb drei klingelte der Wecker. Das Thermometer zeigte in meinem Zelt 19 Grad unter Null. Wieso ist das hier eigentlich so kalt? Alles wird unangenehm und auch schwierig bei so einer Kälte.
Was nicht tiefgefroren sein sollte an einem solchen Morgen, muss die Nacht im Schlafsack verbracht haben: Das Frühstück, die Gaskartuschen und vor allem die Schuhe. In auf fast minus 30 Grad abgekühlte Bergschuhe bekommt bzw. behält man keine warmen Füße, selbst wenn man sie mit warmen Füßen angezogen haben sollte.
Davon, wie sehr uns diese Kälte zu schaffen gemacht hat, wird später noch zu berichten sein.
Wir gaben uns gestern morgen zwei Stunden für das Kochen und das Anziehen. Um halb fünf Uhr wollten wir aufbrechen.
Das Kochen verlief zumindest bei mir sehr mühsam, weil es mein Kocher wohl auch zu kalt fand. Wohlweislich hatte ich am Abend zuvor eine Liste von den Dingen gemacht, die noch mit an den Berg mussten. Also Sonnencreme, Gletscherbrille, Satellitentelefon, Notfallapotheke, Biwaksack, Fotoapparat, um das Wichtigste zu nennen. Die Kletterausrüstung lag ja schon oben. Deshalb ging das Anziehen und Rucksackpacken relativ rasch vonstatten.
Überpünktlich standen auch Katrin und Urs bereit. Doch schon nach wenigen hundert Metern begannen unsere Probleme. Katrin klagte über kalte Füße. Nun ja, meine Füße waren auch nicht gerade warm. Und was konnte man bei fast minus 30 Grad Außentemperatur auch anderes erwarten? Nach einer dreiviertel Stunde auf dem Weg zum Routeneinstieg war dann aber doch eine bedrohliche Situation eingetreten. Katrin meinte, dass sie zunehmend das Gefühl in ihren Zehen verliere. Es musste also augenblicklich etwas passieren.
Es gibt nicht viel, was in einer solchen Situation noch helfen kann. Ich forderte die beiden auf, anzuhalten und Katrin ihre Schuhe und Strümpfe auszuziehen. Sie sollte ihre nackten Füße auf den ebenfalls nackten Bauch von Urs legen. Drumherum wickelte ich meine Daunenjacke. Und nach einer Viertelstunde waren Katrins Füße wieder soweit erwärmt, dass es weitergehen konnte.
Trotz der Verzögerung und obwohl es fast völlig finster war, hatten wir in etwas mehr als anderthalb Stunden den Einstieg in unsere Route erreicht. Es war ein strahlender und völlig windstiller Morgen ohne eine einzige Wolke am Himmel. Der Bilderbuchgipfeltag sozusagen!
Trotzdem beschloss Katrin, umzukehren. Sie fühlte sich, gewiss auch unter dem Eindruck der Probleme auf dem Marsch hier her, dem Berg in diesem Moment nicht mehr gewachsen. Das gute Gefühl, welches man im Angesicht einer so großen selbst gestellten Aufgabe haben sollte, war ihr abhanden gekommen.
Sie traf diese Entscheidung in einer Situation, welche die geringsten Folgen für ihren Lebensgefährten Urs und mich aber auch für sie selbst hatte. Sie konnte allein wieder ins Basislager absteigen und wir anderen die Tour fortsetzen.
Es gibt buchstäblich nichts, was mir größeren Respekt abnötigt, wenn jemand in einem solchen für ihn sehr traurigen Augenblick auch noch an die anderen denkt. Dafür danke ich Dir. Und wenn Du möchtest, dann werden wir drei gemeinsam bald auf einem anderen großen Berg stehen.
Ende Teil 1
Respekt Katrin!! Ich kann es auf eine gewisse Art nachvollziehen…Olaf hat Recht, Ihr werdet bestimmt noch einen anderen Berg besteigen. Ich drück Euch und weiterhin alles Gute!!
Nur die Besten können abbrechen! Liebe Grüsse von deinen Kollegen aus SINGEN.
Hochachtung mein Schatz, ich weiß, was dir die Tour bedeutet. Sei nicht traurig und freu dich auf den nächsten Berg. Liebe Grüße an Urs und Olaf, vor allem aber an dich
Mama
Hallo Katrin!
Meine Hochachtung! Du hast in deiner Situation das einzig Richtige getan. Lass den Kopf nicht hängen- auch Du wirst noch einmal ganz oben stehen! Liebe Grüße an Dich und Deine beiden Männer. Opa Hero.
Hallo Katrin,
ich begeleite Euch wegen meines Schwagers – nicht jeden Tag, aber regelmäßig. Ich teile die Hochachtung der Anderen – weder über die EIGENEN noch über die Grenzen der Anderen zu gehen, das ist ECHTE STÄRKE und LEBENSWEISHEIT! Es ist kein Verlust – eher ein GEWINN, wenn mass so eine Erfahrung aushalten und vielleicht sogar noch an liebenswerte Menschen weitergeben kann.