Monte Sarmiento
Der Monte Sarmiento misst nur 2246 m. Wahrlich nicht viele im Zeitalter der buchbaren Achttausender. Doch dieser Berg beginnt bei Null Metern Meereshöhe! Seine extreme Lage macht ihn schwer zugänglich, und er liegt in einer der schlimmsten Wetterküchen unseres Globus.
Ein Berg also, der niedriger ist als die meisten Alpengipfel, den kein Mensch kennt und der wegen des nahezu immer schlechten Wetters eigentlich fast unbesteigbar ist! Es scheint so, dass man nirgendwo auf der Welt das Verlieren besser lernen kann als hier. Warum will man also dorthin?
Nur eine einzige nachgewiesene Besteigung gibt es bisher, wenn man von der Erstbesteigung durch Clemente Maffei und Carlo Mauri einmal absieht. Es gibt keine Beweisfotos von diesem Aufstieg dafür aber viele Zweifler. Nur dem erstklassigen Ruf der beiden Alpinisten ist es zu verdanken, dass ihre Besteigung 1956 dennoch anerkannt wurde.
Es vergingen 57 Jahre bis zum ersten nachgewiesenen Erfolg im Jahr 2013 durch Camilo Rada und Natalia Martinez. Zwischendurch scheiterten mehr als 20 Expeditionen darunter solche Spitzenleute wie Stephen Venables, Gerlinde Kaltenbrunner, Robert Jasper, John Roskelley. Und wenn man sich anschaut, wie viel diese Leute in den Bergen dieser Welt geleistet haben, dann wird einem endgültig klar, was die 2246 m am Monte Sarmiento bedeuten. Er ist mit großer Sicherheit nicht nur einer der schönsten sondern auch einer der schwierigsten Berge der Erde.
Seinen Namen bekam der Monte Sarmiento von einem Admiral der Royal Navy namens Philip Parker King. Er kommandierte die HMS Adventure und die weltberühmte HMS Beagle auf der ersten Reise nach Südamerika und Feuerland von 1826 bis 1830 zu der Zeit noch ohne Charles Darwin. Benannt hat er den Berg nach Piedro Sarmiento de Gamboa (Bild links, Quelle Wikipedia).
De Gamboa (um 1530 – 1592) wurde vom Vizekönig von Peru damit beauftragt, die spanischen Schiffe und Siedlungen an der Pazifikküste Südamerikas zu schützen, denn zu dieser Zeit trieben Freibeuter dort ihr Unwesen. Der berühmteste von ihnen, Sir Francis Drake, entkam Gamboa allerdings. Gamboa wartete in der Magellanstraße vergeblich auf Drake, der über den Pazifik und das Kap der Guten Hoffnung entwischt war. Übrigens vollendete Drake mit dieser legendären Reise (The Famous Voyage, 1577-1580) nach Magellan die zweite Weltumseglung.
Nach dieser Schlappe kehrte Gamboa nach Spanien zurück und überzeugte den König von der Bedeutung der Magellanstraße. Damals glaubte man ja noch an das große Südland, welches von Südamerika nur durch die Magellanstraße getrennt sein sollte. Durch die Anlage von Siedlungen und Befestigungen wollte Gamboa die Magellanstraße wirksam sperren können, um Piraten davon abzuhalten, die spanischen Goldtransporte aus Peru zu kapern.
Tatsächlich betraute Spanien Gamboa mit dieser Aufgabe und schickte ihn 1581 mit 23 Schiffen und 4000 Menschen an Bord dorthin zurück. Nach vielen Rückschlägen und Verlusten gelangten am 2. Dezember 1583 fünf Schiffe mit 530 Mann an Bord in die Magellanstraße. Mehrere hundert Menschen darunter 30 Frauen wurden an zwei Punkten an Land gesetzt. Einer davon, Puerto Hambre (Hafen des Hungers) weist noch heute auf das Schicksal dieser Unglücklichen hin.
Als 1587 der englische Pirat Thomas Cavendish nach Puerto Hambre kam, fand er noch 15 Menschen vor. Alle anderen waren verhungert und erfroren. Der Name Sarmiento ist also alles andere als ein gutes Omen für die, die ihn zu besteigen hoffen.