Nepalesische Bürokratie muß man erlebt haben. Beschreibungen können kaum
helfen, diese Erlebnisse mit Nepals Behörden vorstellbar zu machen.
Nima, unser Agenturchef, hatte heute das Komando. Zuerst sollte es zur
Bank gehen, um das mitgebrachte Geld einzuzahlen. Eine Überweisung von
Deutschland nach Nepal ist unsicher in den politisch etwas wirren Zeiten
in diesem Land. So jedenfalls lauteten die Ratschläge, die ich bekam.
Deshalb hatte ich das viele Geld in bar mitgenommen. Hier in Kathmandu
wollten wir es auf das Konto der Agentur einzahlen, um es von dort
weiter zum Tourismusministerium zu überweisen. Aber man nahm uns das
Geld auf der Bank nicht ab. Erstens hatten wir keine ordentliche
Zolldeklaration, was ganz logisch war, weil ich nicht im Traum auf die
Idee gekommen wäre, das Geld beim Zoll am Flughafen anzugeben. Denn wer
weiß, ob man mich überhaupt hätte einreisen lassen mit dem vielen Geld.
Und zweitens darf man nur 2000 Dollar pro Tag auf ein Konto einzahlen.
Wir aber mußten heute knapp 50000 Dollar auf die Bank bringen. Lange
Rede kurzer Sinn, sieben volle Stunden haben wir dafür gebraucht, die
fehlenden Papiere zu besorgen und die Bankangestellten zu überreden,
eine Ausnahme zu machen, zumindest was die Einzahlungsgesamtsumme
anbetraf. Aber es führte kein Weg rein, die 50000 Dollar in einem Stück
einzuzahlen.
Das Bild täuscht. Es war ein langer Weg, bis zu diesem Augenblick.
Wir mußten also 25 mal 2000 Euro überweisen, und das dauert hier in
Nepal eben. Die anderen Dinge, die wir uns heute vorgenommen hatten,
Visaverlängerung, Abholung des Aircargo, Einkäufe usw. wurden nach
hinten verschoben. Doch am späten Nachmittag hatte ich noch einen
erfreulichen Termin. Nima wollte mir unser Sherpateam vorstellen. Alle
waren in das Büro unserer Agentur gekommen, und wir hatten ausgiebig
Gelegenheit, uns beim Teetrinken kennenzulernen. Dieses erste
Aufeinandertreffen ist immer besonders wichtig, denn es werden die
Weichen für das Verhältnis zwischen den Bergsteigern und den
einheimischen Helfern gestellt. Nach meinem Gefühl lief aber alles
großartig. Wir haben viel miteinander gelacht und schon eine ganze Menge
voneinander erfahren. Thomas hat ein großartiges Helferteam bei seinen
Filmaufnahmen und auch um unser leibliches Wohl müssen wir uns keine
Sorgen machen.
v.l.n.r. Dawa, Lakpa, Kami, Chengba, Nuri, Dharma
Dharma und Chengba sind für die Küche verantwortlich, Lakpa ist
Expeditionsmitglied und Shirdar also der Chef der einheimischen Helfer
und auch der Träger, die unsere Lasten in das Basislager transportieren.
Dawa, Kami und Nuri sind das Filmteam. Diese drei unterstützen Thomas
Türpe bei seiner Arbeit als Kameramann des MDR und übernehmen seine
Aufgaben bei der Einrichtung der Route und dem Aufbau der Lager.
Darüberhinaus tragen sie die Filmausrüstung den Berg hinauf. Diese
Sherpas sind ein Kompromiß, den wir in Hinblick auf die Zusammenarbeit
mit dem MDR eingehen mußten. Thomas kann nicht filmen und auch noch die
Lager einrichten. Er kann auch nicht die Filmausrüstung tragen, wenn er
dauernd hin- und herrennen muß, um Aufnahmen zu machen. Deshalb haben
wir entgegen meinem ursprünglichen Plan diese drei Sherpas engagiert, um
eine gute Arbeit von Thomas zu garantieren und ihm auch eine
Gipfelchance zu wahren.
Nachdem ich nun unser Team kenne, ist das Ausscheiden von Jörg Stingl
schon weniger schmerzlich. Wir sind auch ohne ihn eine starke Truppe,
welche ausgezeichnete Chancen hat, weit zu kommen. Diese Zuversicht ist
wird übrig bleiben von diesem Tag. Also war es ein guter Tag.
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