Wir haben uns also doch entschieden, schon am Donnerstag,
also gestern aufzubrechen. Vor allem ,weil wir nun wußten, wo unser
fehlendes Gepäck ist und wann es voraussichtlich in Nepal eintreffen
wird. Ich hatte, ehrlich gesagt, die Nase voll davon, weiter die schöne
Zeit in Kathmandu zu warten, anstatt mit der Akklimatisierung in den
Bergen zu beginnen. Natürlich gibt es ein Risiko wegen des Gepäcks. Nima
muß alles alleine organisieren mit dem Gepäcktransport von Kathmandu
hierher nach Namche Basar. Aber ich bin zuversichtlich, das alles
klappen wird.
Die kleine Piste in Lukla ist eine der spektakulärsten der
Welt. Sie hat 60 m Höhenunterschied und endet an einem Berg.
Die Reise hierher war sehr angenehm. Wir hatten einen großartigen Flug,
sind gleich mit der ersten Maschine weggekommen. Die Sicht auf die Berge
war phantastisch. Schon kurz nach 7.00 Uhr landeten wir in Lukla, so
früh, wie noch nie vorher in den elf Jahren, die ich inzwischen hierher
komme. Wir hatten also den ganzen Tag vor uns und sind dementspechend
langsam nach Monjo gewandert. Das Wetter auf dem Weg war gut, wir hatten
sehr schöne Sicht auf die ersten Sechstausender. Außerdem sind wir mit
hunderten Trägern gemeinsam unterwegs gewesen, weil am morgigen
Sonnabend der wöchentliche Basar in Namche stattfindet. Mit Trägern zu
gehen, fasziniert mich immer besonders. Heute traf ich einen, der sieben
20-Liter-Kanister Kerosin trug. Kerosin ist genauso schwer wie Wasser.
Die Kanister waren fast voll, sagen wir 17 Liter pro Kanister. Das wären
also 119 Kilo bezahlte Last, dazu kommt der Tragekorb und die
persönlichen Dinge. Noch niemals zuvor habe ich eine solch gewaltige
Last gesehen.
Der Weg führt immer am Dudh Khosi, dem Milchfluß, entlang. Seine Wasser
entspringen unter anderem am Fuß des Everest. Ständig muß der Wanderer
von der einen auf die andere Seite queren, weil die Ufer oft zu steil
für einen Weg sind. Insgesamt fünf Mal wechselten wir die Seiten. Die
Brücken sind inzwischen fast alles moderne Konstruktionen, die einen
sicheren Eindruck hinterlassen. Aber eine von den alten wird noch immer
benutzt, von uns und natürlich auch von den Trägern mit ihren
titanischen Lasten.
Doch die Frage aller Fragen bleibt die nach unseren vermissten zwölf
Tonnen. Gestern Nacht sollten sie in Kathmandu eintreffen. Vor wenigen
Minuten wollte ich in Kathmandu anrufen und nach ihnen fragen. Doch zur
Zeit ist es aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen unmöglich, eine
Satellitenverbindung nach Kathmandu herzustellen. Es ist also immer noch
offen, ob die vermissten Tonnen nun in Kathmandu sind und wann unser
Cargo bei uns hier in Namche eintreffen wird. Vielleicht kann ich morgen
in der nächsten News schon mehr sagen.
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