Die beiden hatten die Funkzeit verpasst, weil sie schon vor 8.00 Uhr,
unserer ersten regulären Funkzeit, auf dem Weg durch den Gletscher
waren. Im Eisbruch ist jede Verzögerung gefährlich, deshalb ließen die
beiden die Funkerei, was natürlich in Ordnung geht. Janas Abstieg hatte
aber nichts mit dem schlechten Wetter zu tun. Sie mußte sich gestern
Abend selbst Dexamethason spritzen, um ein beginnendes Hirnödem zu
unterdrücken. Der sofortige Notabstieg war durch das aufziehende
Unwetter nicht möglich. Erst im Verlaufe des Sonntag Vormittag erschien
die Rückkehr ins Basislager durchführbar. Durch Janas Höhenkrankheit
ging der Abstieg allerdings sehr langsam vonstatten. Lakpa und ich
stiegen den beiden entgegen, um eventuell zu helfen und Tee zu bringen.
Jana schaffte den Weg aber auf eigenen Füßen.
Im Basislager waren wir natürlich alle besonders froh, daß unsere Sorgen
bezüglich Jana zwar nicht unbegründet, aber nun ausgestanden waren.
Jana, fix und fertig wie sie war, mußte sich aber schon bald um Thomas
kümmern. Er hat wohl eine ausgewachsene Virusinfektion, so jedenfalls
die Vermutung. Jana versuchte erst einmal, eine ordentliche Diagnose mit
ihren beschränkten Mitteln hinzubekommen.
Dann wurde therapiert. Es ist nur so, daß bei Infektionen hier oben
sicher auch ein geschwächtes Immunsystem eine Rolle spielt. Deshalb kam
sehr bald der Abstieg von Thomas in tiefere Gefilde ins Gespräch. Thomas
will noch ein wenig abwarten und sich morgen entscheiden. Auf jeden Fall
fällt er für den anstehenden Aufstieg, der nun für den heutigen Montag
geplant ist, aus. Ob dieser Aufstieg allerdings am heutigen frühen
Morgen beginnen kann, ist weiterhin fraglich, weil der Wetterbericht
auch für die nächsten Tage nichts gutes verheißt. Dennoch wollen Lakpa
und ich, wenn es irgendwie möglich ist, nach oben, um das dritte
Hochlager zu installieren.
Der 28jährige Kami Shingi ist ein Mann, wie ihn sich Schwiegermütter wünschen: Unglaublich stark, fröhlich und klug.
Der Held des vergangenen Sonntages ist zweifellos Kami Shingi. Er hat
Jana beigestanden, sie bekocht und sie schließlich durch den Eisbruch
ins Basislager hinuntergeführt. Auch Jana muß nun über einen
vorübergehenden Abstieg nachdenken, um sich vollständig auszukurieren.
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