Riesige Eisblöcke säumen den Weg, manche tiefblau, andere türkis, wieder
andere weiß oder gestreift. Ich komme aus dem Staunen und Bewundern
nicht heraus. Der Weg durch den Khumbueisbruch ist einfach ein Kunstwerk
aus Schnee und Eis, bei dem die Natur ihrer Fantasie freien Lauf ließ.
Leitern liegen als wacklige Brücken über Spalten, nur nicht nach unten
sehen, manchmal ist der Spaltengrund ein schwarzes Nichts. Faszination!
Noch eine Steilstufe. 5 Leitern aneinander gebunden helfen hier nach
oben zu kommen. Jetzt wird der Weg zum Lager 1 zwar flacher, aber dafür
werden die Spalten weiter, größer, tiefer.
Stunden nach meinem Aufbruch im Base Camp erreiche ich unsere Zelte im Lager 1. Es geht mir hier oben in reichlich 6000 Metern noch gut, aber das soll sich in den nächsten
Stunden ändern. Der Blick am Abend auf den Everest und den Lhotse im
einmalig schönen Abendlicht ist mir noch vergönnt, dann setzt ein
Schneesturm ein. Ich bin in meinem Zelt gefangen, Kopfschmerzen,
Übelkeit, Erbrechen. Telefonnummern, die ich mir zur Sicherheit immer
vorhersage, fallen mir nicht mehr ein, es fällt mir schwer, meine Füße
koordiniert zu setzen. Die Diagnose ist klar: beginnendes Hirnödem. Ein
Abstieg ist im Dunkeln und im Schneesturm unmöglich, also versuche ich
mich mit Medikamenten über die Nacht zu retten. Ich habe Todesangst.
Die Nacht wird die Hölle. Mit dem ersten Licht beginnen Kami, der mich
begleitende Sherpa, und ich den Notabstieg. Wir quälen uns durch bis zu
50 Zentimeter Neuschnee, und es schneit immer noch. Die Fixseile müssen
ausgegraben werden, an manchen Stellen graben wir vergebens. Es geht mir
richtig schlecht, ich muss dringend runter! Am Nachmittag haben wir es
geschafft. Hier im Base Camp geht es mir deutlich besser.
![]() Jana kurz vor dem Basislager während des Notabstiegs. |