25.05.2005: Die Expedition ist auf dem Weg nach Namche.

Im Basislager hat das große Einpacken angefangen. Nicht nur wir begeben uns auf den Weg zurück. Als ich gestern morgen durch das Lager gegangen bin, waren viele Zeltplätze schon nicht mehr besetzt. Dennoch unternehmen weiterhin einige große kommerzielle Expeditionen Anstrengungen, über das offizielle Saisonende hinaus am Berg bleiben zu dürfen.

Derweil erreichten uns beunruhigende Nachrichten von der Nordseite des Berges. Dort ist zwar der höchste Punkt des Everest erreicht worden, aber die Erfolgsmeldungen werden von regelrechten Schauergeschichten begleitet, die sich aber hoffentlich nicht genauso bestätigen werden. Uns wurde mitgeteilt, daß sieben Bergsteiger vermißt seien. Dann wurde erzählt, daß vom Nordsattel aus mit dem Fernglas drei Bergsteiger sichtbar sein sollen, die hoch oben auf dem Nordostgrat festgefroren sind und sich seit inzwischen drei Tagen nicht mehr bewegt haben. Zwei weitere Bergsteiger seien in den Tod gestürzt. Bei den Arbeiten zur Versicherung der Route haben sich etwa ein halbes Dutzend Sherpas Erfrierungen zugezogen. Was von diesen Nachrichten Tatsachen sind, kann ich natürlich nicht beurteilen. Fest steht aber, daß diese Dinge so oder so ähnlich passiert sein könnten, weil gerade der Nordostgrat ebenso dem Wind und dem schlechten Wetter ausgesetzt ist, wie die Südseite. Von hier gibt es immer noch keine Erfolgsmeldung.

Wer jetzt denkt, die Expedition sei hiermit beendet, der irrt sich ein wenig, denn nun kommt das große Ein-, und Umpacken. Im Basislager werden ja die Lasten transportgerecht verstaut. Yaks tragen sie hinunter, also müssen sie alle gleich schwer so um die 25 Kilogramm sein. Das Aircargo sollte aus Kostengründen möglichst ein kleines Volumen haben, also muß alles ein weiteres Mal umgepackt werden. Der aufwendigste Teil der Expeditionsabwicklung ist das Schreiben der unvermeintlichen Packlisten. Gut, daß ein Teil der Ausrüstung in Namche Basar bzw. in Kathmandu bleibt, weil schon im nächsten Frühjahr eine weitere Bergexpedition geplant ist. Trotzdem kommt also noch allerhand auf mich zu.


Das offizielle Abschiedsfoto am letzten Tag m Basislager: v.l.n.r.: Olaf Rieck, Thorsten Kutschke, Jana Odrich, Thomas Türpe, Lakpa Gelbu Sherpa

Jana, Thomas und Thorsten werden Nepal relativ rasch verlassen. Thorsten und Thomas wollen unbedingt noch vor Ende Mai in Dresden sein, um an der Sendung mitzuarbeiten, die am 1. Juni im MDR über unsere Expedition laufen wird. Jana hat ebenfalls einen sehr triftigen Grund, rasch nach Hause zu kommen. Sie will im Herbst ihren Kay heiraten, hätte aber keinen einzigen Tag Urlaub mehr dafür, wenn sie erst, wie geplant, am 13. Juni in Deutschland einträfe. Es ist aber nicht schlimm, daß ich das Packen und das Debriefing im Ministerium dann hier allein managen werde, denn ich habe tatkräftige Unterstützung von meinen Sherpas.

Außerdem benötige ich noch ein bißchen Zeit, um einige Bilder für die Diashow zur Expedition zu fotografieren. Es wird in meiner Bilderschau neben dem Everest vor allem auch um die Sherpas gehen, die so schweres und gefährliches am Everest leisten. Dazu möchte ich einen meiner Sherpas porträtieren. Dawa lebt hier ganz in der Nähe von Namche und er hat mich eingeladen, ihn und sein Familie zu besuchen. Darauf freue ich mich schon sehr und hoffe, interessante Bilder über ihn und sein Leben außerhalb der großen Bergexpeditionen einzufangen.


Der berühmte reinkarnierte Tengboche Rimpoche. Einer der höchsten Lamas der Sherpas. Zufällig weilte er gerade heute in Namche.

Ich werde also weiterhin an dieser Stelle auch über den letzten Abschnitt von Leipzig goes to Everest berichten. Zum Schluß noch ein ganz herzliches Dankeschön an die Verfasser der vielen Gästebucheintragungen. Ich bin sehr überrascht und beeindruckt von dem großen Interesse und der Anteilnahme. Mir hat es sehr gutgetan, daß unsere Entscheidung, die Expedition zu beenden, auf soviel Akzeptanz und Verständnis gestoßen ist. Vielen Dank dafür!