Rückzug im Sturm (Teil 1)
Es war ein Versuch, der mit absoluter Sicherheit tiefer in meiner Erinnerung haften bleiben wird, als es eine erfolgreiche Besteigung getan hätte. Viele waren aufgebrochen. Eine amerikanische Seilschaft wollte zum Poincenot, die Bulgaren zur „Supercanaletta“ an der Westseite des Fitz Roy und auf unserer Seite des Berges bewarb sich außer uns noch eine zweite Seilschaft aus den USA um die Franco-Argentina-Route. Auch am Cerro Torre gab es Aktivitäten. Das Wetterfenster am Donnerstag und Freitag erschien uns allen verheißungsvoll.
Unsere Strategie war klar. Trotz noch keineswegs optimalem Wetter war das Ziel am Donnerstag der Franzosensattel unmittelbar am Einstieg zur Route. Viele andere beginnen ihren Aufstieg zur „Franco-Argentina“ vom Paso superior aus, um die Nacht auf dem sehr kalten und windigen Sattel zu vermeiden. Wir aber wollten den ganzen sonnigen und windstillen Freitag für die Kletterei nutzen können.
Um 9.00 Uhr am Donnerstag verliessen wir das Basislager in Richtung Paso superior. 2000 Höhenmeter lagen an diesem Tag vor uns und eine eisige und stürmische Nacht auf dem Franzosensattel. Der Aufstieg zum Pass war anstrengend, weil wir spuren mussten. Aber inzwischen haben wir ja außer ein bisschen Essen- und Brennstoffnachschub kaum noch Gepäck. Auf dem Paso wurde gekocht, reichlich getrunken und die Rucksäcke mit der Kletter- und Biwakausrüstung gepackt. Gegen 14.00 Uhr ging es weiter zur Brecha. Die Verhältnisse waren günstig. Zwar lag noch keine Spur, die Amerikaner befanden sich weit hinter uns, doch der Schnee war zum größten Teil trittfest.
Kurz vor 16.00 Uhr standen wir vor dem Einstieg in die Brecha. Nach dem Bergschrund ging es großartig vorwärts. Firn und Eis befanden sich in bestem Zustand. Allerdings war es noch sehr kalt und windig und der Rucksack schwer. Doch darauf hatten wir uns eingestellt. Den perfekten Tag sollte es erst morgen geben. Nach drei Stunden erreichten wir den Ausstieg der Italiener-Rinne. Von hier aus erwarteten wir leichte, seilfreie Kletterei auf den Sattel. Doch wir machten einen Fehler. Wir kletterten gleich vom höchsten Punkt der Scharte auf dem zum Sattel führenden Grat weiter. Bei ziemlich aufwendiger Kletterei mit langwieriger Sicherung verloren wir eine Menge Zeit. Als es zum Umkehren zu spät war, sahen wir, dass es weiter unten deutlich links des Grates einen leichteren Weg gab.
Doch das brachte uns nicht wirklich aus der Ruhe. Der Wind hatte, so wie angekündigt, etwas abgeflaut. Bald kamen wir in leichteres Gelände und auf dem Sattel, nur ein paar hundert Meter vom Routenbeginn entfernt, fanden wir auch einen passablen Platz für unser Zelt. Alles schien trotz des Zeitverlustes bestens zu laufen.
Nachdem wir die Zeltplattform planiert und das Zelt aufgebaut und verankert hatten, nahmen wir uns noch eine Menge Zeit, etwas zu essen und vor allem um zu trinken. Gegen 0.30 Uhr war das Pensum an Flüssigkeitsaufnahme abgearbeitet, und wir legten uns schlafen. Ich hatte ein gutes Gefühl und sah mich schon auf dem Gipfel. 14 Seillängen lagen vor uns, keine zu schwer, und die Verhältnisse schienen zumindest nicht schlecht zu sein.
Da der Strom gerade noch reicht, die news zu verschicken, gibt es morgen, wenn wir zum Laden nach El Chaltén absteigen, den 2. Teil.
Servus Fabian und Olaf,
Evi u. ich haben schon voll Spannung auf eure Nachricht gewartet.Wir stehen ganz schön unter Strom,gut zu lesen das Ihr wohlauf seid!
Herzliche Grüße aus Germany Evi*Ralf