Das menschliche Streben nach Anerkennung treibt seltsame Blüten. Die einen stacheln sich selbst zu geradezu unerhörten Leistungen an, um einem ruhmlosen Leben in der Bedeutungslosigkeit zu entgehen, die anderen wollen das auch, tun aber nur so, als würden sie etwas großartiges leisten. Sie versuchen es nicht einmal.
Die Überschreitung des Kongma La startet mit dem Übergang über den Khumbu-Gletscher. Schnell merkt der Aspirant, dass hier viel seltener Leute unterwegs sind. Die Route ist weniger eindeutig, auch spärlicher durch Steinmänner gekennzeichnet und so deutlich mühsamer als die Überquerung des Ngozumba-Gletschers.
Es gibt sechs Pässe im zentralen Khumbu, die regelmäßig begangen werden, wenn auch in ganz unterschiedlicher Frequenz. Der höchste und nur relativ selten begangen ist der West Col, welcher das Hongku Tal mit der Makalu Range verbindet. Er ist über 6000 m hoch.
In einem früheren Blog hatte ich es ja schon vermerkt. Das Wetter hier bei uns war meistens gut, aber eben nicht immer. Es ließ zu Wünschen übrig, nicht nur an dem Morgen, als wir nach Lukla fliegen wollten.
Am vergangenen Dienstag (11.03.) gab es für mich wieder einmal eine verblüffende Erkenntnis. Wir sind von der Gokyo-Alm nach Dragnag aufgebrochen, um von dort aus den Cho La-Pass (5420 m) in Angriff zu nehmen . Der kürzeste Weg dorthin führt über den Ngozumba-Gletscher.
Was macht hier auf dem Trek eigentlich einen guten und was einen schlechten Tag aus? Das habe ich mich auf dem Weg hinauf nach Gokyo gefragt. Was ist ein guter Tag für mich, was ein schlechter? Und wie sieht das bei meinen Gästen aus? Die Vermutung liegt nahe, dass es da ganz eklatante Unterschiede gibt.
Meine 40. Gästetour in Nepal ist inzwischen nach ein paar anfänglichen Herausforderungen auf vier Rädern in vollem Gange. Wir sind in Namche eingetroffen. Seit nunmehr 27 Jahren führe ich meine Gäste durch die Everest-Region des Himalayas. Oft zwei Gruppen pro Jahr.
Ich bin ja abenteuerliche Jeepfahrten vor allem aus Pakistan schon gewöhnt. Außerdem sollte die Fahrt von Phaplu nach Surke kurz vor Lukla nur sechs Stunden dauern. Das dürfte noch zumutbar sein, hoffte ich. Meine Gäste mussten ja möglichst bei Laune bleiben. Deshalb sollte es nach dieser Busfahrt bitte keine Pleiten, Pech und Pannen mehr geben.
Es war so kurz vor 20 Uhr. Fast acht Stunden Fahrt lagen da schon hinter uns. Plötzlich gab es ein alarmierendes Geräusch. Etwas war von unserem Bus abgefallen. Es hörte sich an, als wäre ein Schraubenschlüssel auf einen Steinfußboden gefallen.
Und nun beginnt der für mich spannende Teil dieser Geschichte. Ich fragte Herrn Czapka, ob diese Story denn schon mal erzählt worden sei. Und er bejahte das. Dr. Dege, der Wettertruppchef, hätte ein Buch über die Ereignisse auf Nordaustlandet geschrieben. Das sei 1954 erschienen, ist aber seit Jahrzehnten vergriffen. Eigentlich sei diese Sache lange vergessen.
Ich bin immer wieder verwundert, wenn Leute mich auffordern, endlich mal ein Buch über das zu schreiben, was ich alles erlebt habe. Das geschieht sogar recht oft. Aber ich bin sicher, dass es verlorene Liebesmüh wäre, wenn ich das tatsächlich täte. Denn ich bin sowohl davon überzeugt, weder das dazu nötige Talent zu besitzen noch überhaupt etwas Spannendes oder Substantielles beitragen zu können zu der ungeheuren Menge des schon Vorhandenen.
Ein anderes, sehr drastisches Beispiel für die zerstörerische Kraft, welche selbstgesteckte Ziele auslösen können, und das mich bis heute beschäftigt, ist die Begegnung mit spanischen Bergsteigern am Cho Oyu. Dieser Gipfel ist mit 8201 Metern der sechsthöchste Berg unseres Planeten. Bei meiner erfolgreichen Besteigung überholte ich im Aufstieg in etwas über 8000 Metern Höhe drei spanische Alpinisten. Sie lagen im Schnee, um sich auszuruhen, sagten sie. Es war unübersehbar, dass sich die drei in einem bedenklichen Zustand befanden. Doch alle Beschwörungen auf der Stelle umzukehren, trafen auf taube Ohren.
Vor einiger Zeit fragte mich ein Zuhörer nach einem Vortrag, was mich denn für ein Teufel reiten würde, dass ich freiwillig Dinge tue, die immer extrem strapaziös, immer langwierig, immer sehr teuer und meistens auch noch gefährlich sind. Es war nicht die klassische Frage nach dem „Warum“ im allgemeinen. Er wollte meiner innersten Triebkraft nachspüren.
Der Höhepunkt 2024 war eindeutig die im Sommer bevorstehende Reise nach Pakistan zum Spantik. Ein 7000er und dabei die Verantwortung für zehn Leute. Was hatte ich mir eigentlich dabei gedacht? Wenn ich mich an 2024 zurückerinnern werde, dann sehe ich mich selbst in vielen Jahren noch immer über die Antwort auf diese Frage nachsinnen. Wie ein Damoklesschwert hing diese Reise in der ersten Hälfte des Jahres über mir.
Irgendwie passt in diesem vergangenen Jahr etwas nicht zusammen. Und ich brauche auch nicht lange zu überlegen, was das ist. Ich bin soviel und vor allem so intensiv unterwegs gewesen, wie noch in keinem anderen zuvor seit ich mich im Jahr 2000 als Mountainguide, Alpinist und Vortragsredner selbstständig gemacht habe. Und ich bin 60 geworden.
Es ist Samstag, der 02. Dezember 2022, 8 Uhr morgens. Das Wetter draußen ist grau und das Straßenbild geprägt von Schneeregen. Ich sitze mit Max und Olaf am Frühstückstisch und beobachte den Dampf, der aus meiner Kaffeetasse aufsteigt, während die beiden über einen Berg diskutieren, dessen Name für mich wie eine Mischung aus „Spandex“ und „Sputnik“ klingt. Meine Müdigkeit wird mit Langeweile verwechselt, und so kommt es schließlich zu einer Unterhaltung, welche die nächsten 1,5 Jahre meines Lebens bestimmen und verändern wird.
Wir sind zurück in der Zivilisation. Nach einem Eilmarsch vom Basislager nach Arando und einer abermals sehr schüttellastigen und abenteuerlichen Jeepfahrt nach Skardu, sind wir gestern wieder in der Wifi-Zone gelandet. Ich kann nun anders als im Basislager aus dem Vollen schöpfen, was die Anzahl als auch die Auflösung der Bilder anbelangt. Die Zeit des endlosen Sendens der winzigen Fotos via Satellit ist in den letzten Tagen dieser Reise vorbei.
Sich dem Himmel nah zu fühlen, erreicht man im richtigen Leben leider relativ selten. Beim Höhenbergsteigen, hart an der Grenze zur Todeszone, ist man dem Himmel zwar tatsächlich nah, aber eben nicht, wie es diese geklaute Metapher meint. Da habe ich viel zu oft das Gefühl, der Hölle näher als dem Himmel zu sein.
Sie sind fast täglich ein Thema. Wir alle lieben sie, fotografieren und beneiden sie auch. Ich spreche von unserem lebenden Fleischvorrat, unseren Hühnern. Sie sind dermaßen ihrem Schicksal ergeben und voller Vertrauen, dass sie keinen Schritt zur Seite weichen, wenn sie im Weg sitzen. Sie bewegen sich selten, lassen sich streicheln und genießen offensichtlich die letzten Tage ihres Lebens, denn sie wissen nichts vom Tod.
Mit der Artikulation von Gefühlen soll der alte weiße Mann ja Probleme haben. Indianer weinen nicht, war das Credo meiner Erziehung. Und wenn ich doch scheinbar grundlos rumgeheult habe, konnte es schon mal passieren, dass ich eine Schelle bekam, damit ich einen Grund hatte. Geschadet hat mir das ganz sicher nicht!
Wenn mich jemand in fünf Jahren fragt, woran ich mich als erstes erinnere, wenn ich an den Spantik denke, dann wird es ziemlich sicher die Wärme sein. Es ist hier einfach zu warm. Wärme ist der natürliche Feind des Bergsteigers.
Man kann planen, wie man will. Kann sich auf alle möglichen Unwägbarkeiten vorbereiten. Man kann sich anstrengen, nichts zu vergessen, schließlich ist der nächste Outdoorshop nicht um die Ecke. Man kann fleißig trainieren und auch sonst seinen Alltag dem großen Ziel unterordnen. Doch Glück braucht man trotzdem. Vor allem Glück mit dem Wetter.
In Pakistan zu einem Berg aufzubrechen, verspricht grundsätzlich ein Abenteuer zu werden. Davon kann man getrost ausgehen. So vieles ist anders hier als der verzärtelte Mitteleuropäer erwartet. Zum Beispiel die Straßen. Damit ging es bei uns auf dem Weg zum Basislager des Spantik schon mal los.
Wir haben die erste Etappe unserer Reise zum Spantik absolviert und sind nun in Skardu. Diese kleine und etwas unansehnliche Stadt ist der Dreh- und Angelpunkt für die Expeditionen und Trekkingtouren zu den ganz großen Bergen und Gletschern im Norden Pakistans. Wir sind tatsächlich geflogen, was uns zwar um die zwei Tage im Bus gebracht hat. Die grandiosen Landschaften und vor allem das gigantische Tal des Indus, welches man während eines großen Teils der Fahrt durchquert, sind diese Strapaze allemal wert.
Jeder kennt das. Eine Prüfung steht an. Man hat gelernt, war sogar recht gewissenhaft und fleißig und hat doch das Gefühl, nichts zu wissen. Das flaue Gefühl im Magen, diese unterschwellige Panik, auf die Fragen der Prüfer nicht antworten zu können, sich zu blamieren, macht einem zu schaffen. Und je näher die Prüfung rückt, desto intensiver wird dieses Gefühl. So ähnlich muss man sich das vorstellen, wenn man zu einem großen Berg fährt und die Verantwortung für zehn Leute auf einem lastet. Dem Berg ist es egal, wieviel Erfahrung wir haben, wie groß unsere Motivation ist, wie gut vorbereitet und...
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