Teamarbeit
Was ich eigentlich den ganzen Tag so mache, wollen viele von mir wissen. Ich frage mich manchmal, welches von den Dingen, die ich tue, oberste Priorität haben sollte. Endlich soviel Geld zu verdienen, dass auch mal ein bisschen für meine Altersvorsorge übrig bleibt? Also Vorträge halten, Touren führen oder was? Nein, das wichtigste ist und bleibt die Planung und Durchführung neuer Projekte. Ohne meine Touren keine Fotos, keine Geschichten und auch keine neuen Erfahrungen. Und ohne Geschichten und Fotos auch keine Vorträge.
Die zweite Hälfte des vergangenen Jahres stand ganz im Zeichen der Vorbereitung auf das Projekt Hidden Peak im Karakorum. Ein Achttausender! Schon der Weg zu ihm ist ein großes Abenteuer. Ich habe versucht, ein Team für mein Projekt zusammen zu bringen. Diesmal eine unerwartet schwierige Aufgabe, die mir ehrlich gesagt nicht so gelungen ist, wie ich mir das vorgestellt hatte. Ronny, Alex, Mario, Florian, Paul, Isabel. Sie alle wollten mitkommen zum Hidden Peak und sind dann wieder abgesprungen. Zu letzt Tilo, was mich besonders getroffen hat. Sein Organisationstalent, seine ruhige Art und seine große Erfahrung sowohl in der Höhe als auch was Gruppendynamik anbelangt, sollten eine wichtige Stütze bei dieser Unternehmung werden. Doch er wird aus persönlichen Gründen nicht dabei sein.
Hab ich irgendwas falsch gemacht? Durchaus möglich! Doch vielleicht stellt es sich der ein oder andere aber auch zu einfach vor, eine Expedition zu einem Achttausender zu organisieren und vor allem zu finanzieren. Die Sponsoren rennen einem nicht die Bude ein. Diese Zeiten sind lange vorbei. Oft muss man auch Dinge tun, die einem so gar nicht angenehm sind, wie zum Beispiel betteln gehen oder sich in den Vordergrund drängen. Doch ein solches Abenteuer bekommt man nicht geschenkt. Jeder muss sich voll einbringen, arbeiten, Opfer bringen und vor allem irgendwie Geld besorgen. Leute, die uneingeschränkt dazu bereit sind, lassen sich immer schwerer finden. Aber vielleicht hat das auch sein Gutes, denn dann wird es an den Weltbergen womöglich wieder ruhiger.
Wir sind jetzt also nur noch zu dritt. Und wir haben auf unserem letzten Treffen am vergangenen Mittwoch beschlossen, dass wir auch nicht noch einmal auf die Suche nach potentiellen Teilnehmern gehen. Wir drei sind fest entschlossen, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen und die Sache auch in dieser kleinen Gruppe durchzuziehen. Und ehrlich gesagt hab ich damit nur deshalb ein Problem, weil die Kosten pro Person höher werden, wenn wir kein Permitsharing hinbekommen. Denn meine Erfahrungen in kleinen Gruppen waren bisher ausserordentlich positiv mit Ausnahme vielleicht am Everest, wo wir ebenfalls nur zu dritt am Berg gewesen sind. Damals war ich durch den Totalausfall meines Teams zum großen Teil nur mit den Sherpas unterwegs.
Kleine Gruppen bedeuten geringeres Konfliktpotential, weniger Kraft- und Zeitaufwand bei der Entscheidungsfindung und vor allem auch weniger Material am Berg. Wir werden schneller unterwegs sein und damit kurze Wetterfenster besser nutzen können. Allerdings sollte vor Ort nun möglichst keiner krank werden. Doch auch das liegt weitgehend in unseren Händen. Klingt alles verdächtig nach Schönreden einer Niederlage. Ist es aber nur zum Teil. Kleine Teams haben große Vorteile. Dennoch, ich wäre gerne in einer größeren Gruppe unterwegs gewesen.