Drei mal Zehn (Teil 1)

Es waren die drei mit Abstand anstrengendsten Tage auf dieser Expedition. Wir waren zwar noch nicht auf dem Gipfel. Trotzdem können wir mit dem Erreichten sehr zufrieden sein. Und wer mich kennt, der weiss, dass bin ich nicht oft.

Es sind nicht einfach nur mal eben zehn Stunden, die man sich in den Bergen bewegt. Die 1400 Höhenmeter, die wir am Mittwoch vom Basislager zum Camp 2 aufgestiegen sind, markieren sozusagen meine persönliche Grenze. Zumal wir noch etwa 20 Kilo Nahrung, Brennstoff und Ausrüstung dabei hatten. Oben angekommen, musste wieder der Biwakplatz gerichtet werden. Das hört sich einfach an, so ein bisschen Schneeschaufeln, ist es aber da oben nach so einem Aufstieg leider nicht.

Anschliessend sind wir sogar noch ein Stück weiter aufgestiegen, um den allerersten! Blick in das Japaner Couloir werfen zu können. Denn während unseren beiden letzten Aufenthalten im zweiten Hochlager hatten wir keine Sicht.

Lager 2

Christoph auf den letzten Metern zum Camp auf dem riesigen Sattel zwischen Gasherbrum 2 und unserem Hidden Peak. Endlich mal gutes Wetter! Man befindet sich hier übrigens fast genau an der Grenze zwischen Pakistan und China.

Als wir im Camp 2 (6400 m) eintrafen, war uns schon mehr oder weniger bewusst, dass dieses Wetterfenster nicht für einen Gipfelversuch reichen würde. Ich hatte aber das Satellitentelefon mit rauf genommen, um zu erfahren, falls sich wider Erwarten an dieser weniger guten Prognose etwas ändern würde. Uwe ist sozusagen die ganze Zeit diesbezüglich bei uns. Derzeit stimmen die Vorhersagen auch sehr genau. Deshalb konnten wir ziemlich sicher sein, dass der nächste Tag, also der Tag nach unserer Ankunft im Lager 2 ( 1. August) sehr gut sein würde.

Leider war meine Nacht hier oben nach dem eisenharten Zehn-Stunden-Aufstieg ziemlich unerfreulich, so dass ich einige Probleme bei der Vorstellung hatte, den Tag im Couloir zu verbringen. Doch der Gedanke, dass es womöglich meine einzige Chance sein würde, über meinen letzten Umkehrpunkt hinaus zu kommen, ließ mich Kopfschmerzen, Übelkeit und Brechreiz irgendwie ignorieren.

Japaner-Couloir

Die Rinne sieht sehr respekteinflößend aus. Bei diesem Anblick kann man schon den Mut verlieren, wenn die Aufgabe vor einem steht, hier hunderte von Metern Seile verlegen zu müssen.

Um kurz nach acht Uhr standen wir bereit. Eher loszugehen, wäre weniger sinnvoll, da es für den Vorstieg und die Arbeiten mit dem Seil einfach zu kalt ist. Wir hatten 400 m Seil dabei. Sicher an die 30 Kilo schwer, dazu Karabiner, Eisschrauben und große Schneeheringe, um die Seile befestigen zu können. Eine große Menge Material, von der ich dachte, dass wir es bestimmt nicht alles brauchen würden, denn die Rinne sollte ja ungefähr schon zur Hälfte mit Seilen versichert sein.

Doch schon nach dem wir den Einstieg zur Rinne erreicht hatten, war meine Enttäuschung grenzenlos. Nirgendwo ein Seil zu sehen. Aus dem Internet hatten wir die Information, dass unsere Vorgänger, darunter ein kanadischer Spitzenbergsteiger mit angeblich 13 Achttausendern auf dem Konto, dass Couloir bis auf 6700 m versichert haben wollten. Das stimmt aber definitiv nicht. Wir fanden zwar ein fixiertes Seil und ein kleines Ausrüstungsdepot auf exakt 6550 m. Man hatte einen anderen Einstieg in die Rinne gewählt als wir. Aber das war auch schon alles.

Lockerschneelawine

Christoph im Nachstieg am soeben fixierten ersten Hundert-Meter- Seil. Wir werden gerade von einer allerdings harmlosen Lockerschneelawine überspült.

Nun war ich froh, dass wir uns entschieden hatten, so viel Material mit hinauf zu nehmen. Bis Lager 3 würde das allerdings unter diesen Umständen niemals reichen. Es sei denn, wir fänden noch Seilreste der polnischen Expedition, die ja zeitgleich mit dem tragisch verlaufenen Versuch von Gerfried Göschl stattgefunden hat, den Hidden Peak im Winter zu überschreiten. Diese polnische Expedition konnte auf unserer Route den Gipfel erreichen, während Göschl und seine beiden Begleiter, den Tod fanden.

Ende Teil 1

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2 Antworten

  1. Christian sagt:

    Hallo Olaf,
    nun beginnt der Endspurt. Hoffentlich reicht die Zeit für den (erfolgreichen) Aufstieg. Wir drücken Euch alle Daumen, dass es klappt und Du den Sack abhängen kannst.
    Viele Grüße aus Cottbus
    K + C

  2. ulf sagt:

    jetzt wirds spannend. würde man einen film über eure expedition drehen (was sicher durchaus lohnend wäre 😉 müsstet ihr es jetzt schaffen oder um haaresbreite dem unvermeidlichen von der schippe springen oder eben nicht. aber es gibt keinen film es gibt nur eure erfahrungen und die sind in jedem fall grandios, wie meine empfindungen beim lesen deiner news, olaf. was auch passiert auf den nächsten metern, genieße es und erlebe den moment.

    mit den stärksten wünschen auf den gipfel
    der ulf

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