Gehmaschinen
Ich werde sicher keine mehr mit meinen neun Schrauben im Fuss. Aber die Träger sind welche. Es macht ihnen nichts aus, zehn, zwölf Stunden am Tag zu gehen. Im Gegenteil. Solange nicht die Gefahr besteht, zu erfrieren, sind ihnen Gehzeiten und -strecken ziemlich egal.
Ganz im Gegensatz zu mir. Trotzdem versuchen wir alles, rechtzeitig in Skardu zu sein. Die Träger ziehen mit. Sie verdienen umso mehr, je weiter sie pro Tag gehen. Ausserdem sind sie früher wieder frei, um einen neuen Job zu bekommen. Mich beeindruckt ihre Kondition und Härte ungemein. Schon ganz und gar, weil ich mich ja nun sozusagen direkt mit ihnen vergleichen kann. Aber das ist auch ein deprimierendes Unterfangen. Sie machen die ganze Saison von Mitte Juni bis Mitte September nichts anderes, als den Baltorogletscher rauf und runter zu gehen. Einige schaffen das sieben oder acht Mal. Mit denen kann unsereins, abgeklappert und ausgemergelt von der Höhe beim besten Willen nicht wirklich mehr mithalten.
Wir sind in zwei Tagen den gesamten Baltorogletscher hinuntergelaufen, 60 Kilometer Luftlinie. In Wahrheit sind es bestimmt einige Kilometer mehr. Das hört sich wahrscheinlich nur für den viel an, der den Baltoro kennt. Man läüft hoch und runter auf Geröll und stellenweise auf Eis. Ich finde das ziemlich unangenehm. Doch ab heute ist Schluß damit. In zwei Stunden erreichen wir Pajiu. Kurz zuvor verlassen wir das Eis.
Morgen müssen wir in Skardu sein, koste es, was es wolle. Dann haben wir noch eine Chance. Aber ab dort sind wir natürlich vollständig von unserer Agentur abhängig. Doch bis jetzt hat sie reibunglos alles perfekt auf die Reihe bekommen. Warum sollte das gerade jetzt anders werden?