Die Ruhe vor dem Flug
Abenteuer erlebt man manchmal so nebenbei. Tashi kam zu mir. Er ist einer von denen in Lukla, die hier Probleme lösen können. Er teilte mir mit, dass der Flieger, auf den wir gebucht waren, leider nicht kommen wird. Kaputt! So schnell gehts! Wir hatten ein Problem. Eben noch einen der begehrten ersten Flüge in der Tasche plus gutes Wetter sowohl in Lukla als auch in Kathmandu.
Und im nächsten Moment die Aussicht auf ein paar Zusatztage im „schönen“ Lukla. Aber er arbeite an einer Lösung, sagte Tashi. Wir würden schon irgendwie nach Kathmandu kommen.
Man muss wissen, dass derjenige, der aus irgendwelchen Gründen an dem Tag, an dem er gebucht ist, nicht fliegen kann, am nächsten oder übernächsten Tag auf der Liste ganz hinten steht. Es haben logischerweise immer diejenigen Priorität, die ein aktuelles Ticket vorweisen können. Ich durfte aber schon oft miterleben, dass dies für viele, die in Lukla womöglich seit Tagen warten, keineswegs einleuchtend ist.
Ich war aber sehr zuversichtlich, denn Tashi ist ein Freund von mir. Und wenn er sagt, er finde eine Lösung, dann würde er das auch tun. Spät am Vorabend unseres Abflugtages, schon ein wenig von den Feierabendbierchen angetütelt, wie unsere Katrin aus Hamburg sagen würde, präsentierte er sein Lösungswerk.
Es gäbe eine Fluggesellschaft, die neuerdings vom „Flugplatz“ in Ramikat Cargoflüge nach Lukla absolviert. Nach Ramikat kann mit dem Auto gefahren werden. Ich hatte weder von dem Flugfeld noch von der Gesellschaft je gehört. Ja, sagte Tashi, dass könne ich auch nicht, denn eigentlich gibt es diese Cargoflüge erst seit zwei Tagen. Und man fliege auch nicht mit den üblichen Dorniers 228 oder Twin Otters, sondern mit einer neunsitzigen Cessna.
Es würde so ablaufen, meinte Tashi: Ganz früh am Morgen käme diese Cessna mit einer Ladung Cargo aus Ramikat. Dann fliegt sie zurück und holt eine zweite Ladung plus der Sitze. Anschließend würden wir nach Ramikat fliegen. Dort würden die Sitze wieder ausgebaut, weil noch mindestens zwei weitere Cargoflüge nach Lukla gemacht werden müssten. Das gute Wetter sollte voll ausgenutzt werden. Irgendwann am Nachmittag wollte man die Sitze wieder einbauen und uns, wenn es dann zu windig in Lukla für weitere Cargoflüge wäre, nach Kathmandu bringen.
Ich hatte in den zwanzig Jahren, die ich nun schon von und nach Lukla fliege, noch nie eine Cessna (208 Grand Caravan) hier starten und landen sehen. Aber einmal ist immer das erste Mal. Und das galt übrigens auch für den Piloten, wie er mir später interessanterweise noch mitteilte.
Die Maschine kam also, wurde entladen und verschwand wieder. Sie kam wieder und wurde abermals entladen. Anschließend baute man unsere Sitze ein und verlud uns, noch zwei andere Passagiere sowie unser gesamtes Gepäck. Daran hatte ich nun ganz besonders gezweifelt. Niemals würde man da auch noch all unser Gepäck reinbekommen. Aber nein, keiner schien mein Gefühl zu teilen, dass diese Maschine überladen sein könnte. Und als wir dann auf dass Ende der Startbahn zurasten, hob sie tatsächlich auch ab. Wir flogen.
Kurz vor dem Abflug teilte mir Tashi noch mit, dass jetzt alles ganz besonders gut würde, weil wir nun doch nicht erst nach Ramikat und später dann nach Kathmandu flögen. Offensichtlich war den Jungs das Ein- und Ausbauen der Sitze zu anstrengend. Wir würden direkt nach Kathmandu durchfliegen. Doch gleich nachdem wir in der Luft waren, wurde offensichtlich, dass wir eine komplett andere Route nahmen. Das war keineswegs der kürzeste Weg in die Hauptstadt.
Und bald setzten wir wider Erwarten zur Landung an, zur Landung auf der Wiese in Ramikat. Was war los? Der Grund für diesen nun ungeplanten Zwischenstopp war schnell erkannt. Unser Flugzeug war kaputt. Nein, keine Angst, nichts Schlimmes, nur mit einer Bremse war irgend etwas nicht in Ordnung. Sie wurde ausgewechselt. Bei der Gelegenheit konnte auch noch schnell getankt werden. Schon in einer halben Stunde sollte es weitergehen. Also kein weiterer Cargoflug mehr nach Lukla.
Ich habe diese halbe Stunde genutzt, mich mit dem Piloten zu unterhalten. Und bei dieser Gelegenheit erzählte er mir, dass dies soeben seine beiden ersten Flüge nach Lukla waren. Er flog bisher nur in den Westen Nepals. Schotterpisten und Wiesen waren seine Spezialität. In Lukla zu landen, sei einfach, meinte er. Was für ein cooler Typ.
Wir sind also supergut nach Kathmandu gekommen. Wie sagte Dirk gleich? „Das war Abenteuer Leben pur!“ Und ganz nebenbei durften wir zum Schluss einen phantastischen Flug erleben. Die Luft war klar, die Fernsicht ausgezeichnet. So konnten wir uns auf gebührende Weise vom Everest und seinen Trabanten verabschieden.
Einfach ein ganz tolle Geschichte !!
Freue mich für euch…
Spannende Geschichte! Und tolle Bilder der blühenden Bäume (und der Berge im Hintergrund)! Sicherlich blühen sie nächste Woche auch noch!! Bis bald! Veronica
Dieser Couch auf dem Rollfeld, herrlich!! Aber das ist wohl ein Teil vom Cargo?
Nein, die Couch war kein Bestandteil des Cargo. Sie war tatsächlich zum sitzen und warten da. Herzlicher Gruss Olaf
Tolle Geschichte und wieder ganz ganz tolle Fotos!
Hoffe von Kathmandu gehts dann auch problemlos weiter. Dank für alle Berichte zur Tour und das gute guiding. Gruß an Katrin, freue mich wahnsinnig aufs Wiedersehen und die Erzählungen.
Was heißt hier „Rollfeld“?!?! Ich meinte natürlich „Wiese“ 🙂
Hallo Anja,
freuen uns wahnsinnig auf das Wiedersehen zu Ostern. Wir wünschen einen guten Flug.
Tolle Berichte und Fotos von Olaf. Ganz herzlichen Dank an Olaf für die beeindruckenden Fotos und Reiseberichte und die Begleitung der Gruppe.
Bis bald.