Monsterberge

In drei langen Etappen sind wir von Gokyo über Phortse und Dingboche gestern im 5200 m hoch gelegenen Gorak Shep eingetroffen. Wohl lang und anstrengend waren diese drei Tage aber auch gespickt mit aussergewöhnlichen Bergblicken. Dazu, wie schon fast unsere gesamte Zeit bisher, gab es strahlend schöne Vormittage und mystische Wolkenstimmungen am Nachmittag und Abend. Selten habe ich das Wetter so regelmäßig erlebt, wie auf dieser Tour. Man konnte fast die Uhr danach stellen. 

Die mit Abstand längste Etappe auf unserem Weg nach Gorak Shep war der Abstieg von Gokyo nach Phortse. Aber die Zeit wird einem wirklich nicht lang. Alle paar Meter "lauern" atemberaubende Fotomotive.

Wie fit und gut akklimatisiert meine Gäste inzwischen sind, das haben sie mir gestern Abend mal wieder vor Augen geführt. Der Weg von Dingboche nach Gorak Shep ist nicht gerade ein Katzensprung. 800 Höhenmeter geht es bergauf. Trotzdem wollten wir am Abend noch ein paar Meter aufsteigen, um eine eherne Regel einzuhalten. Erreicht man eine neuen Schlafhöhe, dann ist es eine gute Idee, noch ein oder zweihundert Meter darüber hinaus aufzusteigen. Das soll die Akklimatisation fördern.

Es war schon so dunkel, als wir auf dem Gipfel eintrafen, dass es problematisch wurde, überhaupt noch zu fotografieren. Ich hatte auch meinen Blitz nicht dabei.

Wir liefen also Richtung Kalar Pattar los und hielten erst wieder an, als wir nach 500 Höhenmetern oben angekommen waren. Der Rückweg artete in eine Nachtwanderung aus, schon ganz und gar, weil niemand von uns für die paar Schritte, die wir eigentlich nur gehen wollten, eine Stirnlampe mitgenommen hatte. Und gesehen haben wir oben leider auch nichts. Der Wolkenvorhang hatte sich geschlossen. Die Wörtchen „Ich war oben“ haben ganz offensichtlich nicht nur für mich eine bemerkenswerte Anziehungskraft.

Einer von diesen "Monsterbergen", die das Basislager des Everest einmauern, ist der Lingtren. Er präsentierte sich heute morgen in einem Nebelkleid.

Heute nun stand das zweite mehr oder weniger obligatorische Ziel auf dem Programm. Für diejenigen, welche hier hinauf nach Gorak Shep gekommen sind, ist der Kalar Pattar ein Muss und das Basislager des Mount Everest natürlich auch. Es ist sicher für die allermeisten etwas ganz besonderes, einmal an diesem Ort gewesen zu sein, wo sich so viele menschliche Triumphe und Tragödien abgespielt haben und Alpingeschichte geschrieben wurde. In den letzten 20 Jahren ist es darüber hinaus auch zu einem Spiegel unserer reichen westlichen oder auch fernöstlichen Gesellschaft geworden.

Derjenige aber, der hier alle anderen in den Schatten stellt, einschließlich den Mount Everest, ist der fast 8000 m hohe Nuptse. Im Bild ein Ausschnitt aus seiner Nordwestflanke.

Heute allerdings wäre das mit dem Uhrstellen nichts geworden. Schon von morgens an wallten die Wolken durch das Tal des Khumbugletschers und gegen Mittag begann es, zu schneien. Natürlich sind wir trotzdem losmarschiert und das Glück der Tüchtigen war mit uns. Immer mal wieder gab es prächtige Blicke auf das gerade im Aufbau befindliche Lager.

Ich schätze mal: Mindestens zwei bis drei Kilometer lang, 800 bis 1000 Zelte, ebenso viele Bewohner in der Saison, die etwa von Mitte April bis Anfang Juni dauert. Die ersten Zelte (siehe links unten) stehen schon.

Besonders beeindrucken hier die riesigen Eistürme des Khumbugletschers und natürlich die Monsterberge, wie Dirk sie genannt hat, welche sich rings um diesen Ort aufreihen: Pumo Ri, Lingtren, Khumbutse, Petangtse und Nuptse. Den Gipfel des Everest selbst sieht man vom Basislager aus nicht. Er zeigt nur seine kalte Westschulter. Aber die ist auch schon gigantisch genug.

Die Westschulter des Everest. Viele denken, dass dieses Monster ein selbstständiger Berg ist.

Morgen werden wir nun unweigerlich mit dem Rückweg beginnen. Und er wird uns nicht, wie ursprünglich geplant, über den 5500 m hohen Kongma La führen, weil sich die Mehrheit des Teams dagegen entschieden hat. Aber wenn ich so nach draussen schaue, dann sieht es derzeit jedenfalls auch nicht nach Passüberschreitung aus.

Rein weiß, haushoch, wie von einer anderen Welt ragen die Eistürme des oberen Khumbugletschers in den Himmel. Muss man mal gesehen haben!

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7 Antworten

  1. Thomas Schmidt sagt:

    Seid gegrüßt !!
    So wie euch, ging es mir auch schon oft: nur mal schnell raus ein paar Schitte machen und schwupps da steht man auf dem Gipfel…

    Ich glaube, das sind mit die schönsten Momente. Also genießt die verbleibende Zeit 😉

  2. Veronica sagt:

    Wie machst du das nur Olaf, dass auch deine „Nebel-Fotos“ supertolle Fotos sind!!!

  3. Lilo und Rick sagt:

    Herzlichen Glückwunsch euch allen.Wir sind wirklich stolz auf euch! Trotz des oft doch nicht so optimalen Wetters diese Leistung: ’ne Menge Höhenmeter und viele Treckingstunden täglich- Hochachtung! Jetzt wünschen wir euch einen geruhsamen sonnigen Rückweg nach Lukla- wieder mit tollen Schnappschüssen unterwegs. Wir sind auf die nächsten Berichte gespannt.
    Liebe Grüße aus der Heimat.

  4. Rosi und Hans sagt:

    Hallo Anja,
    wie jeden Tag verfolgen wir mit Spannung Eure Tour. Traumhafte Bilder von Olaf lassen uns teilhaben an der beindruckenden Bergwelt. Tolle Fotos und traumhaftes Panorama. Einfach toll. Wir wünschen Euch weiterhin gutes Wetter.
    Macht weiter so. Ihr könnt stolz auf das erreichte sein.
    Liebe Grüße aus der Heimat.

  5. Jana & Kristian sagt:

    Anja – meine Süße,
    DU bist der Waaaahnsinn. Ich bin so unheimlich stolz auf Dich! Und natürlich auch auf den Rest deiner unermüdlichen Trekkinggruppe. (@ Rosi & Hans: Ihr habt eine ganz tolle Tochter!:o))
    Danke an Olaf für die tollen Bilder aus Schnee und Eis. Auch wenn die Zeit des Reisens sich ihrem Ende nähert, die Erinnerungen daran werden euch auf ewig begleiten. Passt gut auf euch auf! Liebe Grüße aus Sbg.
    PS. Ick freu mir schon auf unser erstes Käffchen in der warmen Frühlingssonne und deine lebhaften Reiseberichte;-). Fühl Dich umarmt.

  6. Janina Schütt sagt:

    Geniale Bilder von diesen Monsterbergen. Das ist echt beeindruckend solche tollen Bilder zu sehen.

  7. Peter sagt:

    Hallo ihr Helden,

    den Weg zwischen Dingboche und Gorak Shep haben wir auch gemacht. Allerdings andersherum.
    Ich zieh den Hut.
    Das Wetter hat es ja nicht so mit Euch. Es gehört eben leider zu den Dingen, die wir nicht beeinflussen können (zum Glück), obwohl wir uns das manchmal wünschen würden.
    Also seid nicht sauer und genießt noch die restliche Zeit.

    LG aus Leipzig an Euch und Olaf
    Peter

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