Renjo

Wie meinte der Soziologe mit dem schwierigen Namen? Für die besonderen Momente im Leben sollte schwierig und wertvoll sein, was es zu erreichen gilt. Und das war die Überschreitung des Renjos ganz sicher beides. Vor allem wertvoll, wie ich denke.

Zeitig loszumarschieren und dann Zeuge zu werden, wie die Sonne die Berge in immer gleißenderes Licht taucht, ist etwas ganz besonderes.

Morgens um dreiviertel Sechs mit dem allerersten Morgenlicht sind wir losmarschiert. Es war nicht besonders kalt, vielleicht 15 Grad unter Null und sternenklar. Übrigens sind die Sternenhimmel hier überwältigend reich bestückt und fast schon eine Reise in den Himalaya wert. Doch bald kamen die ersten Wolken auf. Mir wurde rasch klar, dass wir an diesem Tag einen Gegner hatten. Das Wetter verschlechterte sich langsam aber stetig.

Wir mussten unbedingt noch vor Mittag auf dem Pass sein, um unsere Belohnung abholen zu können. Aber es ist nun mal beschwerlich, von viereinhalb- auf fünfeinhalbtausend Meter aufzusteigen. Manch einem wird da sogar eine Belohnung wie ein exorbitanter Bergblick ganz gleichgültig, wenn er deshalb schneller gehen muss.

Eine Bildunterschrift reichte nicht hin, alle Berge aufzuzählen, die vom Renjo aus zu sehen sind. Deshalb ist auf diesem Foto nur ein kleiner Ausschnitt zu sehen. Der Everest ist links sichtbar, der Lhotse, 8510 m, rechts daneben. In Bildmitte der Makalu, 8485 m.

Aber Einsatz wird oft belohnt und zeitiger Aufbruch natürlich auch. Als wir nach vier Stunden, fünfundvierzig Minuten und recht genau 1000 Höhenmetern ziemlich geschafft den höchsten Punkt des Renjo erreicht hatten, präsentierten sich uns Everest und Co. in einer dramatischen Wolkenstimmung. Wolkenlos hätte es nie und nimmer so spektakulär aussehen können. So jedenfalls sehe ich das.

Noch guter Dinge und noch gutes Wetter. So ein Pass ist ziemlich rasch unterschätzt. Vor allem wenn sich in den acht oder zehn Stunden der Überschreitung das Wetter ändert. Und das tut es hier fast immer. Vormittag schön, Nachmittag das Gegenteil davon.

Wenn man oben ist, hat man am Renjo erst den halben Weg hinter sich gebracht. Der Abstieg über endlose Geröllhänge ist für den ein oder anderen manchmal unangenehm. Und keine halbe Stunde nach dem das obige Foto aufgenommen worden ist, waren nicht nur die Berge von dichten Wolken eingehüllt, sondern es fing auch noch heftig an, zu schneien.

Schneefall ist eigentlich ziemlich typisch für die Nachmittage hier. Aber es fallen mit schöner Regelmäßigkeit nur ein paar Zentimeter. Dann ist alles vorbei.

Als wir am Nachmittag in Gokyo eintrafen, fiel es schwer zu glauben, dass wenige Stunden zuvor eitel Sonnenschein geherrscht hatte.

Der erste Pass liegt nun hinter uns. Ohne Wackler haben alle diese Herausforderung gemeistert, und es war für uns nicht mehr und nicht weniger als eine tiefgreifende Erfahrung. Wie es von nun an weiter gehen wird, ist noch nicht entschieden. Fest steht nur, dass wir den Cho La-Pass, der uns zum Fuß des Mount Everest führen soll, nicht überschreiten werden.

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10 Antworten

  1. Janina sagt:

    Was für ein tolles Bild mit dem ersten Licht der aufgehenden Sonne! Ja, zeitiges losgehen lohnt sich – ist aber auch hart, wie man unschwer in den Gesichtern erkennen kann! 😉

    Liebe Grüße, Janina

  2. Thomas Schmidt sagt:

    Genial coole Bilder, weiter so !!
    (seid eine echt super Gruppe, so wie es aussieht)

  3. Karin sagt:

    Glückwunsch zur Überschreitung des Renjo,ja oben ist man relativ schnell,aber der Weg nach Gokyo zieht sich…ein gelungener Tag,freut Euch!

  4. lilo sagt:

    Oh manne! Und hier ist sonniges Frühlingsanfangs-Wetter, nicht besonders warm-so um die 20Grad PLUS, aber keine Berge….Man muß eben Prioritäten setzen.
    Aber für euch geht’s ja auch irgendwann mal wieder bergab- ich meine es wörtlich-da gibt es auch wieder Sonne, Blumen,Grün.
    Wir haben wenigstens eure Bilder.Schickt weiter so schöne Berichte.
    Viele liebe Grüße
    Lilo

  5. Jörn sagt:

    Tolle und wirklich beeindruckende Fotos !!!
    Zeige doch mal die ganze Gruppe inkl Sherpas.
    Kuss für Katrin

    • Jens K. sagt:

      Ich nehme an, die meisten Porter werden wieder Rais sein, zumindest wenn Kumar, auch ein Rai, sie ausgewählt hat, oder?

    • Olaf Rieck sagt:

      Hallo Jörn,
      der Jens hat gut kombiniert. Drei unserer Träger gehören der ethnischen Gruppe der Rai an, einer ist ein Chetri. Und ein Bild von ihnen ist schon gemacht. Ich bedanke mich immer bei unseren Trägern in einer der letzten News. Sie sind hier die wahren Helden. Ohne sie läuft hier gar nichts. Herzlicher Gruss Olaf Rieck

  6. Mayk sagt:

    Liebe Trekker, lieber Olaf! Voller Neugier verfolge ich jeden Eurer Berichte. Mit meinen Erinnerungen im Kopf begeistere ich mich für jedes der Fotos, die ja dieses Mal besonderes toll gelungen sind. Macht weiter so und passt immer schön auf Euch auf. LG aus dem warmen EF!

  7. Jens K. sagt:

    Lieber Olaf, der Bericht erinnert mich sehr an das Wetter 2011 in Gokyo, als sich das Londoner Pärchen, das dann bei uns in der Lodge saß, bei schönstem Wetter am Renjo von ihrem Guide verabschiedet hatte, und dann im Schneesturm über den teils offenen Gokyo Lake irrte. Wir hatten sie damals mit „Welcome back to life!“ begrüßt.
    Beste Grüße
    Jens

  8. Janina Schütt sagt:

    Das Bild mit dem Schneefall finde ich echt gut. Es zeigt eben wie unterschiedlich die Berge bei Sonnenschein und Schneefall wirken.

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