Abgeschnitten
Ich erwachte, weil irgend jemand wie verrückt an meinem Zelt rüttelte. Zuerst dachte ich, etwas sei passiert und man wollte mich wecken. Aber dem war nicht so. Wecken wollte man mich nicht. Passiert war jedoch tatsächlich etwas.
Es schneite schon die ganze Nacht wie entfesselt und Jangbu, unser taubstummer Küchenjunge, befreite das Zelt vom Schnee, denn es war zugeschneit. Ich hatte vom beginnenden Unwetter nichts mitbekommen. Nach der stundenlangen Spurarbeit von gestern schlief ich wie ein Toter.
Ganz besondere Schwierigkeiten machte es, die Herberge vor dem Einsturz zu bewahren. Die Träger waren die ganze Nacht damit beschäftigt, die große blaue Plane zu beräumen.
Es ist nun tatsächlich das eingetreten, vor dem ich mich am meisten gefürchtet habe: In einem Tal einzuschneien, aus dem man nur über zwei hohe Pässe wieder rauskommt. Mit dem Abbruch der Tour, also dem Verzicht auf den Amphu Laptsa und der Umkehr Richtung Mera La haben wir nun ein Zeitproblem. Der Weg zurück nach Lukla ist jetzt weiter geworden. Wir können auf keinen einzigen Reservetag mehr zurück greifen, müssen weite Etappen laufen, um es überhaupt noch rechtzeitig zu unserem Flug nach Kathmandu zu schaffen. Aber heute konnten wir keinen einzigen Meter gehen, können nicht vor und zurück, wissen nicht, wie wir es noch schaffen sollen.
Mit diesem Ereignis könnte man nun ganz schnell auf die Idee kommen, dass womöglich diese ganze Tour oder mindestens der Abstieg in das Hunku-Tal ein Fehler war. Logischerweise mache ich mir hier im Zelt liegend und dem auf das Zeltdach fallenden Schnee zuhörend, solche Gedanken. Und vielleicht denken auch gerade jetzt meine Gäste darüber nach. Vielleicht aber auch nicht. Denn das, was wir hier erleben ist echtes Abenteuer.
Um hier wieder raus zu kommen, werden wir alles dafür tun, das auf unseren eigenen Füßen zu machen. Meine Gäste und ich werden, wie schon auf dem gesamten Weg, die Spur für die Träger legen. Und Sven wird davon vermutlich noch seinen Enkeln erzählen. Das erste Mal im Himalaya und dann so eine Tour. Ein Glückspilz, der Junge.
Trotzdem frage mich ich mich natürlich, welche Konsequenzen ich daraus ziehen muss, dass das Wetter hier scheinbar immer unberechenbarer und extremer wird. Ich bin das einundzwanzigste Jahr in Folge im Himalaya und im Karakorum unterwegs und kann behaupten, dass dies tatsächlich so ist. Die fatalen Wetterereignisse nehmen zu. Die tragischen ebenso.
Wir haben es trotzdem gewagt, diesen Weg zu gehen und tatsächlich Pech mit dem Wetter gehabt. Nun müssen wir mit den Konsequenzen leben und das Beste daraus machen. Und ich bin sehr froh über und sehr stolz auf dieses Team, mit dem ich hier bin. Ich bin auch ein Glückspilz!
Würde man uns hier sehen, könnte man auf den Gedanken kommen, dass es für jemanden, der das noch nicht erlebt hat, beeindruckend, womöglich beängstigend sein muss, an einem Ort wie Seto Pokari von der Außenwelt abgeschnitten zu sein. Aber das sind wir ja gar nicht wirklich, wie diese News beweist. Ein Anruf mit dem Satellitentelefon und der Helikopter ist da.
Wir sind also nicht ganz hilflos den Elementen ausgeliefert und werden nun prüfen, welche Optionen uns bleiben. Etappen zusammenfassen, Flüge umbuchen, uns zur ganz großen Not ausfliegen lassen. Und in Seto Pokari können wir gut noch ein paar Tage aushalten. Das Gasthaus hat ja geöffnet…
Jawoll !!
Genießt euer Abenteuer und denkt von einem Tag zum nächsten, so wie es auch die Nepali machen…
Finde ich genau die richtige Einstellung 🙂
PS: Helirettung von Baruntse B.C. hab ich selbst miterlebt und so schnell kam der Heli dann doch nicht -> die beiden, die ausgeflogen werden wollten mussten ganz schön lange ausharren und brauchten dadurch unser SAT-Telefon…
Oh man, du machst es aber auch spannend in diesem Jahr mit deinen EInträgen. 🙂 Liest sich wie ein Abenteuer-Roman. Nur, dass es für euch Realität ist.
Ich drücke euch ganz fest die Daumen, dass ihr eine Weg findet und vor allem der Wettergott es noch einmal gut mit euch meint.
Wenn ich mir nur vorstelle wie warm es im Vergleich dazu im letzten Jahr im März war und so ganz ohne Schnee….unfassbar.
In Gedanken bei euch.
LG Anja
Das wird ja immer spannender! Aber dort wo ihr seid, seid ihr erst einmal sicher, soweit ich das von hier aus beurteilen kann. Und das ist gut zu wissen!! Herzliche Grüße an alle!!
Viel Glück fuer die Rückkehr!
Einerseits Mist, andererseits wirklich Abenteuer.
Beneide euch und hoffe ihr schafft das alles zu eurer Zufriedenheit.
Das ist alles so unwirklich. Da sitzt man in Hamburg bei 20 Grad an der Elbe und ließt sowas. Für welche „Abstiegs“-art ihr euch auch immer entscheidet. In Gedanken bin ich bei euch. Passt auf euch auf.
Das wird ja immer extremer! Hoffentlich hat das Wetter ein Einsehen mit euch und ihr schafft den Rückweg noch pünktlich. Ich bange mit euch und schiebe in Gedanken die Schneewolken ganz weit weg.
Meinen aller höchsten Respekt für eure erbrachten Leistungen. Wer wenn nicht du und dieses Team werden das alles hinbekommen!!!
VG Mario
Hi Leute – hört sich ja grauslich an. Die Mera Vorhersage sagt für die nächsten drei Tage weitere Schneefälle – Freitag richtig schlecht.
Sonntag dann Sonne.
Jetzt hoffe ich für euch doch noch Besserung. Für die Kranken guteBesserung und den Scherpas warme Schlafgelegenheit.
Haltet durch. Sabine- schau dass du nicht noch richtig krank wirst. – du hast keinenn Tuareg bei der Hand. lg Heinz