Eingeliefert

Als wir am Tag nach der Mammutetappe in Khote eingetroffen waren, gab es am Abend schon wieder ein ernstes Gespräch. Diesmal hatte Ronny mich darum gebeten. Um nach Lukla zu kommen, musste mit dem Zatra La  (4670 m) noch ein weiterer Pass bei diesen schwierigen Bedingungen überquert werden.

Dafür war es nötig, am folgenden Tag (16.04.) von Khote (3550 m) aus nach Thuli Kharka (4350 m) aufzusteigen. Zirka sechs bis sieben Stunden wären für diese Strecke und die 800 Höhenmeter normalerweise zu veranschlagen. Ronny hatte Zweifel, ob er diesem Aufstieg sowie der am Tag darauf folgenden Passüberschreitung mit anschließendem 2000-Höhenmeter-Abstieg nach Lukla gewachsen sei. Er hustete ständig und fühlte sich schwach. Wir vereinbarten, die kommende Nacht abzuwarten und am Morgen vor dem Abmarsch aus Khote zu entscheiden.

Gruseliges Wetter mit starkem Schneefall und schlechter Sicht sind wir ja schon gewöhnt. Aber mir machte das Gewitter schon ziemlich zu schaffen. Man ist dort oben völlig hilflos, kann sich nicht wirklich schützen.

Gruseliges Wetter mit starkem Schneefall und schlechter Sicht sind wir ja gewöhnt. Aber mir machte das Gewitter schon ziemlich zu schaffen. Man ist dort oben völlig hilflos, kann sich kaum wirklich schützen.

Am nächsten Morgen fühlte sich Ronny besser. Deshalb wollte er mit uns gemeinsam den Zatra La angehen. Doch auf dem Weg zeichnete sich bald ab, dass wir bei dem Tempo Thuli Kharka auf keinen Fall vor dem Dunkelwerden erreichen könnten. Ausserdem war es kaum zu ertragen, zu sehen, wie Ronny sich quälte. Ich hatte regelrecht Angst um ihn. Deshalb traf ich die Entscheidung, Ronny mit Dawa zurück nach Khote zu schicken, um ihn von dort mit dem Helikopter nach Kathmandu auszufliegen. Hier sollte er sich sofort von einem Arzt untersuchen lassen.

Ronny von dieser Notwendigkeit zu überzeugen, war im Nachhinein eine sehr wichtige und richtige Entscheidung, denn man behielt ihn in Kathmandu gleich im Krankenhaus. Er hat sich eine ernste Infektion zugezogen, die dort nun intensiv und professionell behandelt wird. Und inzwischen geht es ihm deutlich besser, wie wir uns gestern schon selbst überzeugen konnten.

Fast die ganze Gruppe hat ihn gestern im Krankenhaus besucht und festgestellt, dass wir beruhigt sein können. Er ist bestens untergebracht wird nach allen Regeln der ärztlichen Kunst betreut. So jedenfalls sein eigene Einschätzung.

Fast die ganze Gruppe hat ihn gestern im Krankenhaus besucht und festgestellt, dass wir beruhigt sein können. Er ist bestens untergebracht und wird nach allen Regeln der ärztlichen Kunst betreut. So jedenfalls seine eigene Einschätzung. Dawa, hier mit weißem Hemd, ist Tag und Nacht bei ihm.

Doch der Reihe nach. Nachdem wir uns schweren Herzens von Ronny verabschiedet hatten, ging es steil hinauf nach Thuli Kharka. Vermutlich hätte ihn dieser Aufstieg umgebracht.

Es fing nicht nur wieder einmal wie wild zu schneien an, wir gerieten auch noch in ein Gewitter. Und vor Gewittern hoch oben in den Bergen habe ich wirklich allergrößten Respekt. Pässe sind auf dieser Tour ganz offensichtlich nicht gerade unser Ding.

Gott sei Dank hörte der Niederschlag gegen Abend auf, und wir konnten zuversichtlich dem nächsten Tag entgegensehen. Vor den 350 Höhenmetern, die noch bis zum höchsten Punkt des Zatra La fehlten, fürchteten wir uns nicht. Wohl aber vor den darauffolgenden 2000 Höhenmetern Abstieg hinunter nach Lukla.

Fast oben! Es fasziniert mich jedes Mal aufs Neue. Auf dem Pass in fast 4700 Metern Höhe tiefster Winter und drei Stunden später in Lukla   über all frisches Grün und fast schon Sommer.

Die Welt an der Passhöhe aus der Flugzeugperspektive. Es fasziniert mich jedes Mal aufs Neue: Auf dem Pass in fast 4700 Metern Höhe tiefster Winter und drei Stunden später in Lukla überall frisches Grün und fast schon Sommer.

Denn die erste Hälfte dieses Abstieges führt über endlose, nach Nordwesten ausgerichtete, teilweise recht steile und deshalb für die Träger problematische Schneehänge, die samt und sonders durch die ergiebigen Niederschläge der vergangenen Wochen lawinengefährlich waren bzw. noch immer sind. In den Alpen wäre dieser Pass für Wochen gesperrt worden. Hier ist das schlichtweg unmöglich.

Dennoch war diese Überquerung eigentlich sehr schön. Ich würde den Zatra La gerne noch einmal bei gutem Wetter begehen, denn die uns leider verwehrt gebliebenen Ausblicke auf gleich eine ganze Reihe von großartigen Bergen wie Karyelung, Numbur und Kusum Kanguru, müssen ganz großartig sein.

Maila mit der Abschiedstorte. Natürlich gab es nochmal eine große Party mit hochprozentigem Chang und ausgelassener Tanzerei. Man wird übrigens als Chef ständig aufgefordert zum Tanzen. Ich muss mal die Bilder davon konfizieren!

Maila mit Meisterstück, der Abschiedstorte. Natürlich gab es am letzten Abend in Lukla gemeinsam mit den verbliebenen 16 Trägern, der Küchencrew sowie Pasang, Maila und Lak Kubir noch einmal eine große Party mit hochprozentigem Chang und ausgelassener Tanzerei. Man wird übrigens als Chef ständig zum Tanzen aufgefordert. Es gibt davon wohl sogar unautorisierte Bilder! Muss ich konfiszieren!

Am Nachmittag dann wieder Niederschlag, diesmal in flüssiger Form. Ich machte mir, wie fast auf jedem einzelnen Tag dieses Treks, Sorgen um die Träger. Einige kamen und kamen nicht. Doch kurz vor dem Dunkelwerden traf auch der letzte von ihnen unversehrt ein. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Niemand ist auf dieser Tour zu Schaden gekommen. Vielleicht das wichtigste Ergebnis dieser wirklich denkwürdigen Reise.

Inzwischen sind wir in Kathmandu eingetroffen. Dass gestern Flüge von Lukla aus gingen, grenzt schon fast an ein Wunder. Bloß gut, dass wir bei der ersten Staffel dabei waren. Sonst wären wir wohl noch nicht hier. Es gab nur ein ziemlich kurzes Flugwetterfenster.

Nun ist Ausruhen und -kurieren sowie viel Essen angesagt. Und vielleicht findet einer meiner Gäste ja noch Zeit für ein „Letztes offenes Wort“. Würde mich schon mal interessieren, wie hier gerade über das Ganze resümiert wird. Ich jedenfalls werde noch eine Weile über die drei vergangenen Wochen nachzudenken haben.

 

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8 Antworten

  1. Sina sagt:

    Ihr habt es geschafft!!! Wohoooooooo!!! Was eine unglaubliche Tour ihr da hinter euch gebracht habt. Ich bin gespannt auf die persönlichen Berichte. Gute Besserung unbekannterweise an Ronny und allen eine „leckere“und entspannte Zeit bis zum Rückflug! Ich freue mich

  2. Vera sagt:

    Liebe Grüße an alle, dass ihr die Tour so bewundernswert durchgehalten habt.
    Und ein besonderer Genesungswunsch an Ronny,
    es wird schon aufwärts gehen und wir freuen uns sehr auf das Wiedersehen.

  3. Hilke sagt:

    Nun habt ihr es geschafft! Ich glaube, diese Tour wird keiner von euch vergessen. Ronny wünsche ich gute Besserung und allen Anderen eine gute Heimreise

  4. Thomas Schmidt sagt:

    Super gemacht !!!
    Und vorallem vernünftig vom Ronny: wir hatten 2009 so ähnlichern Fall und nur durch den Heli konnte sein Bein gerettet werden…
    Gutes Gefühl, wenn alle heil zurück sind 🙂

  5. Bischoff, Christine sagt:

    Hi, ihr habt es geschafft. Glückwunsch an ALLE ! Nun können wir auch etwas ruhiger unseren Alltag angehen, denn das Lesen der Berichte lies unseren Puls schon höher schlagen.
    Vor all euren Leistungen ziehen wir den Hut und fühlen uns auch geehrt, mit 2 euren Expeditionsmitgliedern befreundet sein zu dürfen.
    Eine gute Heimreise wünschen euch
    Christine & Rainer
    P.S.: Bilder vom Tanz möchten wir trotzdem sehen.

  6. Anja E. sagt:

    Zunächst einmal Glückwunsch an Alle, die so tapfer durchgehalten haben und alle wieder Heil angekommen sind (gute Besserung an Ronny). Der Name ist eben Programm … ABENTEUER LEBEN … ich habe die letzten Wochen so mitgefiebert und bin wirklich froh, dass nichts schlimmes passiert ist. Musste ständig daran denken, wie das Wetter letztes Jahr, ein Monat früher war und ihr einfach jeglichen Niederschlag abbekommen habt, der wohl letztes Jahr ausgeblieben ist. Ihr könnt so stolz auf eure Leistungen sein. Dank eines wirklich starken Teams, guten Nerven eurer Träger und der Begleiter und natürlich ein erfahrener und gewissenhafter Bergführer haben zu einer erfolgreichen Reise in Nepal geführt. Kommt alle wieder gut heim und genießt die letzten Tage/Stunden in Kathmandu noch einmal so richtig 😉
    Viele Grüße Anja

  7. Untere Forstbehörde sagt:

    Hallo Ronny,

    wir haben heute von Deiner Infektion erfahren. Ursprünglich wollten wir alle Dienst-reisen beantragen, um Dich im Krankenhaus zu besuchen. Da es Dir glücklicherweise wieder besser geht, haben dann doch auf diesen Kurztrip verzichtet.
    Die untere Forstbehörde wünscht Dir gute Besserung. Mit Kuchen und anderen gehaltvollen Nahrungsmitteln werden wir Dich wieder auf Normalgewicht bringen.

    Grüße aus Eilenburg

  8. Hoppe,Ingrid sagt:

    Hallo Ronny,
    wie kannst du uns nur so einen Schreck einjagen.
    Nur gut das du die richtige Entscheidung getroffen hast,und dir schnell geholfen werden
    konnte.Toll das Ihr das alles so geschafft habt
    und keiner im Schnee verloren gegangen ist.Es war alles schon ganz schön aufregend .
    Noch eine schöne Zeit und guten Rückflug
    wünschen Ingrid und Frank

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