Nachgeschaut
Nach fast 38 Stunden Flug und Bahnfahrt sind wir nun wieder wohlbehalten in der Heimat angekommen. Feuerland ist wohl tatsächlich so weit weg, wie es sich für mich immer angehört hat. Und man fühlt sich nach diesen fast 15000 Flug- und Bahnkilometern auch sehr weit gereist. Aber inzwischen ist der Schlaf nachgeholt, der Jetlag kompensiert, und sogar die gesamte Ausrüstung ist „gereinigt und gelüftet“ wie man im Armeejargon mal zu sagen pflegte. Jetzt geht es an das Emailsichten, Post anschauen und Lebenszeichen versenden.
Ich bin dann wieder mal da. Allerdings nicht wirklich lange, weil ich ja Anfang März schon wieder mit meinen Gästen nach Nepal zum Nirekha Peak aufbreche.
Was Falk und ich nach unserer Rückkehr inzwischen auch schon gemacht haben, ist nachzuschauen, wie hoch wir denn nun am Monte Sarmiento tatsächlich gekommen sind. Vor Ort konnten wir das nur so ungefähr schätzen. Hier hilft ein Foto, welches uns Ralf Gantzhorn zur Verfügung gestellt hat. Dieses Bild zeigt einen Blick in unsere Wand, welches beim Aufstieg auf den Nebengipfel gemeinsam mit Jörn Heller und Robert Jasper im Jahr 2010 entstanden ist.
Man blickt aber nicht nur in die letzten etwa 500 Höhenmeter unserer Südwestwand. Wir schauen auf diesem Foto auch zwischen den beiden Gipfeln des Monte Sarmiento hindurch auf den Agostinifjord von dem nach rechts unten der Martinez-Fjord abzweigt. Und sehr schön zu sehen ist ein weiterer spektakulärer Gipfel in Feuerland, nämlich der 1746 m hohe Monte Buckland, der sich über dem Ufer des Agostini-Fjordes erhebt.
Auf dem Bild können Falk und ich nun sehr schön nachvollziehen, an welcher Stelle wir umkehren mussten, weil die Eisqualität ausgesprochen schlecht wurde. Zwischensicherungen und Stände zu bauen, die tatsächlich auch ihren Zweck erfüllen konnten, war unmöglich geworden. Und das bedeutet natürlich sofort, dass der Rückzug von diesem Berg ungemein gefährlich zu werden drohte. An irgendwas muss man schließlich abseilen.
Das Weiterklettern wäre einem Russischen Roulett mit wenigstens drei Kugeln in der Trommel gleichgekommen. Trotzdem war das Verlangen, mit dieser Besteigung vielleicht einen echten Meilenstein zu setzen, enorm groß. Wir hätten womöglich als zweite überhaupt und dann noch über eine extrem schöne aber eben auch extrem schwierige und gefährliche neue Route auf dem Gipfel eines der abgefahrensten Berge der Welt gestanden. Und zu allem Überfluss war das Wetter noch okay und auch wir beide gut beieinander.
Doch dieses Risiko zu akzeptieren, hätte für mich nichts anderes bedeutet, als ein Sakrileg zu begehen, denn das eigene Leben sollte einem schon heilig sein. Es ist nichts anderes als ein Geschenk, was so unglaublich viel mehr zu bieten hat, als auf einem Gipfel zu stehen. Auch wenn es der Gipfel eines der spektakulärsten Berge der Welt ist.
Ihr seid wirklich prima Vorbilder, schön euch wieder im Lande zu wissen… 🙂
Ihr seid ja fast senkrecht nach oben geklettert!! Sehr, sehr eindrucksvoll dieses Foto!!
Schön, dass ihr heile angekommen seid. Es war ein erfreulicher Zufall Euch begegnet zu sein und diese noch frischen Erlebnisse aus erster Hand geschildert zu kriegen.
Hallo lieber Olaf,
schön, dass ihr wohlbehalten wieder zurück seid. Ja, die Gesundheit ist das Allerwichtigste, nichts ist es Wert diese zu riskieren. Insofern habt ihr sicher alles richtig gemacht.
Mir stellt sich trotzdem eine Frage wenn ich dieses sehr eindrucksvolle Bild sehe: warum seid ihr nicht auf einen der beiden Grate gequert und habt dort die letzten Meter zurück gelegt? War das von eurer Position aus nicht einsehbar oder war auch dort die Qualität des Eises so mies, dass dies unmöglich war?
Trotzdem einen herzlichen Glückwunsch an euch beide zu dieser Leistung! Meine Respekt dafür, dass ihr umgedreht seid, als es euch zu heikel wurde. Das ist mutiger als oben zu stehen und nicht mehr runter zu kommen!
Ganz liebe Grüße
Jana
Hallo Jana,
an der Stelle, an der wir uns zur Umkehr entschlossen, wäre ein Ausstieg sicher nicht nach rechts auf den Grat möglich gewesen. Nach links schien es einen Durchschlupf zu geben. Aber wie gesagt, hatten wir schon an dieser Stelle erhebliche Probleme, uns irgendwie im Eis festzumachen. Ausserdem hätte ein Abweichen aus der Falllinie bedeutet, dass das Seil, wenn wir es beim Rückzug abziehen, sonst wohin in die Wand fällt. Hätte sich der Knoten irgendwo verhakt, hätte es niemals eine Chance gegeben, zu ihm zu klettern, um das Seil zu befreien. Man stelle sich dieses Fiasko bitte bildlich vor. Wir stehen dort oben in senkrechtem Gelände auf den Spitzen der Frontzacken an Fixpunkten, die wir auf keinen Fall belasten wollen und versuchen ein Seil zu befreien, welches sich nicht befreien lässt.
Uns hat an dieser Stelle also vor allem auch der Rückzug Kopfschmerzen bereitet. Der Rückzug musste zwingend über die Aufstiegsroute erfolgen. Alles andere wäre völlig wahnwitzig gewesen.
Beste Grüße Olaf
Ich finde die Frage – so wie von Jana formuliert – sehr gut.
Danke Jana 🙂