Teil 2, Koh Yao Noi
Koh Yao Noi liegt zwischen Phuket und Krabi und gehört ganz sicher nicht zu den bevorzugten Zielen der überaus zahlreichen Thailandbesucher. Schon dieser Umstand machte uns unseren ersten Anlaufpunkt sehr sympathisch.
Die Insel entfaltet noch immer einen verschlafenen Charme und wird vor allem von Fischern bewohnt. Die infrastrukturellen Bemühungen, auch hierher die Touristenströme umzuleiten, sind eindeutig gescheitert. Der Dschungel holt sich sein Terrain gerade wieder zurück.
Uns hat neben der Aussicht, relativ ungestört klettern zu können, vor allem die Information angelockt, dass es hier eine kleine, einheimische Kletterszene geben sollte, die sogar einen eigenen Kletterführer herausgegeben hätte. Wir waren in freudiger Erwartung.
Eine sehr gemütliche Unterkunft war rasch gefunden, unsere Recherchen konnten also sogleich beginnen. Als erstes wollten wir natürlich den Klettershop finden, um von den Lokalmatadoren Informationen aus erster Hand zu bekommen.
Das scheiterte allerdings kläglich an der Tatsache, dass wir zwar den Laden fanden, die Tür auch sperrangelweit offen stand, nur weit und breit niemand zu sehen war, der sich für den Laden verantwortlich fühlte. Man wäre beim Fischen oder schliefe oder wäre aufs Festland gefahren, so hörten wir aus den Geschäften nebenan.
Nun gut, machten wir uns also auf die Suche nach der Climbing Lodge. Und auch hier wurden wir rasch fündig. Es war sogar jemand da, der zumindest mit uns redete. Doch die Tatsachen, mit denen man uns hier konfrontierte, waren so gar nicht ermunternd.
Die Lodge sei geschlossen. Der Besitzer kommt, wenn überhaupt, vielleicht im nächsten oder übernächsten Monat. Und ja, es gäbe einen Kletterführer. Wir sollten im Klettershop danach fragen. Ach so, da wäre niemand? Wir sollten laut rufen, vermutlich schliefe man noch.
Also gingen wir zurück zum Shop. Allerdings reagierte niemand auf unser lautes Rufen. Aber wir entdeckten tatsächlich einen Kletterführer. Ein unverkäufliches Muster. Das letzte seiner Art auf der Insel, wie wir später erfuhren.
Aber wir hatten, was wir wollten. Ein paar Spezialinfos aus den lokalen Führer und sogar eine Fotografie unserer bevorzugten Wand. Aus dem Standardführer „Thailand und Laos“ von Elke Schmitz wussten wir, welches die Spots sind, wo sie auf der Insel lagen und dass die beste und am schönsten gelegene Wand die „Grateful Wall“ ganz am nördlichen Ende der Insel sei. Dort wollten wir hin. Das allerdings geht nur mit dem Boot.
Ein Taxiboot zu chartern, ist hier das einfachste von der Welt. Es gab laut Kletterführer einen Anlegesteg unter der Wand. Wir waren noch immer voller Tatkraft. Bei mir allerdings nicht ganz so ausgeprägt, weil mich eine Magen-Darm-Unpässlichkeit plagte. Vermutlich ganz und gar unvermeidbar während eines längeren Aufenthaltes in Thailand.
Doch wieder wurden wir ganz massiv ausgebremst. Und nun erfuhren wir endlich auch, warum die Kletterszene trotz guter Spots nicht mehr existent ist. Die seit dem 22. Mai 2014 an der Macht befindliche Militärregierung hat sämtliche touristische Aktivitäten in Naturschutzgebieten nicht untersagt, das waren sie schon vorher.
Sie hat begonnen, dieses Verbot auch rigoros durchzusetzen. Der Steg unter der Grateful Wall wurde von Soldaten abgerissen. Kein Boot fährt mehr unter diese Wand. Das Klettern ist dort verboten und auch sonst sei es wohl illegal, auf Koh Yao Noi zu klettern. Aber so genau wusste das keiner.
Doch wenigstens anschauen wollten wir uns die Wände. Das allerdings erfordert hier ein wenig Einsatz. Um in den Norden der Insel zu kommen, gibt es außer dem Taxiboot noch die Möglichkeit, einen etwa sechs Kilometer langen Dschungelpfad zu laufen oder mit dem Moped zu befahren. Wir entschieden uns für das Moped.
Was nun noch kam, ist rasch erzählt. Wir fuhren mit einem geborgten Moped in den Norden der Insel. Das Fahrzeug alterte auf dieser Tour um mehrere Jahre. Ich ebenso.
Unter den Wänden, die wir nach langem Suchen fanden und auch identifizierten, war ich insgeheim froh darüber, dass wir uns hier mit dem angeblichen Kletterverbot rausreden konnten.
Zu Hause würde ich nie auf die Idee kommen, inmitten von Moskitoschwärmen bei 35 Grad im Schatten und 95 % Luftfeuchtigkeit in eine Wand einzusteigen. Aber schöne Wände gab es hier zweifellos.
Wir beließen es beim Anschauen und zogen bald weiter zu unserem nächsten Ziel. Doch ein bisschen traurig ist es schon, was wir auf Koh Yao Noi vorfanden, denn hier wurde sich tatsächlich viel Mühe gegeben, auch Kletterer auf die Insel zu locken.
So bleibt uns nur, den Jungs hier zu wünschen, dass sich die Situation vielleicht auch mal wieder ändert und die viele Mühe, die sie sich gegeben haben, doch nicht umsonst war.