Teil 4, Tonsai/Railey
Nun kann ich mitreden, wenn vom Klettern in Thailand die Rede ist. Und ich weiß jetzt, dass es dort momentan nur ein Gebiet gibt, in welches sich die Reise lohnt, falls man in Thailand tatsächlich klettern möchte. Die bis zu 130 m hohen, versinterten Kalksteinfelsen über den benachbarten Stränden von Tonsai und Railey bieten mehr als 50 verschiedene Sektoren an denen mehrere hundert Routen eingerichtet sind.
Doch wenn man aus der Ferne diese Zahlen liest oder auch Bilder sieht, so versteht man eben noch lange nicht, was den schon fast legendären Ruf dieses Spots unter den Sportkletterern begründet. Es ist so eine Art Gesamtkunstwerk, was die Natur hier geschaffen hat und was die Gilde der jugendlichen Sportkletterer offensichtlich so sehr fasziniert.
Da ist als erstes die traumhaft schöne Umgebung der beiden Strände von Tonsai und Railey. Extrem steile Wände ragen über ihnen direkt aus dem Meer auf. Buchstäblich von überall schaut man auf den Ozean. Doch diese Verbindung von Klettern, Strand und Meer gibt es auch anderswo.
Mich haben am meisten die teilweise riesigen Sinter fasziniert. Sie entstehen durch die Kristallisation von im Wasser gelöstem Calziumcarbonat. Es gibt sie an den Wänden hier in allen Farben, Formen und vor allem Größen. Noch nirgends auf der Welt bin ich auf solche mächtigen Kalksinter gestoßen. Sie sind sozusagen der Stoff an dem hier zum großen Teil geklettert wird. Und das ist schon eine ziemlich abgefahrene Sache.
Als nächstes ist da natürlich das Wetter. Wenn es sich am frühen Morgen mal auf 25 Grad abgekühlt hat, dann ist das selbst Ende Dezember also mitten im tiefsten „Winter“ schon kalt. T-Shirt, Flip-Flops, kurze Hosen. Mehr braucht man hier nicht zum Anziehen. Und auch wenn es manchmal regnet. Geklettert wird trotzdem. Die fast durchgehend überhängenden Wände schirmen Nässe perfekt ab.
Und dann ist da noch die besondere Atmosphäre. Hier hat sich so eine Art Kommune entwickelt, in welcher die Kletterer aus der ganzen Welt eine Heimat auf Zeit finden können. Alles ganz cool und megaentspannt. Und natürlich auch sehr preiswert.
Hier kann man für wenige Euros pro Tag sein Leben fristen, klettern und jeden Abend Party machen. Diese Feten in Tonsai sind legendär. Das ist übrigens auch der Grund, warum die Wände, aus denen ab Mittag die Sonne verschwindet, deutlich beliebter sind, als diejenigen, welche bis Mittag im Schatten liegen.
Für mich war das hier allerdings ziemlich hart. Wo man hinsah, gebräunte, waschbrettbäuchige, rastalockige, superentspannte Jungs kaum je über 30, die in der Mehrzahl auch noch richtig gut klettern konnten. Denn das muss man hier.
Tonsai und Railey bietet nahezu nichts für Anfänger. Sehr viel athletische und technisch anspruchsvolle Kletterei in extrem steilem Gelände und dann auch noch sehr abgespeckt. Das ist übrigens einer der drei unbedingt zu erwähnenden Minuspunkte hier. Vor allem in den beliebten Routen der bevorzugten Sektoren ist dies ein weniger schöner Aspekt. Teilweise fühlen sich die Griffe an, wie das Whiskyglas vom Vorabend. Dazu kommt dann natürlich noch die feuchte Hitze und nicht zu vergessen die Moskitos.
Als Vorsteiger ist es oft ein wenig beruhigender Anblick, wenn der Sicherungsmann oder die -frau wild gestikulierend sich mehr mit der Insektenabwehr als mit dem Sichern beschäftigt. Das trug zumindest bei mir nicht immer zur Entspannung in den diversen Schlüsselstellen in stark überhängenden Seillängen 80 m über dem Boden bei. Dennoch war diesbezüglich das Verständnis groß.
Das Fazit fällt insgesamt trotzdem positiv aus. Wieder habe ich ein neues Klettergebiet kennengelernt. Es wird zwar sicher nicht mein Lieblingsgebiet werden. Dazu ist es viel zu weit weg, und ich klettere dafür vermutlich auch nicht gut genug. Aber vor allem bin ich eben doch nicht so wärmeliebend wie ich immer dachte. Schwer klettern und Hitze passt bei mir irgendwie nicht wirklich zusammen.
Die Schönheit der Landschaft und die Eigenart des so stark versinterten Kalksteins hat mich aber sehr fasziniert und lohnt die Reise nach Thailand allemal. Doch ein paar Alternativen zum Klettern auf Lager zu haben, ist sicher keine schlechte Idee. Tauchen zum Beispiel.
So und nun hat mich der Alltag auch schon wieder. Die Vorbereitung auf die beiden Touren mit meinen Nepalgästen an den Fuß des Mount Everest laufen nun an, und natürlich freue ich mich schon sehr auf den letzten Vortrag der Saison am 28. Januar um 17.00 Uhr im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig. Noch einmal geht es um meine kombinierte Kajak-Berg-Expedition nach Feuerland zum Monte Sarmiento gemeinsam mit Falk Liebstein. Nicht vergessen, noch rasch eine Karte zu besorgen, denn obwohl das nun schon der dritte Termin in Leipzig ist, sind auch dafür inzwischen mehr als die Hälfte der Tickets verkauft!! Als kleiner Vorgeschmack hier noch mal unser Vortragstrailer. Viel Spaß dabei!