Überraschung

Ehrlich gesagt, hatte ich die Hoffnung schon aufgegeben. Die Nachrichten, die wir aus Lukla bekamen und auch das grenzwertige Wetter in Kathmandu, waren alles andere als ermutigend. Ich wartete jeden Moment darauf, dass unser Flug gestrichen wurde. Und plötzlich kam tatsächlich Bewegung in die Sache. Ohrenbetäubende Lautsprecheransagen. Nun war es also soweit. Unser Flug fällt aus. Aber nein! War das zu fassen? Wir sollten zum Gate kommen! Es ging tatsächlich los.

Die Stewardessen in den kleinen Fliegern starten und landen in der Saison bis zu vier Mal täglich in Lukla. Und falls sie Angst gehabt hat, konnten wir ihr das jedenfalls nicht ansehen.

Voller Euphorie stiegen wir in die winzige Dornier 128 und flogen kurz vor 11 Uhr wirklich los. Doch ehrlich gesagt war mir nicht sonderlich wohl bei dieser Sache. Denn wenn ich aus dem Fenster sah, sah ich nämlich nichts. Und wenn ich nichts sehen konnte, dann konnte das der Pilot doch wohl auch nicht.

Aber schnell merkte ich, dass auch Piloten in Nepal an ihrem Leben hängen. Wir stiegen höher und höher und schon bald flogen wir über den Wolken. Und diese Tatsache bescherte uns phantastische Ausblicke auf die Weltberge des Khumbu. Außerdem nahm der Pilot eine völlig andere Route als bei sämtlichen Flügen, die ich je nach Lukla unternommen habe.

Meine Gäste dachten sicher, dass müsse so sein. Schließlich hatte ich ja erzählt, dass dieser Flug der schönste Linienflug der Welt sei. Doch so einen grandiosen Ausblick auf die Weltberge des Khumbu hatte ich überhaupt noch nie. Weil ich eben noch nie diese Route geflogen bin. (Everest, Nuptse, Lhotse links im Bild)

Wir flogen zuerst weit nach Süden und dann in einem großen Bogen durch die Wolken von unten in das Tal des Dudh Khosi hinein. Und im Tal ging es unter den Wolken entlang. Ganz offensichtlich wussten die beiden Jungs im Cockpit genau, was sie taten. Und deshalb konnten wir beim Anflug auf Lukla dann auch sehen, worauf wir zusteuerten.

Aber auch die Landung klappte prima, und es gab lang anhaltenden, tosenden Applaus für unsere beiden tollkühnen Piloten.

Man sieht auf diesem Foto schon sehr deutlich, dass wir nicht gerade das beste Flugwetter hatten.

Allerdings wurde unsere Freude über die Tatsache, gerade eben heil in Lukla eingetroffen zu sein, gleich ein wenig eingetrübt. Mit uns waren nur sechs unserer 13 Gepäckstücke gelandet. Außerdem war es schon kurz vor 12.00 Uhr. Und nun hatten wir ein Problem.

Unsere Träger mussten ja noch auf die nächsten Flieger warten, mit denen hoffentlich unsere sieben fehlenden Gepäckstücke eintreffen würden. Dann müssten sie die Lasten wiegen, aufteilen und verschnüren. Sie konnten es an diesem Tag nie und nimmer bis nach Monjo, unserem ersten Tagesziel, schaffen.

Selbst wir hätten schon ganz schön zu laufen, um noch vor dem Dunkelwerden dort einzutreffen. Ich aber wollte unbedingt noch dort hin und am nächsten Tag nach Namche Bazar aufsteigen. Wir mussten uns akklimatisieren. Und diesbezüglich gehe ich keine Kompromisse ein. Wenn wir in Lukla auf unser Gepäck warten und einen Tag später starten, dann wäre ein Tag verloren.

Unsere Mädelsfraktion mit dem Alterspräsidenten beim Fotoshooting vor der höchsten Hängebrücke Nepals.

Ich dachte nun, in harte Diskussionen mit meinen Gästen eintreten zu müssen. Doch da hatte ich mich getäuscht. Ich brauchte gar keine Überzeugungsarbeit zu leisten. Alle waren sich schnell einig, dass wir auch ohne Gepäck aufbrechen wollten. Irgendwie würde das eine Nacht schon mal gehen.

Also zogen wir los und waren auch pünktlich vor dem Dunkelwerden in Monjo. In der Lodge gab es genug Decken, keiner hat gefroren. Heute sind wir nach Namche aufgestiegen, wo wir morgen noch bleiben werden.

Allerdings gab es, nachdem wir hier in Namche eingetroffen waren, keine so übermäßig guten Neuigkeiten. Kumar rief mich an und teilte mir mit, dass es an dem Tag, an dem wir nach Lukla geflogen sind, nach uns keine Flüge mehr gab. Und auch heute, unserem Aufstiegstag nach Namche, ist kein einziges Flugzeug in Lukla gelandet. Unsere sieben Gepäckstücke liegen also noch immer in Kathmandu. Es wird also nicht bei einer Nacht ohne unser Gepäck bleiben, zumindest für fünf von meinen Gästen.

Es ist übrigens nicht jedem hier einerlei, über eine solche Brücke zu gehen, 130 m über Grund. Aber gerade die sind die tapfersten von uns…

Doch anstatt sich über diese Unannehmlichkeit zu grämen, ist das genaue Gegenteil der Fall. Alle sind bei bester Laune und helfen sich gegenseitig aus. Jeder hat verstanden, dass wir diese Situation einfach nicht ändern können. In die beiden Flieger, die gestern gestartet sind, hat nun mal unser ganzes Gepäck nicht hinein gepasst. Anstatt uns zu ärgern, sind wir einfach mal froh darüber, dass wir nicht noch in Kathmandu sitzen.

Ich bin sehr glücklich über und sehr stolz auf dieses tolle Team!

 

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6 Antworten

  1. Veronica sagt:

    Schön zu lesen, dass Ihr gut in Lukla angekommen seid!! Das Gepäck wird dann bestimmt auch bald kommen!
    Nach dem Flug ist das Wetter eindeutig besser geworden, sieht man auf den Fotos! Super!

  2. Bernd Bienia sagt:

    Fein.Bin in Gedanken dabei.

  3. Pabst, Rene sagt:

    Tut gut von euch zu lesen. LG an Bernd

  4. Annette Schaufuss sagt:

    Hallo nach Nepal,
    ich „verfolge“ Euch mal ein bisschen und freue mich, dass Ihr trotz fehlendem Gepäck guter Laune seid. Ja, das würde mich auch wundern, wenn es in Nepal anders wäre… Ich wünsche Euch eine sehr schöne, unvergessliche Zeit und genießt jeden Augenblick.
    Viele liebe Grüße aus Augustusburg Annette

  5. Scherb Heribert sagt:

    Toller Bericht, weiterhin alles gute und passt auf euch gut wie.

  6. Jens Klawonn sagt:

    Siehste Olaf, deshalb ist es immer besser, die Etappen mit dem Kleinbuss zu beginnen – statt zu fliegen ;)) Nee, Spaß! Dies ist natürlich echt bescheiden. Aber toll, dass Ihr die gute Laune behaltet und es gemeinsam auf die Reihe (Berg?!) bekommt. Ich drücke Euch jedenfalls ganz fest die Daumen, dass Zahnbürste und Tanga nicht mehr nur gegenseitig getauscht werden müssen ;))))
    LG und passt auf Euch auf, bis bald
    Jens

    PS.: Und herzlichen Glückwusch zur DJI Mavic (bin fleißig am Üben!)

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