Bereit zu Aufbruch
Ich bin ein Lyrikfan. Schon immer hat mich fasziniert, wie wenig Raum auf einem Stück Papier nötig ist, um einprägsame Bilder im Kopf eines Lesers lebendig werden zu lassen. Rilke und Hesse sind Großmeister in dieser Disziplin. Und an ein Gedicht von Hesse fühle ich mich gerade ganz besonders erinnert: „Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen. Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.“ Und die berühmteste Zeile aus diesem wunderbaren Text: „Allem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“
Gerade diese bekanntesten Zeilen des Hesse-Gedichtes „Stufen“ passen ganz wunderbar zu den Gedanken und Gefühlen, die ich immer vor dem Beginn einer neuen, großen Reise habe. Es gibt eine starke Kraft, die mich, „eingewohnt in meinem Lebenskreise“, zurückhalten will.
Und das ist ja auch kein Wunder. Zur Zeit läuft es bei mir gut. Ich konsolidiere mich gerade ein wenig. Doch gleich bin ich sechs Wochen von der Bildfläche verschwunden. Leute werden anrufen, um mich zu buchen, und ich kann nicht antworten. Sollte ich nicht langsam mal vernünftig werden?
Nein, sollte ich nicht. Denn dieser Zauber, der tatsächlich jedem Aufbruch in ein neues Abenteuer innewohnt, beschützt mich tatsächlich. Und zwar nicht nur vor einer dicken Plauze oder vor Erschlaffung und Gewöhnung. Ich will mich nicht gewöhnen an den warmen Platz vor meinem Schreibtisch oder meinem Vortragspult.
Ich brauche diesen Zauber des Neuen, Ungewissen, der mich wach hält. Ich brauche die Angst vor den Gefahren, welche an einem Berg lauern. Ich will ohne dieses megaintensive Lebensgefühl nicht dauerhaft sein, denn etwas mächtiges halten die Berge für uns bereit: Sie laden uns nicht nur zum Staunen ein und verschaffen uns eine neue Perspektive auf unser Leben in der Ebene. Sie befreien uns vor allem mal wieder vom Bodensatz unserer zur Fessel gewordenen Gewohnheiten.
Also auf gehts!
Das Gepäck liegt seit Tagen bereit. Und beim Blick darauf kreisen die Gedanken unaufhörlich um die Dinge, die man vielleicht vergessen haben könnte.
Dann sind die Jungs da. Wir fahren zum Flughafen, kämpfen mit unseren Gepäckmassen am Check In und anschließend mit den Beamten an der Handgepäckkontrolle. Wir packen aus, um und ein, schalten an und ab, werden auf Sprengstoff untersucht und bleiben trotzdem äußerlich ganz cool.
Doch mich interessiert bei alledem nur eins, nämlich ob dann irgendwann der ganze Krempel vollständig auf dem Gepäckband in New Delhi wieder zum Vorschein kommt. Denn fehlendes Gepäck pulverisiert rasch auch mal eine ganze Expedition.
Mein Handgepäck ist schwer, so schwer, dass ich mich schon mächtig anstrengen muss, es leicht aussehen zu lassen als ich an den lächelnden Stewardessen vorbei ins Flugzeug steige. Ich lächele auch, allerdings etwas verkrampft. Wie bekomme ich das nur in die Gepäckablage ohne das alle mitbekommen, dass da nicht 5 sondern 20 Kilo drin sind. Das muss Sven da hochwuchten. Geschafft! Starker Mann.
Bei den Türken wird zwischengelandet. Ich halte mich zurück bei diesem Thema. Wir wollen ja noch einmal hier durch auf der Rückreise 🙂
Am Sonntagmorgen kurz nach halb fünf landen wir in Delhi. Nun wird es spannend. Sind unsere sechs riesigen Gepäckstücke mit uns in Istanbul umgestiegen? Sind sie! Eins nach dem anderen kommt auf dem Gepäckband angefahren. Uns allen fällt ein Stein vom Herzen.
Wir werden zu dieser unchristlichen Stunde auch tatsächlich von unserer Agentur erwartet und in ein sehr angenehmes Hotel gebracht. Es geht also schon mal auffallend gut los hier in New Delhi.
Und schon heute morgen starten wir in die Berge. Das ist ebenfalls sehr erfreulich. Es gibt weder das sogenannte Briefing im Ministerium noch das oft ziemlich ätzende Treffen mit dem gierigen Verbindungsoffizier. Er stößt erst in den Bergen zu uns. Wir müssen nicht einmal in der indischen Mountaineering Association vorstellig werden. Solche Neuigkeiten gefallen mir…
Das einzige, was nach wie vor ungeklärt bleibt, ist die Frage nach der Satellitenkommunikation. Wir haben das Gerät zwar dabei, aber benutzen dürfen wir es angeblich auf gar keinen Fall! Ob wir unterwegs Möglichkeiten finden werden, auch ohne unser Satellitentelefon zu kommunizieren? Aber nach allem, was wir bis jetzt in Erfahrung bringen konnten, sieht es diesbezüglich eher schlecht aus.
Ein paar Amerikaner, so erfuhren wir gestern Abend beim Welcom-Dinner, haben sich vor zwei Jahren einfach über dieses Verbot hinweggesetzt, und es ist nichts passiert. Sollten wir das auch tun oder setzen wir dabei das ganze Unternehmen aufs Spiel? Aber noch müssen wir uns deshalb keinen Kopf zerbrechen. Morgen schon brechen wir erst einmal in die Berge auf! Und darauf freuen wir uns…
Viel Erfolg Olaf. Bring viele tolle Eindrücke mit zurück und vor allen Dingen euch gesund und munter!!!! Ach so und: nein, um Himmels Willen bitte nicht. Bitte werde nicht vernünftig ? Genieße dein Leben und zwar ganz genau so!!!
LG Sandra 🙂
Viel Erfolg!!!
Hallo Olaf, hallo Sven und Jakob,
ich wünsche Euch viel Glück, Erfolg und bei all der Plackerei auch etwas Spaß …
Kommt heil zurück!
Beste Grüße aus Cottbus
Jens
Gutes Gelingen für Eure Expedition! Kommt gesund zurück!
Hallo Ihr 3,
wir wünschen Euch gutes Wetter und sichere Verhältnisse am Berg und natürlich das nötige Quäntchen Glück für den Gipfelerfolg. Kommt gesund wieder, wir sind schon auf die Erzählungen gespannt.
Viele Grüße
Karin und Christian