Nachruf von Stephan

Am Abend des Ostermontag, unserem vorletzten Abend in Nepal, hatten wir das erste von zwei Abschiedsessen. Es fand im Roof-Top-Bereich unseres Hotels in Kathmandu statt. Nach dem sehr leckeren Essen hat, unabgesprochen und gerade deshalb besonders tiefgehend, Henry für sich eine Reminiszenz der hinter uns liegenden Tour gezogen, die ausnahmslos allen aus den Herzen sprach. Henry betonte einerseits das Außergewöhnliche der Tour, das eindeutig Olafs großer und langjähriger Erfahrung in Nepal und besonders im Khumbu zu verdanken ist und andererseits verwies er auf die weitgehend außergewöhnliche Harmonie der Gruppe. Es ist ja keineswegs selbstverständlich, dass 13 Leute unterschiedlichen Alters, Temperaments, unterschiedlicher Erwartungen und körperlicher Leistungsfähigkeit vier Wochen lang gut mineinander auskommen können. Bei uns war das so und Henry hat das in wirklich ergreifender Weise ausgedrückt.

Im Angesicht von Taboche und Cholatse stehen zwischen Dughla und Lobuche Dutzende kleiner Mahnmale für die viele verunglückten Bergsteiger.

Auf Grund Olafs organisatorischer  Weitsicht war es u. a. ohne großen Aufwand möglich, dass  Franzi und Uli mit Chauhti als Porter-Guide einen Teil der Trekking-Tour getrennt vom Rest der Gruppe verbringen konnten, als Franzi gesundheitliche Probleme bekam und dass beide trotzdem ein paar interessante und ausgefüllte Tage hatten, ehe sie wieder zur Gruppe stießen.

Gleiches gilt auch für den Tag, an dem die „Cracks“ der Gruppe zusammen mit Olaf den letzten der drei Pässe, den Kongma-La zwischen Lobuche und Chukhung überquerten. Infolge der Anstrengungen der vorangegangenen Tage hatte sich ein Teil der Gruppe gegen die Passüberquerung entschieden und statt dessen die leichtere Variante, den Weg von Lobuche über Dughla und Dingboche nach Chukhung gewählt, die Olaf selbstverständlich als Alternative vorgesehen hatte. Und mit Kumar stand uns dafür auch ein erfahrener Guide zur Verfügung. Kumar hatten wir ja schon seit Beginn unserer Tour als umsichtigen, ruhigen und ausgesprochen freundlichen Co-Guide schätzen gelernt, dessen Hilfe Olaf schon seit vielen Jahren auf jeder der von ihm geführten Trekking-Touren in Anspruch nimmt.

Der Blick das Imjatal hinauf. Rechts unten im Bild das Dorf Dingboche. Oben links der gewaltige Lhotse.

Die lange Wanderung von Lobuche nach Chukhung zeigte gleichzeitig, welche Kontraste unsere Tour aufweisen konnte: Während die Pass-Leute schon kurz nach 4 Uhr in ihren Zimmern „rumorten“und gegen 5.30 Uhr aufbrechen mussten, lag der Rest noch in den Schlafsäcken. Und während sich unsere „Cracks“ zum Kongma-La hinauf quälten, hatte der Rest der Gruppe eine entspannte Wanderung, ohne große Höhendifferenzen überwinden zu müssen.

Wir hielten unterwegs oft an, um zu fotografieren, um ein wenig zu schwatzen oder um die Schönheiten der uns umgebenden Bergwelt zu bestaunen. Taboche und Cholatse verschwanden langsam aus unserem Gesichtsfeld, die Ama Dablam wurde alles beherrschend. Und als ein kleiner Höhenzug am Fuße des Nangkartsong erreicht war, von Chörten und Gebetsfahnenketten gekrönt, beherrschten Lhotse-Südwand, Peak 38, Shartse, Island Peak, Cho Polu, Num Ri, Baruntse etc. unser Blickfeld und begannen gleichzeitig, uns zu verzaubern.

Auf halben Weg zwischen Dingboche und dem Tagesziel Chukhung liegt die kleine Yakalm Bibre.

Eine ausgiebige Mittagsrast in Dingboche sorgte für das erforderliche Kräftesammeln, ehe der letzte Teil der Wanderung in Angriff genommen werden konnte, der Aufstieg nach Chukhung, das, fast 400 m höher gelegen und etwa 4,5 km entfernt, am Ende des Imja-Tales zu sehen war. Nur etwa eine halbe Stunde nach der Wandergruppe erreichte auch die Pass-Gruppe die Lodge in Chukhung, die einen ziemlich relaxt, die anderen von den Strapazen der Passüberschreitung gezeichnet.

Es waren also durchaus völlig gegensätzliche Erfahrungen, die wir während der Wochen in den Bergen machen konnten. Und obwohl sicher die Anstrengungen überwogen, gab es eben auch entspanntere Abschnitte, bei denen man nicht auf jeden Schritt achten, sich nicht auf den Atmerhythmus konzentrieren musste, sondern wo auch genügend Zeit blieb, sich völlig dem Zauber der Bergriesen um uns herum hinzugegen, Vögel zu beobachten, uns über Blumen oder über die herrlichen Blüten der Rhododendren zu freuen oder dem Rauschen der reißenden Gletscherbäche zu lauschen.

Die Nordostflanke der 6856 m hohen Ama Dablam und davor die Ansammlung der Lodgen in Chukhung.

Diese Eindrücke werden uns sicher noch sehr lange in unseren Erinnerungen weiterbestehen, so wie die gesamte Reise – Olaf gebührt dafür unser aller Dank – ganz sicher unser weiteres Leben beeinflussen wird.

Also: Auf nach Nepal! Bilder und Berichte sind das eine, eigene Anschauung, eigenes Erleben können damit aber nicht ersetzt werden …

Text: Stephan Seifert

Bilder: Sabine Görges

 

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