Meteora Teil 2
Über Jahrhunderte muss es ein ziemlicher Nervenkitzel für die Meteora-Mönche gewesen sein, in ihre Klöster zu kommen. Vermutlich der einzige für sie. In der Regel erklommen die Mönche die Felsen ihrer Klöster mit Strickleitern oder Leitern aus Holz, die aneinander gehängt waren. Und das ging nur mit viel Gottvertrauen.
Manchmal wurde auch ein schmaler Pfad und Stufen in den Fels gehauen, auf dem die Mönche ihr Kloster erreichen konnten. Allerdings musste man auf solchen Wegen schon sehr kaltblütig und außerordentlich schwindelfrei sein. Wer sich das nicht traute, wurde in ein Netz gesteckt und hinauf gezogen.
Doch irgendwann muss ja mal der erste dort hinauf geklettert sein. Und man fragt sich schon, wie das die frühen Asketen und Einsiedler gemacht haben. Denn schon vor mehr als 1000 Jahren, so belegen es Quellen, wurden die ersten klösterlichen Zufluchtsstätten in bzw. auf den Felsen Meteoras eingerichtet.
Einer der ersten war ein gewisser Varnavas, der das kleine Kloster Anion Pensa (Heiliger Geist) gründete. Zuerst waren das aber keineswegs Klöster wie der Besucher sie heute in Meteora vorfindet, sondern nur kleine Gebetsstätten und Einsiedeleien, in denen die damaligen Aussteiger dem heiligen Geist nachjagten und Gott näher kommen wollten.
Der Aufwand, welcher betrieben werden musste, um auf die Felsen zu kommen, war enorm. Löcher wurden in das Gestein gemeißelt, in welche man Balken stecken konnte. Diese Balken dienten dann als Standplätze für Leitern, von denen aus weitere sogenannte Balkenlager geschlagen wurden. So konnte man buchstäblich jeden Punkt in bzw. auf den Konglomeratfelsen Meteoras erreichen.
Wie virtuos mit diesen Balken umgegangen wurde und vor allem wie stabil die Konstruktionen waren, welche die Mönche hoch oben in den Felswänden anlegten, kann man noch heute an vielen Stellen bestaunen.
Am beeindruckendsten ist das in mehr als 70 m Höhe angelegte Mönchsgefängnis zwischen den beiden gewaltigen Pfeilern der Nordostseite des Heiligengeistturmes. Dort hinauf wurden Mönche verbannt, die gegen die Regeln ihrer Klöster verstoßen hatten. Seit mehreren hundert Jahren halten die abenteuerlichen Holzverstrebungen dem Zahn der Zeit stand.
Noch beeindruckender will einem heutzutage der Aufwand erscheinen, der für den Bau der Klöster betrieben wurde. Für das berühmte Kloster Agia Triada, welches sogar schon als Bondkulisse herhalten musste, ist schriftlich belegt, dass man siebzig Jahre brauchte, um das Material für den Klosterbau auf den Gipfel des Felsen hinaufzuziehen.
Aus archäologischen Untersuchungen weiß man, dass mindestens 24 Klöster im Bereich Meteoras existiert haben. Andere Quellen sprechen sogar von 41. Aber was denn nun ein Kloster ist, hängt davon ab, wie man das definiert. Einige waren sicher kaum bessere Eremitagen, also Einsiedeleien. Die meisten Klöster gab es im 15. Jahrhundert. Eine zweite Blütezeit erlebte das Klosterwesen in Meteora im 17. Jahrhundert.
Dann begann der Niedergang, was vor allem den Verfall vieler Klöster zur Folge hatte. Interessant ist dabei, dass der Grund dafür eben nicht nur die Schwierigkeiten zwischen den christlich-orthodoxen Mönchen und den muslimischen Türken war, die ja von 1393 bis 1881 fast 500 Jahre die Region beherrschten. Die Hauptursache für den Niedergang der Meteoraklöster sind vielmehr die erbittert geführten Rivalitäten zwischen den Klöstern selbst.
Schwere Schäden an den Klöstern verursachte die Besetzung durch deutsche und italienische Truppen im Zweiten Weltkrieg aber auch der Bürgerkrieg von 1946 bis 1950.
Heute gibt es noch sechs bewirtschaftete Klöster, die allerdings inzwischen zu einem gewaltigen Magnet für die Touristen aus aller Welt geworden sind. Selbst die Mönche haben also neuerdings erkannt, was für eine Menge Geld sie und die gesamte Region mit ihren Klöstern machen können. Und dieses Geld wurde für jeden offensichtlich vor allem in die Erhaltung und die Pflege der Klosteranlagen gesteckt.
Übrigens war das Betreten der Klöster für Frauen über hunderte von Jahren streng verboten. Erst nach dem zweiten Weltkrieg wurde dieses Verbot nach und nach gelockert. Doch bis heute wird es ganz und gar nicht gerne gesehen, wenn Besucher mit unziemlicher Kleidung die Klöster betreten. Frauen in kurzen Röcken oder gar Hosen gehen gar nicht.
Der „Steinerne Wald“ von Meteora ist also schon seit dem 10. Jahrhundert ein Ort, an dem geklettert wurde. Damals, um besser und ungestörter zu beten, zu entsagen, zu büßen und damit Gott näher zu kommen. Heutzutage sind die Gründe, hier zu klettern, ganz andere.
Ich habe kaum je an großartigeren Felsen Hand angelegt als an den Sandsteinriesen von Meteora. Gleich mehrere meiner besten Kletterwege gehen auf das Konto der letzten anderthalb Wochen. Und darüber lohnt es sich bestimmt, auch noch ein paar weitere Worte zu verlieren. Aber nicht mehr in diesem Blog. Der würde dann doch zu lang…
Danke immer für diese schönen Berichte
Bitte und vielen Dank für diesen Kommentar.
Ein tolles Klettergebiet und eine sehr interessante Geschichte!
Eine unglaublich großartige Landschaft!! 🙂