Devils`Dancefloor Teil 2
Hamaroyskaftet
Warum gibt es bei von Menschen gemachter Kunst so völlig unterschiedliche Auffassungen über Schönheit, bei Bergen aber nicht? Zumindest ist das meine Erfahrung. Und was macht einen Berg aus, den alle Leute schön finden? Beim Matterhorn herrscht diesbezüglich Konsens, beim Alpamayo, der Ama Dablam und dem Hamaroyskaftet ebenso! Eine schlanke, völlig freistehende, himmelwärts strebende Granitfelsgestalt von atemberaubender Kühnheit. Sie war das zweite Ziel von Uwe und mir in den vergangenen zwei Wochen im Norden Norwegens.
Mit dem Hamaroyskaftet hatten wir uns den anderen im wahrsten Sinne herausragenden Gipfel Norwegens ausgesucht. Die Kletterführerautoren schwärmen in ihrem Werk von diesem Felsen. Und ich brauche ja nur ein Foto einer solchen Berggestalt zu sehen und schon bin ich in ihr Kraftfeld geraten, welches mich von nun an magisch anzieht. Ein Entkommen ist schwierig bis unmöglich. Das Bild von diesem Gipfel nistet sich in meinem Kopf ein, wird zu einem Tagtraum und verschwindet erst dann, wenn ich oben stand. Und das scheint bis zu einem gewissen Grad sogar eine Art ansteckende Krankheit zu sein.
Wieder hatten wir Glück. Nach zwei kühlen norwegischen Nieselregenwettertagen versprach die Prognose Besserung. Auf einer ersten Erkundungsfahrt in Richtung Hamaroyskaftet entdeckten wir den Eidetind bzw. seinen Südostpfeiler. Gab es dort eine Route hinauf? Die Sonne schien und lud zum Klettern ein. Wir entschieden uns gegen die Kutscherei mit dem Auto und trotz der unsicheren Vorhersage für den Eidetind, denn das Wetter sah zumindest schön aus!
Lange Rede kurzer Sinne, wir waren zu voreilig. In der vierten Seillänge öffneten sich die Himmelsschleusen, und es fing nicht nur so ein bisschen zu regnen an. Zu allem Überfluss hatte ich meine Regenjacke im Zelt gelassen, denn Klettern war ja noch gar nicht geplant.
Als wir das Regenselfie gemacht haben, glimmte die Hoffnung noch, dass es vielleicht gleich wieder aufhören würde. Diese Hoffnung zerfloss aber rasch, und wir begannen, abzuseilen. Die Rissverschneidungen wurden zu Regenrinnen in denen das Wasser in Fallgeschwindigkeit die Wände hinab schoss. Aber so wurden Kletterschuhe, Seile und Füße mal einer Hochdruckreinigung unterzogen.
Am nächsten Tag siedelten wir nach einer reichlich 100 Kilometer langen Autofahrt vom Stetind an den Fuß des Hamaroyskaftet um. Hier fanden wir einen Biwakplatz in augenscheinlich bester Lage und die Wetterprognose gleich für die ganze Woche war vorzüglich. Ich konnte unser Glück kaum fassen. Unser Kletterzeug würde wieder trocknen.
Es gibt am Hamaroyskaftet nur vier Routen. Und zack, schon wären wir wieder beim Thema Trad-Klettern. Auf diesen Traumgipfel nur VIER Routen? Gäbe es Bohrhaken, dann wären es definitiv mehr. Diese Haken gibt es aber auch hier nicht. Also kann man ausschließlich nur solche Linien klettern, die mit mobilen Sicherungsmitteln abgesichert werden können. Das schränkt die Möglichkeiten enorm ein und schreckt viele oder sogar die meisten Kletterer ab. Die Aussicht, die Route, ihre Absicherungsmöglichkeiten und selbst die Standplätze suchen zu müssen, bewahrt auf alle Fälle die von uns besuchten Klettergebiete vor Massenandrang. An unserem Hamaroyskaftet, nach Einschätzung norwegischer Kenner der zweitschönste Gipfel Skandinaviens, blieben wir die ganze Zeit mutterseelenallein.
Links Uwe am Einstieg beim Ausrüstung sichten, sortieren, auswählen und zu guter Letzt ordentlich am Gurt verstauen. Ein aufgeräumter Gurt, an dem alles an seinem Platz hängt und man nicht ewig an einem Arm hängend nach der richtigen Friendgröße suchen muss, ist das A und O beim Trad-Klettern. Rechts steigt Uwe die letzten Meter zum Gipfel.
Und wieder standen wir vor der Frage, wie wir es mit dem Vor- und dem Nachstieg halten. Die stellt sich häufig, wenn eigentlich beide vorsteigen können und das auch wollen. Am Hamaroyskaftet war ein Konsens kein Problem, ganz einfach, weil hier viel weniger Seillängen zu klettern sind als am fast drei Mal so mächtigen Stetind. Dort unter dem Südpfeiler mit seinen 15 Seillängen gab es bei Uwe und mir unterschiedliche Ansichten.
Ich möchte grundsätzlich gerne in Wechselführung klettern. Einer steigt vor und der andere nach und in der nächsten Seillänge ist es umgekehrt. Das geht am schnellsten. Der Nachsteiger hat die Ausrüstung schon am Gurt, weil er ja die Zwischensicherungen seines Vorsteigers eingesammelt hat. Das Seil liegt schon richtig am Stand, so dass es dort kaum oder gar keinen Zeitverlust gibt.
Doch Uwe findet die Tatsache zu Recht unangenehm, dass der Nachsteiger, ohne zu ruhen oder sich über den Weiterweg orientieren zu können, sofort zum Vorstieg übergehen muss. Und die Orientierung ist in einer cleanen Route nun wirklich wichtig. Schauen und sich den Weiterweg überlegen, kann der Vorsteiger genau dann, wenn er seinen Nachsteiger zu sich herauf sichert. Lange Rede, kurzer Sinn, wir haben am Stetind zu einem guten Kompromiss gefunden. Die ersten zehn Seillängen sind wir im Block geklettert. Die erste Hälfte bin ich, die andere ist Uwe vorgestiegen. Als es dann oben deutlich schwieriger wurde, wechselten wir uns öfter ab.
Am Hamaroyskaftet sind wir zwei Routen geklettert. Die eine, namens „Kosesprekken“ ist Uwe, die andere, den „Normalveien“ also den Standardweg, bin ich vorgestiegen. Damit hatten wir diesen Gipfel regelrecht abgearbeitet. Eine Erstbegehung wäre vielleicht dort noch machbar.
Nach dem Hamaroyskaftet war unsere Zeit in Norwegen fast schon wieder vorbei. Deshalb entschlossen wir uns, gemütlicher als auf dem Hinweg, wo uns ja der Wetterbericht im Nacken saß, die fast 3000 Kilometer Rückweg anzugehen. Auf dem Hinweg hatten wir es bei der Fahrerei ein wenig übertrieben.
Dass nach den beiden Gipfeln ganz sicher zweitwichtigste Ergebnis dieser Reise nach Norwegen war die Erinnerung daran, wie schön es dort ist. Ich habe meine alte Liebe für dieses Land wiederentdeckt. Sofort nach der Wende war ich ja gleich fünf Mal in Norwegen bzw. Spitzbergen unterwegs. Meine allererste große Reise nach dem Mauerfall führte nicht in die Alpen sondern in dieses wunderschöne Land. Und ich bin ganz sicher, dass es bis zum nächsten Mal nicht wieder 25 Jahre dauern wird. Wenn alles gut geht, und ich gesund bleibe, werde ich schon im kommenden Jahr wieder dort sein. Darauf freue ich mich mal und zwar ab sofort.
Zum Schluss noch ein wichtiger Hinweis auf den kommenden Samstag: Outdoor-Schnäppchenjagd beim tapir-Flohmarkt am Samstag den 22. September um 10.00 Uhr
Die Kombination ist ja nicht wirklich selten: Dringender Ausrüstungsbedarf und gleichzeitig ein vielleicht nicht ganz so prall gefülltes Portemonnaie. Wem das so geht, der darf sich den tapir-Flohmarkt nicht entgehen lassen. Gebrauchte Ausrüstung und Top-Sonderangebote. Und diesmal sind diese Sonderangebote sogar besonders interessant, denn es sind gleich 400 Marmot-Teile der Musterkollektion mit 50 % Rabatt im Angebot! Dazu tolle Atmosphäre, kompetente Ansprechpartner, leckere Suppen, Kinderbespaßung und vor allem die legendäre Versteigerung! Allein dieses Spektakel lohnt den Weg in den tapir allemal!
Aber auch wenn man selbst etwas verkaufen möchte, ist der Flohmarkt im tapir die beste Adresse weit und breit. Selbst verkaufen geht ebenso wie von den tapiren verkaufen lassen. Einfach in der Flohmarktwoche also von heute bis Donnerstag seine Sachen in den tapir bringen, fertig. Und schon ist die Ebbe im Geldbeutel nicht mehr ganz so groß und man hat auch einen Beitrag für die Umwelt geleistet. Denn Weiternutzen ist immer besser als wegwerfen!
Der tapir-Flohmarkt ist auf jeden Fall Leipzigs Ausrüstungsbasar Nummer 1
Olaf, es macht einfach Spaß, Dich zu kennen! Na, ein bissl Neid ist auch dabei. Ich gratuliere Dir wieder einmal zu dieser wunderschönen Bergfahrt. Da fällt mir ein: Das Glück hat nur der Tüchtige. Und ich füge hinzu: Und der Kluge, Zähe und Leidensfähige! Erhard
Danke Dir Erhard für diesen wohltuenden Kommentar und herzlichen Gruß
Großartige Fotos, tolle Eindrücke, Bergweh ^^