Der lange Versuch-Ein Rückblick
Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen und Jahresrückblicke sind gerade in Mode. Aber diejenigen, die diesen Blog lesen, würden sich bei einem Jahresrückblick vermutlich langweilen, weil sie ja alles im gerade verstreichenden Jahr hier schon einmal gelesen haben. Wer dennoch Lust darauf verspürt, der findet einen reich bebilderten Jahresrückblick in den Posts der vergangenen Tage bei mir auf der Facebookseite.
Außerdem wurde mein Rückblicksfocus gerade etwas weiter nach hinten verschoben, denn die Leipziger Volkszeitung bat zum Interview. Anlass ist die bemerkenswerte Tatsache, dass ich vor genau 20 Jahren meinen letzten Tag an der Tierklinik der UNI Leipzig hatte und seit dem als Nichtsnutz, Taugenichts und Tunichtgut mein Dasein friste, wie sich mal einer meiner potentiellen, mir offensichtlich nicht besonders wohlgesonnenen Schwiegerväter ausdrückte.
Unter anderem fand man bei der LVZ die Frage interessant, wie ein Mensch aus der Leipziger Tieflandsbucht, aufgewachsen als Kind von Flüchtlingen aus Ostpreußen in der Lutherstadt Wittenberg und gänzlich ohne „Berggene“, auf die Idee kommen konnte, Bergsteiger zu werden und auch noch allen Ernstes davon leben zu wollen. Eine verständliche Frage! Aber diese Idee hatte ich natürlich gar nicht.
Ich wollte ganz sicher nicht Bergsteiger werden und schon gar nicht davon leben. Schließlich war ich damals im Jahr 1998 Vierunddreißig. In einem Alter, im dem die Alpinisten-Vollprofis ihren Zenit langsam aber sicher zu überschreiten beginnen, wäre das auch völlig abwegig.
Aber es gab ein paar Träume, die noch aus einer Zeit stammten, da die Diktatur des Proletariats uns mit einem Eisernen Vorhang jegliche Hoffnung genommen hatte, jemals die Welt anschauen zu können. Ich konnte diese Träume nach der Wende nicht einfach so über den Haufen werfen, nur weil es viele um mich herum wesentlich naheliegender und klüger gefunden hätten, mit meiner privilegierten Ausbildung erst einmal Geld zu verdienen, um Häuser und Autos zu kaufen oder noch besser, mein am Horizont schon auftauchendes Alter abzusichern.
Wie hatten wir damit gehadert, eingesperrt zu sein! Und nun, da wir endlich raus konnten, wollte ich das auch unbedingt. Die Gelegenheit seinerzeit schien günstig, denn ich war unglücklich an der Uni. Doch meine Stelle sollte entfristet werden. Ich wusste, dass es niemand verstehen würde, wenn ich die Chance auf ein abgesichertes Leben an der Uni aus der Hand gäbe. Ich entschied mich trotzdem gegen eine akademische Karriere. Wäre die Entscheidung anders ausgefallen, schnitt ich vermutlich noch heute im anatomischen Präpariersaal formalinisierte Hunde auseinander.
Ich hatte in den acht Unijahren ein bisschen Geld gespart, das ich jetzt dafür ausgeben wollte, ein paar der ganz großen Berge zu besteigen und Kajak in Alaska zu fahren. Zwei Jahre gab ich mir dafür, höchstens drei. Nebenbei wollte ich versuchen, vielleicht mit Vorträgen ein bisschen Geld zu verdienen, um mein Aussteigerdasein womöglich noch ein wenig verlängern zu können. Dann wollte ich das wieder beenden, denn irgendwann ginge mir das Geld ganz sicher aus. Warum es dann anders kam und dieser Versuch gegenwärtig noch andauert? Das ist für mich bis heute eine Art Wunder. Und manchmal bereitet es mir immer noch schlaflose Nächte. Aber das ist ein anderes Thema.
Es kam anders, weil es immer mehr Leute gab, die in meine Vorträge kamen, die sich mir anvertrauten und sich von mir durch die Everest-Region, auf den Island- oder den Nirekha Peak führen ließen, die mit mir klettern gingen und meine Kalender und die Grußpostkarten meiner Expeditionen kauften. Weil es Menschen gab, die mich mit meinen Vorträgen für ihre Firmenveranstaltungen buchten, und weil es welche gibt, die mich und meine Projekte unterstützen, einfach nur, weil sie wollen, dass ich tun kann, was ich tun muss.
Anders kam es auch, weil Menschen sich für meine Projekte begeistern ließen, oder die mich begeisterten. Die mit mir aufbrachen und mir buchstäblich bis ans Ende der Welt folgten. Die mit mir durch dick und dünn gingen und die mich ertragen haben, wenn es mir schlecht ging oder auch zu gut. Ohne diese Partner, die immer wieder mit mir loszogen, wäre ich nichts.
Bei all diesen Menschen, wegen denen es so ganz anders kam, als ich vor 20 Jahren selbst in meinen kühnsten Träumen dachte, ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt, mich so sehr zu bedanken, wie man überhaupt kann.
Ich wünsche Euch allen da draußen ein friedvolles aber auch spannendes Neues Jahr mit aufregenden Erlebnissen möglichst in großartiger Natur.
Und mir wünsche ich, das Ihr mir so gewogen bleibt wie in den vergangenen 20 Jahren.
Herzlicher Gruß Euer Olaf Rieck
Lieber Olaf,
Vielen Dank für das Teilen Deiner Erfahrungen, Erlebnisse und Eindrücke.
Ich habe Dich schon länger unter viraler Beobachtung 😄 und sicherlich werden wir uns im kommenden Jahr auch mal persönlich kennenlernen, wenn Du mich in die (Kletter-) Geheimnisse des Elbsandstein einweihen sollst.
Grüße,
Daniel
Na das würde ich gern tun, denn im Elbsandstein zu klettern, ist immer noch meine Lieblingsbeschäftigung. Ich freue mich drauf. Herzliche Grüße und einen guten Rutsch in ein gesundes und spannendes Jahr!
Lieber Olaf
Danke für deinen Jahresrückblik.Dir und Janina ein gesundes Neues Jahr,und eine erfolgreiche Expedition 2019
in Pakisten.