Welche Sehnsucht?

Drei Wochen ist es her, seit ich aus Nepal zurück bin. Seitdem rast die Zeit wieder. Aber diesmal mit besonderer Geschwindigkeit. Nicht nur, dass in diesen drei Wochen drei Kletterevents im Elbsandstein mal eben 9 von den 21 Tagen in Anspruch nahmen. Unter anderen das Kennenlernwochenende mit unseren Pakistangästen und ein sehr effektives, individuelles Kletter-Coaching mit Alex und Maciej.

Maciej, Alex und ich auf dem Gipfel der Wehlnadel in Rathen.

Nach vier Wochen in Nepal muss ich am Schreibtisch erst einmal rasch den Kopf wieder über Wasser bekommen und die vielen liegen gebliebenen, „superdringenden“ Dinge erledigen. Außerdem hat just mit meiner Ankunft aus Nepal auch die heiße Phase der Vorbereitung auf unsere große Expedition nach Pakistan begonnen, mit dem schon erwähnten Kennenlernwochenende als Auftakt. Und gerade dieses wirklich wohltuende Wochenende, welches mir bestätigte, dass ich auf diesem großen und fordernden Unternehmen schon wieder Glück mit meinem Team haben werde, hat mich einmal mehr zum Nachdenken angeregt.

Mein Nirekha-Team, nicht zu vergessen Sven, der hier fotografiert, am Ziel ihrer Wünsche. Auf dem Gipfel des 6169 m hohen Nirekha mitten im Herzen der Everest-Region. Im Hintergrund Cho Aui, (li, 7350 m), Cho Oyu (Mitte, 8201 m) und rechts der höchste Siebentausender der Erde: Gyachung Kang (7952 m).

Soeben zurück von einer besonders anstrengenden Reise nach Nepal, voller Eindrücke und mit der nächsten großen Tour mit Gästen schon vor Augen, fragte ich mich, was die Menschen eigentlich antreibt. Welche Triebkräfte sind es, die meine Gäste dazu bringt, sich Strapazen auszusetzen, die sie bis an ihre Grenzen und manchmal auch darüber hinaus führen.

Das Pakistan-Begleittrekking-Team in den Affensteinen.

Manchmal scheint mir, als suchten die Menschen in den Bergen etwas, von dem sie meinen, es irgendwann vor langer Zeit verloren zu haben. Vermutlich werde ich nie dahinter kommen, um was es sich dabei genau handelt. Und höchstwahrscheinlich wird das für die verschiedenen Leute auch immer etwas anderes sein. Doch wurde ich mir in den Jahren immer sicherer, dass die Menschen, die mir folgen, irgendeiner rätselhaften, unstillbaren Sehnsucht hinterher laufen, die sich eben nicht so leicht in Worte fassen lässt. Ich selbst weiß das von mir am allerbesten. Welche Sehnsucht treibt mich an? Hinter der Antwort auf diese Frage jage ich ja schon seit 30 Jahren her.

Wir sind gerade aus der Häntzschelstiege ausgestiegen.

Was unser Pakistanprojekt anbelangt, gibt es viele gute Nachrichten und eine ganz schlechte. Die beste von den guten Nachrichten ist, dass sich die Sicherheitslage nach unseren Informationen deutlich verbessert hat. Indien und Pakistan haben aufgehört, zu schießen und sich gegenseitig zu drohen.

Seit dem 11. April läuft in Indien die größte je auf der Welt durchgeführte Wahl, die sich über mehrere Wochen hinziehen wird. Am 23. Mai soll sie beendet sein. 900 Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Premierminister Modi hat gute Chancen auf eine zweite Amtszeit. Deshalb ist nun wieder Ruhe eingekehrt, denn man konnte jetzt zur Realpolitik zurückkehren. Pakistan hat sogar begonnen, etwas für den Tourismus zu tun. Die Einreiseformalitäten wurden in den vergangenen Wochen deutlich entbürokratisiert. Leider kamen wir noch nicht in den Genuss dieser Erleichterungen.

Sven meistert die „Schlüsselstelle“ in der Häntzschelstiege. Schwindelfrei sollte man hier allerdings schon sein.

Die nächste gute Nachricht ist, dass uns neun Gäste begleiten. Ausgebucht sozusagen. Ich gebe es zu. Ich hatte gedacht, dass wir Schwierigkeiten haben werden, Leute für Pakistan und diese Tour zu begeistern. Aber ganz falsch gedacht. Und wenn man mal ehrlich ist, dann müssen wir alle akzeptieren, dass wir inzwischen in einer Zeit leben, wo einem auch in Norwegen, Neuseeland, Sri Lanka oder selbst in Berlin auf dem Weihnachtsmarkt von fanatischen Irren das Licht ausgeblasen werden kann. Das ist die gar nicht schöne neue Welt in der wir in Zukunft leben werden.

Laureen macht das Herumklettern in den Sächsischen Stiegen offensichtlich einen Heidenspaß.

Es hat sich da eine großartige Gruppe zusammengefunden, die viel Spaß miteinander haben wird. Gleich fünf unserer Gäste sind erfahrene Nepaltrekker. Stephan und Janina werden das vierte Mal mit mir unterwegs sein, Wolfgang das dritte, Holger, Simona und Katrin das zweite Mal. Eine solch erfahrene Gruppe hat mich überhaupt noch nie begleitet.

Die beiden besonderen Turmschönheiten im Bielatal: Die Große (vorn) und Kleine (hinten) Herkulessäule. Auf der Kleinen Säule sind gerade Wolfgang, Laureen und Jacob angekommen.

Doch die eine schlechte Nachricht wiegt besonders schwer. Urs, einer von uns vier Expeditionsteilnehmern, musste aus gesundheitlichen Gründen die Reise absagen. Und wer Urs und den Stand der Vorbereitungen kennt, der weiß, wie schlecht diese Nachricht wirklich ist. Wir jedenfalls drücken sehr die Daumen, dass alles wieder in Ordnung kommt und zwar so, als wäre nie etwas gewesen! Auf der Grußpostkarte wirst Du drauf bleiben, wir werden sie nicht neu drucken lassen, obwohl noch Zeit wäre. Denn in Gedanken wirst Du bei uns sein.

Urs 2013 auf dem Gipfel des Nirekha.

Wir anderen drei beschäftigen uns gerade mit den Mühen der Ebene, die bei einer solch großen Unternehmung ganz schön weitläufig und steinig sein kann. Ich beschäftige mich derzeit mit Expeditionsmedizin und der Medikamentenbesorgung. Wir brauchen eine gute Apotheke. Listen mit den täglichen Rationen in unseren drei Hochlagern kursieren und werden diskutiert, ebenso Ausrüstungslisten. Man könnte denken, dass diesbezüglich alles schon mal da gewesen ist. Aber das stimmt nicht. Jede Expedition ist anders. Und dann kommt irgendwann auch das große Packen an die Reihe. Es wird an dieser Stelle schon noch das ein oder andere zu berichten geben, bevor es dann in nur noch wenigen Wochen losgeht.

Ganz zum Schluss wollte ich noch einmal an unsere Grußpostkartenaktion erinnern und mich bei den vielen Unterstützern, die bislang schon eine solche Karte bestellt haben, bedanken. Ohne Ihre Unterstützung können wir es nicht schaffen, unsere Expedition zu finanzieren. Und leider ist sie das auch noch nicht. Deshalb möchten wir alle herzlich bitten, uns mit dem Kauf dieser Grußpostkarte zu helfen. Wenn Sie 7,- € oder gern auch mehr auf unser Expeditionskonto einzahlen, erhalten Sie die von den Expeditionsteilnehmern handsignierte Karte aus dem Basislager des Hidden Peak zugesandt.

Sparkasse Leipzig, Empfänger: Dr. Olaf Rieck

IBAN: DE27 8605 5592 1800 8330 47
BIC: WELADE8LXXX

Verwendungszweck: Ihren Namen und Ihre Adresse (Das ist besonders wichtig, weil wir sonst nicht wissen können, wohin die Karte geschickt werden soll)

Wenn Sie möchten, dass wir die Karte an Freunde oder Verwandte senden, dann muss deren Adresse unter Verwendungszweck erscheinen.

Vielen Dank für Ihre Hilfe!

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3 Antworten

  1. Karen sagt:

    Hallo Olaf,
    mir kam eben ein Impuls auf deinen Beitrag.
    Vielleicht ist es nicht auf einem Berg zu finden, was ihr sucht auch wenn es herausfordernd ist, nach Abenteuer klingt und für viele eine statuserhöhende besondere Geschichte in der eigenen Vita bedeutet, womit man sich wieder ein Stück besser machen kann (ich hab da jemanden vor Augen, der für eine Breite Masse steht)
    Was mir aber nach jahrelangen Gedanken uber eben dieses Thema hierbei einfiel….
    Es ist in meinen Augen die tiefe Sehnsucht nach einem Ankommen, nach innerer Heimat nach Geborgenheit und einer TIEFER VERBUNDENHEIT mit ALLEM Lebendigen, wonach der heutige moderne Mensch sich so sehnt und sucht.
    … und das im Aussen wie paradox!
    Das jedenfalls fühlt sich für mich sehr stimmig an. Wir sind verstossene, weil schon unsere Eltern keine Wurzeln mehr hatten, wir sind dafür vollgestopft mit Materiellem, sind zuuuu satt und dadurch vom Kern entfernt, abgehoben. Viele unserervtechnischen Entwicklungen, politische und wirtschaftliche Strukturen sind weit weg davon dem Menschen nur die Arbeit und Alltag zu erlleichtern, vieles wird entwickelt ohne eine Ethik, die das zu bewahrende große Ganze sieht,… somit treiben wir immer weiter weg vom Menschsein, haltlos fliegend, wie im All… wir haben vor lauter „höher 😉, schneller, weiter“ unsere Wurzeln gekappt und damit unseren inneren Frieden… die Folge sehen wir am Wahnsinn der Welt… Depressionen, Krebs, besonders in den zivilen Gesellschaften,… Gewalt und Terror dort wo Welten aufeinander treffen, weil wir uns immer getrennt sehen, weil die ANDEREN, so furchtbar anders sind…
    unser aller Wurzeln sind wie die der Bäume ohne Farbe, sind vernetzt und kommunizierten einst… Wir sind heute als Menschen isoliert, isoliert oft schon innerlich von der eigenen Mutter, von Natur und ihren Zusammenhängen, die ebenso für uns gelten, wie sollen daraus gesunde Gedanken, Handlungen, eine gesunde Welt erwachsen?
    Wir haben aufgehört zu staunen über das jeweils ANDERE, ob Mann und Frau oder die Natur in ihrer Vielfalt,…dadurch verstehen wir uns nicht mehr, zerstören wir, wird unser Herz kalt und eng…. viele gehen zwar mit Dir und empfinden es als vom Kopfe her großartig (was ich als eine Reaktion des Egos bezeichnen würde, sonst waren sie nachhaltig zufriedener)
    Was nicht oft gelinkt, ist diese Grossartigkeit in seinen Alltag, die Heimat und den Blick auf das ganz Einfache zu übertragen… es geht dann leider weiter, wie davor, somit ist mit so einem aufwendigen Trip selten die Erkenntnis verbunden, das es einfach sein darf und das es an jedem von uns liegt die Sehnsucht nach Liebe und Verbundenheit im Alltag aufzuspüren und zu realisieren!
    Viel Glück trotzdem auf allen Touren, vielleicht findet ihr im „weit weg“ ja doch auch ein Stück von dem was ihr so sucht! 😘

    • Olaf Rieck sagt:

      Hallo Karen,

      danke für Deinen Kommentar. Leider verstehe ich die ein oder andere Passage nicht. Was ich aber sehr gut verstehe, ist Deine Ansicht, dass uns alle irgendwie die Sehnsucht nach „einem Ankommen, nach innerer Heimat, nach Geborgenheit und einer tiefen Verbundenheit mit allem Lebendigen“ vereint. Da ist viel Wahres dran. Und bei mir kommt dann noch eine große Freunde am Draußensein und dem intensiven Lebensgefühl beim Klettern und Bergsteigen dazu.

  2. AdPoint GmbH sagt:

    Hallo,
    das ist ein interessanter Beitrag. Nepal ist definitiv eine Reise wert.

    Freundliche Grüße

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