Schätzen lernen

Wir sind heute in Skardu angekommen. Wir haben Cola getrunken und eine unfassbar leckere Zuckermelone gegessen. Wir haben uns geduscht, frische Wäsche angezogen und riechen wieder richtig gut. Wir schlafen in einem Bett. Wir bekommen keinen Durchfall mehr. Wir sind 3000 Höhenmeter abgestiegen und fühlen uns fast wie neugeboren. Und wir sehen auch so aus, also ich mindestens zehn Jahre jünger als noch vor einer Woche.

Und ich bin wirklich froh, nicht als Mädchen in Pakistan geboren worden zu sein!

Meine Heimat für 35 Tage. Ich hatte es recht gemütlich mit Terrasse Vordach und allem drum und dran.

Fast alles ist bei unserem Basislagerwechsel zumindest bis hierher wie am Schnürchen gelaufen. Pünktlich wie angekündigt trafen am Abend des 26. Juli die Maultiere im Basecamp des Hidden Peaks ein. Nach einem vielstündigen Auflademarathon am nächsten Tag sind wir dann am Ende im Dunkeln und bei strömenden Regen noch bis Concordia gekommen.

Mittagspause im strömenden Regen und das in 5000 m Höhe auf dem Weg zum Concordiaplatz.

Normalerweise sind es acht Tagesetappen vom Basislager der beiden Gasherbrums bis nach Askole. Wir sind sie in viereinhalb gelaufen und haben uns dabei sogar noch erholt. Die ersten drei Tage hat es geregnet, aber das war mir auch recht. Brennt jetzt Anfang August die Sonne von einem wolkenlosen Himmel, wird das schnell fast unerträglich. Dann lieber alles grau in grau und meinetwegen auch Regen.

Es sind die tapfersten Tiere der Welt. Und Hochleistungssportler außerdem!

Die Helden dieses Abstiegs waren diesmal unsere Maultiere. Ich bin ja mal aus Tierliebe in meinem früheren Leben Tierarzt gewesen. Da ist der Anblick, der sich auf den endlosen Geröllfeldern des über 60 Kilometer langen Baltorogletschers quälenden, oft überladenen Tiere schwer zu ertragen. Das einzige, was tröstet, ist, dass sie erstens zu hochtrainierten Spezialisten geworden sind, wenn sie ihre ersten Trips in die Basislager überlebt haben. Und dass sie zweitens diese Tortur nur vier Monate im Jahr aushalten müssen. Acht haben sie frei.

Und das sind die beiden Herren unserer Küche: Noor (li) und Sarfraz (re) beim aufwendigsten Geschäft, dem Brotbacken.

Die anderen Helden dieses Zwischenspiels sind Sarfraz, unser unermüdlicher und extrem fleißiger Koch und Khush Noor, sein Gehilfe. Im Basislager ist es nur die Kocherei, die dennoch schwierig, teilweise sehr unangenehm und unbequem ist. Den ganzen Tag vor dem nach Kerosin stinkenden Kocherungetüm zu sitzen, ist alles andere als lustig.

Am wenigsten erquicklich war es für die beiden immer dann, wenn wir wie bei jedem Aufstieg in die Hochlager gern um 2.00 Uhr morgens frühstücken wollten. Trotzdem stand das Frühstück immer minutenpünktlich auf dem Tisch.

Weg ist Küche, Messzelt und das ganze Basislager. Das dauert keine halbe Stunde. Die beiden sind ein perfekt eingespieltes Team.

Doch auf dem Trek kommt der Ab- und am Abend der Aufbau des Lagers noch dazu. Und das machen die Jungs mit einer Geschwindigkeit und Präzision, dass rasch klar war, dass unsere linkische Hilfe nur bremsen würde.

Nun wollen wir so rasch wie möglich ins Laila-Peak-Basislager. Doch es stockt gerade. Wir sind nicht wie geplant gestern noch mit den Jeeps hierher nach Skardu gefahren. Unsere Maultiere hätten am letzten Tag deutlich schneller laufen müssen.

Vom Ende des Baltorogletschers bis fast nach Skardu geht es zuerst zu Fuß dann mit dem Jeep immer am Braldo, dem Schmelzwasserfluss von Baltoro und Biafo, entlang. Und da fällt man besser nicht hinein. Ich habe noch nie einen gewalttätigeren Fluss gesehen.

Außerdem wird es notwendig sein, morgen noch einen Tag in Skardu zu verbringen. Zahid Karim, unser Basislagermanager und Sarfraz müssen neue Lebensmittel kaufen und auch sonst das ein oder andere organisieren. Zum Beispiel müssen ja Träger in Hushe auf uns warten.

Dorthin brechen wir übermorgen auf und werden von dort aus versuchen, in einem Tag das Basislager zu erreichen. Von der Strecke her ist das sicher machbar. Aber ich kann mir das trotzdem nicht vorstellen, weil das Prozedere des Lastenverteilens auf die Träger immer viele Stunden in Anspruch nimmt.

Bei der Jeepfahrt heute war wieder alles dabei. An einer weggespülten „Straßen“stelle konnten die Jeeps nur noch drübergezogen bzw. -geschoben werden.

Sind wir am Laila Peak angekommen, gibt es demnach zweifellos wieder eine Menge zu berichten. Zum Beispiel wie der Berg aussieht. Darauf bin ich ja logischerweise maßlos gespannt.

Zum Schluss muss noch eine wichtige Sache erwähnt werden, die wir eben nicht vergessen haben, und so vergesse ich sie auch an dieser Stelle nicht. Jacob hat Geburtstag!

Er ist heute die Hauptperson, und das hat er sich verdient, obwohl er noch nicht einmal 30 wird 🙂

Jacob macht immer gerne ausdrucksvolle Selbstportraits! Für dieses habe ich seine Freigabe.

Was ich auf dieser Tour, die ja meine dritte große Reise mit ihm ist, einmal mehr schätzen gelernt habe, ist Jacobs Hilfsbereitschaft, seine Umsicht, seine Zurückhaltung und vor allem anderen sein anhaltend kulturvoller Umgang mit uns beiden anderen. So etwas leidet in aller Regel in einer Gruppe mit drei Kerlen, die nun schon mehr als anderthalb Monate jeden Tag 16 bis 18 oder in den Hochlagern im Zelt zusammengedrängt wie die Sardinen sogar 24 Stunden beisammen sind.

Ihm wünsche ich ganz viele Sachen für das neue Lebensjahr, die ich ihm heute schon persönlich gesagt habe. Mir wünsche ich noch viele gemeinsame Abenteuer mit einem der wohltuendsten Expeditionspartner die ich je hatte.

Herzlichen Glückwünsch Jacob!

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9 Antworten

  1. Veronica sagt:

    Auch von mir: herzlichen Glückwunsch Jacob! Und euch drei auch am Laila Peak viel Erfolg!

  2. Andreas sagt:

    Euch allen 3 viel Erfolg auf / mit dem Laila Peak. Die Reihenfolge ist nun doch kurios… lol. (P.S.: Die Info mit dem Durchfall „beruhigte“ gerade mich, weil ich jenen von Paju im Aufstieg BIS zurück nach Berlin hatte – als einziger aus meinem 8köpfigen Team übrigens). Nochmals alles Gute!

  3. Holger Weigelt sagt:

    Auch von uns Herzlichen Glückwunsch Jacob!
    Holger und Hildegard
    PS: Was hat dir denn der „dicke Sveni“ geschenkt?

  4. Der Aussteiger Berlin/Potsdam/Kapstadt sagt:

    Lieber Jacob,
    Deine Aussteiger aus Berlin, Potsdam und Kapstadt wünschen Alles Gute zum Geburtstag und vor allem viel Glück im neuen Lebensjahr! Starte es in großer Höhe und erreiche neue Höhen 🙂
    All the best..
    P.S. Letzteres gilt selbstredend auch der Crew, die mit Dir unterwegs ist…

  5. Lars Neubert sagt:

    Ich verfolge die überaus spannenden Berichte schon eine ganze Weile und lese sie immer voller Spannung und Faszination. Ich wünsche Euch weiterhin gutes Gelingen bei eurem Vorhaben und natürlich Jakob alles Gute zum Geburtstag.
    Liebe Grüße aus dem Erzgebirge. 🙂

  6. Stephan Seifert sagt:

    Dir, Jacob, die herzlichsten Glückwünsche aus Leipzig.

    Und Euch eine erfolgreiche Tour zum Laila Peak und viel Glück. Und beste Grüße an Eure drei Begleiter.

    Viele Grüße von Petra & Stephan

  7. Ludwig sagt:

    Es ist schön zu hören, dass ihr gut nach Skardu gekommen seid und kurz die Annehmlichkeiten der Zivilisation genießen konntet. Auch auf diesem Wege Jacob herzlichen Glückwunsch und dann werden euch dreien nochmal ganz fest die Daumen gedrückt für den anderen Berg!

  8. Ludwig sagt:

    Jacob, von mir alles gesegnete nachträglich zum Geburtstag!

    Weiterhin viel Erfolg bei den anstrengenden Auf- und Abstiegen und genieße die Momente der Freiheit auf den Gipfeln!

    peace Ludwig 🙂

  9. Thomas Schmidt sagt:

    Alles Gute zu deinem Geburtstag, Jacob + ganz viel Spaß noch, dort wo ihr seid…

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