Holzberg – Eskalation

Es ist schwer, Naturräume zu finden, wo Mensch und Natur im Einklang miteinander sind. Doch wir Kletterer konnten bis gestern sogar ein ganz besonders beeindruckendes Beispiel dafür vorzeigen. Im Holzberg bei Böhlitz ist in den vergangenen 15 Jahren ein kleines Naturparadies mit einer verblüffenden Artenvielfalt entstanden. Und das obwohl Kletterer aus ganz Mitteldeutschland den Holzberg intensiv für ihren Sport genutzt haben. In einem umfassenden faunistischen Gutachten wird festgestellt:

“Der Steinbruch Holzberg bietet mit seiner Strukturvielfalt und seinem vielfältigen Mosaik unterschiedlichster Biotope auf kleinem Raum für viele Artengruppen einen Hotspot in der Region. Im Rahmen der Sonderuntersuchungen wurden 10 Fledermausarten, 5 Amphibien- und 5 Reptilienarten, 47 Vogelarten und 21 Tagfalterarten nachgewiesen.

Der Holzberg am ersten Tag dieses Jahres. Blickrichtung ist nach Süden.

Das Gutachten geht sogar davon aus, dass “der ehemalige Steinbruch insgesamt als ein relativ ungestörter Lebensraum angesehen werden kann.”

Seit gestern ist es uns Kletterern bei Strafandrohung nun vom Eigentümer, der Firma KAFRIL, verboten worden, im Holzberg unseren Sport zu betreiben. Dieses beispielhafte Miteinander von Mensch und Natur soll es dort nach dem Willen des Eigentümers ab sofort nicht mehr geben.

Wie ist nun der gegenwärtige Stand der Dinge:

2018 hat die Firma KAFRIL den Holzberg mit dem Ziel gekauft, dort Erdaushub und Bauschutt zu verklappen. Ein Sonderbetriebsplan aus dem Jahr 1997 sah die Wiederherstellung des Ausgangszustandes vor dem Gesteinsabbau vor. Da es als unwahrscheinlich angesehen wurde, dass eine solche vollständige Verfüllung unter Umweltaspekten genehmigungsfähig ist, wurde am 18. Februar 2020 durch KAFRIL beim Umweltamt des Landkreises Leipzig ein Antrag auf Ausnahme von Verboten gestellt. Denn, wie der Name des Antrages schon mitteilt, ist es nach dem deutschen Bundesnaturschutzgesetz verboten, Lebensräume von teilweise sogar streng geschützten Arten mit Schutt zu zuschütten.

Der Holzberg aus der Vogelperspektive aufgenommen am 23. Mai 2019.

Die BUND-Ortsgruppe Böhlitz hat in einer UiG-Anfrage die Einsicht in diesen Antrag gefordert und sie vor wenigen Tagen endlich auch erhalten. (UiG = Umweltinformationsgesetz) Wer diesen Antrag einsehen möchte, findet ihn HIER!

In diesem Antrag nun wird eine Teilverfüllung angestrebt. Gleichzeitig soll es Kompensationsmaßnahmen geben: Ausgleichsflächen sollen zur Verfügung gestellt, Ersatzhabitate geschaffen, Tiere, vor allem Reptilien, umgesiedelt werden. Man muss kein Umweltexperte sein, um den Wert dieser Maßnahmen einschätzen zu können. Es bleibt nach wie vor eine Tatsache, dass der Holzberg und seine Biotope zerstört würden, wenn dort Kipper reindonnern und Schutt verklappen. Just in diesem Moment ist es ganz sicher vorbei mit dem „relativ ungestörten Lebensraum“.

Hier erkennt man den Plan von KAFRIL. Für eine größere Ansicht bitte auf das Bild klicken. Ausführlichere Informationen gibt es HIER.

Wir Kletterer sind nun vor allem die Leidtragenden dieser ganzen Problematik. Gestern hat die Firma KAFRIL den Vertrag zur Nutzung des Klettergebietes Holzberg mit der Leipziger Sektion des DAV „aus wichtigem Grund“ aufgekündigt.

Zwar wussten wir alle von Anfang an, dass dieses Damoklesschwert des Kletterverbots über den großartigen gelb-schwarzen Porphyrwänden des Holzberges hängt. Trotzdem habe ich mich ganz bewusst und sehr vehement seit Bekanntwerden der Pläne von KAFRIL dafür eingesetzt, dass wir eben nicht unsere Interessen in den Vordergrund stellen sondern die der Tiere und Pflanzen, die sich im Holzberg Lebensraum zurückerobert haben. Aber ich hätte dennoch nicht erwartet, dass KAFRIL so reagiert.

Ich klettere mit schweren Bergschuhen „Schmalspur“ im Sektor Valentinstag. In diesem Sektor befinden sich einige der schönsten Kletterrouten in ganz Mitteldeutschland!! (Foto: Janina Graeber)

Ich bin vor allem entsetzt und sehr traurig darüber, dass die Firma KAFRIL sich tatsächlich dazu hinreißen lässt, ohne Grund den Nutzungsvertrag zu kündigen und damit ein Kletterverbot für den Holzberg auszusprechen. Und dann auch noch jetzt, wo wir uns wegen der Kontakteinschränkungen nicht alle gemeinsam dagegen wehren können.

Jedem ist klar, dass dies eine Vergeltungsmaßnahme für unser Engagement bei der Rettung des Holzberges als Biotopverbund ist. Das ist umso trauriger, da wir Kletterer immer auch die Interessen von KAFRIL im Blick hatten, uns intensiv um Ersatzstandorte bemüht haben und auch das Gespräch mit der Firma suchten. Das sollten wir übrigens auch weiter tun.

Treffen der Holzbergfreunde Gerald Krug, Chef der IG Klettern Halle/Löbejün (li.) und Lutz Zybell, Chef des Landesverbandes Sachsen des DAV (re.) am 18. September 2019 mit dem Chef von KAFRIL, Herrn Karnahl (Mitte).

Doch ganz besonders sollten wir eines auch in der gegenwärtigen Situation nicht aus den Augen verlieren: Die Rettung des Holzberges vor der Verfüllung! Der Holzberg kann sich nicht selbst schützen. Das müssen wir selbstverständlich weiterhin für ihn tun, auch wenn wir gegenwärtig dort nicht mehr klettern dürfen.

 

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6 Antworten

  1. Uwe Mildner sagt:

    Danke für dieses kompetente Engagement zum Schutz des Holzberges und dieser Kletteroase in Mitteldeutschland. Ich habe ihn sehr gut in Erinnerung.

  2. Nicht aufgeben, kämpfen! Wer nicht kämpft, hat schon verloren, das sagte mein alter Kletterlehrer, der „Quackenebi“ als ich im „Alten Weg“ am Totenkopf aufgeben wollte. Nun, ich war damals doch noch auf dem Gipfel.

  3. Wolfgang sagt:

    Nun ja. Weiter kämpfen, auf alle Fälle. Leider kämpft für den wertvollen Leipziger Auwald der Verein NUKLA.de seit 2011 allein.

  4. Matthias sagt:

    Einfach das ganze Ding kaufen…was kostet das?
    Jeder spendet was….

    • Max Müller sagt:

      Die Kosten hierfür, den Willen des Eigentümers mal vorausgesetzt, dürften weit über dem liegen, was die Community leisten könnte, es sei denn, man hat haben einen spendablen Mäzen unter ihnen. Mal davon abgesehen, dass der DAV Vertragspartner war – frage ich mich, war er (bzw. dessen „Funktionäre“) der/die richtige(n) Gesprächspartner für KAFRIL? Wohl oder übel…sieht so aus, als ist das Klettern dort Geschichte. Vielleicht kommt man über den Naturschutz an einen Erhalt…aber da darf man gespannt sein, wer sich das Kostenrisiko eines Prozesses aufschultert, denn anders dürfte es wohl kaum Aussicht auf Erfolg haben.

  5. Marek sagt:

    Super Engagement! Lieben Dank! Wenn ich die These von max Müller fortspinne müssten BUND und NABU anstrengen, einstweilige Verfügung erwirken, und das Ganze mal über viele Medien / viral bekannt machen. Wenn es so wäre, dass KAFRIL für Umweltverschmutzung und – zerstörung verantwortlich ist wären sie evtl. aiuch von öff. Ausschreibungen befristet auszuschließen.

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