Ferngespräch nach Darmstadt
Wenn ich im Himalaya mit meinen Gästen unterwegs bin, fasziniert mich immer wieder aufs Neue: Irgendwann übernehmen der Rhythmus der Tage, das Wetter, die ganz profanen Bedürfnisse wie zum Beispiel ein ruhiges Örtchen zum Telefonieren und die alles bestimmenden momentanen Befindlichkeiten das Kommando.
Telefonieren? So nennen wir das, wenn wir auf dem Weg mal ausscheren müssen, um hinter einem großen Stein zu verschwinden. Gerade heute dauerte es bei einem von uns besonders lange, und wir mussten warten. Als derjenige wieder hinter seinem Stein zum Vorschein kam, entschuldigte er sich, ohne eine Sekunde zu überlegen: Es sei leider ein Ferngespräch nach Darmstadt gewesen.
Und die alles bestimmenden Befindlichkeiten sind die wirklich wichtigen Dinge, die uns Tag für Tag beschäftigen: Wie haben wir geschlafen? Haben wir irgendwelche Probleme wie zum Beispiel Kopfschmerzen? Wie lang ist der heutige Weg? Wie viele Höhenmeter müssen wir aufsteigen? Ist mit der Verdauung alles in Ordnung? Haben wir Hunger oder Durst? Was essen und trinken wir?
Alles andere verliert zunehmend an Bedeutung. Und das ist auch gut so, denn nur so wird Abschalten, das Nachdenken über sein Leben in der Ebene und vielleicht sogar eine neue Perspektive auf die Herausforderungen und Ängste, die uns zu Hause den Schlaf rauben, überhaupt erst möglich.
Beim Essen müssen wir uns womöglich noch einen Moment aufhalten, so wichtig wie das hier ist. Treffen wir in einer Lodge ein, so ist die Bestellung unseres Abendessens das erste, was wir tun. So geben wir der Sherpani oder dem Sherpa in der Küche genug Zeit, tatsächlich rechtzeitig mit dem Essen fertig zu sein ohne übermäßig Stress mit uns und unseren Wünschen zu bekommen.
Fast immer essen wir alle das Gleiche. Auch das hilft dem Koch. Je weniger verschiedene Gerichte er oder sie zubereiten muss, desto weniger Aufwand hat die Küche. Und da es hier vor allem Reis, Kartoffeln oder Nudeln in verschiedenen Darreichungformen gibt, fällt uns das auch nicht besonders schwer.
Beim Frühstück ist das wesentlich einfacher. Alles ist aus Mehl gemacht: Chapatis, Pancakes, Tibetan Bread oder Toast. Da drauf gibt es dann Honig, Marmelade oder Butter und bei mir oft Knoblauch. Das hilft gegen alles. Zumeist aber krönen ein Omlett oder Spiegeleier die Chapatis.
Wenn das mit dem Cholesterin und den Eiern tatsächlich stimmt, müsste ich schon längst die Radieschen von unten angucken, weil zwei bis vier Eier täglich hier ganz normal sind. Und wie erwähnt, habe ich schon fünf Jahre meines Lebens in Nepal verbracht. Übrigens gibt es hier oben kein einziges Huhn, aber Eier kann man gut tragen.
Doch nun zu den wichtigen Dingen der letzten Tage.
Wir sind im Imja Tal, dem schönsten in der Khumburegion, zumindest nach meiner Ansicht. Die momentane Verteilung der Trekkingtouristen spiegelt diese Meinung mitnichten wieder. 80-90 Prozent der Trekker tummeln sich ausschließlich im Khumbutal. Das Basislager und der Kalar Pattar sind die prestigeträchtigen Ziele. Die Fotos von dort sind es, die sich am besten auf Instagram machen.
Wir wollten im Imjatal vor allem der gewaltigsten Felsmauer der Erde, der Südwand von Nuptse, Lhotse, Lhotse Shar, Peak 38 und Shartse möglichst nahe kommen. Dazu besteigt man hier am besten den Chukhung Ri. Dort oben auf 5546 m Höhe steht man dieser Megawand Auge in Auge gegenüber. Fast 20 Kilometer ist sie breit und zwischen 3000 und 3500 m hoch. Das sind ungefähr zweieinhalb Eigernordwände übereinander. Es gibt nichts vergleichbares auf der ganzen Welt.
Noch am Tag unserer Ankunft im 4750 m hoch gelegenen Chukhung sind Jan, Ronny, Sabine und Luisa auf den Berg gestiegen. Aber leider hatten wir nicht so viel Glück wie am Kalar Pattar. Der Lhotse hüllte sich in dichte Wolken. Trotzdem war es ein unvergessliches Erlebnis.
Am Mittwoch (23.03.) stand ein langer Spaziergang zum Basislager des Island Peaks auf dem Programm. Ronny, der 2008 auf dem Gipfel stand, war besonders angetan von der Möglichkeit, noch einmal an den Fuß „seines“ großen Berges zurückzukehren.
Das Basiscamp war besetzt. Mehrere Agenturen warten dort in fest etablierten Lagern auf die ambitionierten Gäste. Ich traf hier einen alten Bekannten wieder und so bekamen wir in einer echten Basislagerküche Kekse und Tee gereicht.
Ab heute (24.3.) geht es nun unweigerlich abwärts Richtung Heimat. Drei Wochen Trekking mitten in der linken Herzkammer des Hohen Himalayas neigen sich dem Ende zu. Aber noch ist es nicht soweit. Einige Abenteuer stehen uns wohl unweigerlich noch bevor. Da ist der Rückflug von Lukla nach Kathmandu, der auch gerne mal wegen schlechten Wetters ausfällt und der unvermeidliche Test.
Es bleibt also spannend!
Gute Heimreise und noch ein paar schöne Resttage in KTM…
Hallo an Alle. …Es freut uns immer kleine Einblicke mit anzusehen.Alle gesund und Wetter ist euch hold und weiterhin schöne Eindrücke bei der Heimkehr.Viele Grüße an Wolfgang…..
Vielen Dank für die tollen Einblicke in eure Tour. Habe immer auf Neue Berichte gewartet. Mein Mann Jan ist mit auf der Tour! Deine Reisebeschreibung gibt auch mir die Möglichkeit ein ganz klein wenig in diese Region einzutauchen.Ich wünsche euch einen pünktliche Abflug.Liebe Grüße aus dem Frühling in Deutschland