Nepal ist nicht die Schweiz
Untertitel: Heimwärts geht der Ochs am schnellsten. -„Nepal ist nicht die Schweiz.“, sagte Olaf bei unserer ersten Begegnung mit ernstem Blick. Und ich? Ich schaute zurück wie ein Tibetanischer Grunzochse, wenns donnert.
Tibetanische Grunzochsen (Yaks) sind inzwischen eine fester Bestandteil unseres Wortschatzes geworden. Morgens sagt eines unserer Gruppenmitglieder schmunzelnd „Jeder (Grunz)ochse an seinen Platz.“, womit er anregt, dass die Schnellgeher sich vor den Vielfotografierern und den Landschaftsgenießern einordnen sollen. Ich habe nach drei Wochen Trekking ohne Pinzette inzwischen Augenbrauen wie ein Yak, und beim abendlichen Kartenspiel ermitteln wir, welcher Großviehbesitzer die größte Herde an Tibetanischen Grunzochsen hütet. (Wir spielen „6 nimmt“ / „Hornochse“)
In den letzten Wochen haben wir uns alle – freiwillig oder unfreiwillig – besser kennen gelernt. Denn bei den papierdünnen Wänden der Lodges bleibt kein Schnarchen und kein Telefonat verborgen. Wir sitzen abends alle gemeinsam im einzigen geheizten Raum des Hauses und fluchen alle gemeinsam, wenn es in die (eiskalten) Schlafzimmer geht.
Nepal ist eben nicht die Schweiz. Zimmer mit eigenem Bad, Almdudler und WLAN sucht man hier meist vergebens. Alle paar Meter eine Hütte, Bergstation, Wegweiser, Stangen, Stahlseile? Fehlanzeige. (Auch wenn einige (schweizer) Agenturen gerade versuchen, das zu ändern…)
Aber das ist ein großes Glück, denn nur so können wir uns der Bergwelt um uns herum wirklich nahe fühlen. Das Khumbu ist anders als alles, was ich aus Europa kenne. Es ist magisch, es ist wild, alles hier ist größer, schöner, einzigartiger.
Die Wege sind uneben, mal staubig, mal schlammig, mal vereist. Eine Abbruchkante oder geschmolzenes Eis verändern plötzlich den Verlauf des Weges und zwingen uns, einen neuen Weg zu suchen.
An manchen Stellen wird der Weg von Bächen überspült und wer keine festen Wanderschuhe trägt, bezahlt schonmal mit nassen Füßen. Lange Hängebrücken und Manisteine mit eingemeißelten Segenssprüchen verschandeln das Bild nicht, sondern fügen sich fast natürlich in die Landschaft ein.
Wir sind den ganzen Tag umgeben von Himalayariesen und sehen ein Naturwunder nach dem anderen: Grüne Flechten in den Bäumen, die nur dort wachsen können, wo die Luftqualität perfekt ist. Brandgänse, die auf einem See landen, der eigentlich eingefroren sein sollte, so wie sein Zufluss und die Massen an Schnee und Eis um ihn herum es sind. Oder Eisfälle, die rau und schroff aussehen und sich dann so glatt und fast weich anfühlen, dass man sie streicheln möchte.
Und nicht zu vergessen: wunderschöne Berge und Gipfel, die von unten unerreichbar scheinen – bis man nach harter Arbeit plötzlich oben steht und mit einem unvergleichlichen Glücksgefühl und den großartigsten Ausblicken belohnt wird.
In den letzten Tagen geht es abwärts und damit auch heimwärts.
Von Chukhung sind wir nach Tengboche abgestiegen (24.03.), wo es die Gelegenheit gab, eine der größten und wichtigsten Klosteranlagen der Region zu besichtigen. Leider hat hier Ende der achtziger Jahre ein Brand gewütet, der einen Großteil der Gebäudestruktur und – viel schlimmer – auch gerettete tibetanische Kulturschätze zerstört hat. Das hat die Bedeutung der Anlage für Einheimische wie Touristen verringert; nichtsdestotrotz freuen wir uns, einen Blick hinein werfen zu dürfen.
Von Tengboche ging es gestern nach Namche (25.03.). Hier ruhen wir uns nun einen Tag aus, genießen den Kuchen in der örtlichen Bakery und der ein oder andere hat mit einem Großeinkauf im Souvenirladen von Olafs Freundin Lakpa ein ernstes Übergepäckproblem produziert.
Während die Luft in Namche uns bei unserer Ankunft ziemlich dünn erschien und das Atmen mit jedem neuen Aufstieg schwerer wurde, wirkt sie jetzt (Sauerstoff-)satt und reichhaltig. Aber es sind auch noch andere Veränderungen deutlich spürbar geworden: Das stoische Gehen und stumme Sinnieren ist auf dem letzten Abschnitt unserer Trekkingtour einer wehmütigen Stimmung gewichen: Abschied vom Chukhung Ri und der Lhotse-Südwand, ein letztes Foto von der Ama Dablam, ein letzter Blick auf den Mount Everest.
Gleichzeitig sind wir bei unserem Abstieg immer mehr Touristenströmen begegnet. Ob wir auch planen, ins Everest Base Camp zu gehen? (Da waren wir schon.) Wann wir nachts aufstehen, um den Kalar Pattar zu besteigen? (Gar nicht, denn es ist viel besser, ihn nachmittags zu besteigen.) Warum wir alle das Gleiche zum Abendessen haben? (Weil es dann schneller geht und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass man pünktlich essen kann.) Ob wir auch solche Probleme mit der Höhe haben? (Nein, niemand, weil wir genug Zeit hatten, uns zu akklimatisieren.)
Diese Gespräche zeigen uns sehr deutlich, wie goldrichtig die Wahl unseres Guides war. Mit Olafs jahrelanger Erfahrung haben wir die typischen „Touristenfehler“ vermieden, sein 4-wöchiges Reisekonzept erspart uns die Höhenkrankheit und sein Freund und Co-Guide Te Kumar ist ein wunderbarer Mensch und der Grund, warum wir uns nicht im Gänsemarsch den Berg hoch quälen müssen, denn mit zwei Guides kann jeder sein eigenes Tempo gehen.
Seine Freunde empfangen uns überall mit offenen Armen, und er hat es geschafft, dass wir während unserer Reise mehr Einheimische als Touristen kennen lernen durften. Das erklärt dann wohl auch, warum einige von uns nicht zum ersten Mal dabei sind, sondern zum dritten oder zum fünften Mal.
Aber auch dieses dritte oder fünfte Mal neigt sich leider dem Ende zu. Morgen (27.03.) laufen wir nach Lukla, um dann am Montag (28.03.) den Bergen ein letztes Lebenwohl zu sagen – vom vielleicht spektakulärsten Flug aus, den man erleben kann.
Mal sehen, ob die Kulturschätze, die Gassen und die Menschen von Kathmandu, die wir in den nächsten vier Tagen bis zu unserem endgültigen Rückflug am Freitag (01.04.) sehen und treffen werden, dagegen ankommen – oder ob der Stress um Flüge, PCR-Tests und Großstadtdreck uns wünschen lassen wird, hiergeblieben zu sein.
Vorher bleibt aber noch zu klären, in welcher Reihenfolge die Tibetanischen Grunzochsen wohl morgen in Lukla eintrudeln werden. Seit es abwärts geht, beobachten wir nämlich ein spannendes Phänomen: Die Schnellgeher sehen von den Landschaftsgenießern plötzlich nur noch eine Staubwolke. Heimwärts geht der (tibetanische Grunz-)Ochs eben immer noch am schnellsten.
Text und Bilder: Luisa Kurowski
Vielen Dank für Deine Gedanken und Dein Lob!
Ein toller und ergreifende Bericht.Man kann die Wehmut beim Abschied von diesem Abenteuer ein wenig spüren.Ich hoffe ihr bleibt noch lange in Kontakt um gemeinsam eure Erinnerungen zu teilen.Die Zuhause gebliebenen können das ja leider nicht.Aber ich freue mich schon auf den Bericht und die Bilder von Jan.Ich wünsche euch noch schöne gemeinsame Stunden.
Liebe Andrea, vielen Dank für dieses schöne Kompliment! 🙂 Genau so ist es auch – man kann die Wehmut mit Händen greifen (zumindest meine). Ich bin auch schon seeeeehr gespannt auf Jans Bericht und teile deine Hoffnung, dass der Kontakt bestehen bleibt. Vielleicht lernen wir uns dann ja sogar mal kennen?
Alles Liebe, Luisa
Danke, Luisa, für deinen tollen Bericht und die schönen Bilder! Beim Lesen und Schauen hatte das Gefühl mit dabei zu sein!
Liebe Veronica, schön, dass dir der Bericht so gut gefallen hat! Vielleicht schreibe ich noch eine Fortsetzung…
Liebe Grüße aus Kathmandu 🙂
Yak Yak Yak,
ich fühle mich gerade, als wäre ich wieder dort, wo ich mich schon fast heimisch gefühlt habe…
Danke für diese schönen Worte und Fotos, du hast echt mega geschrieben, und ich bin sehr gerührt 🙂 🙂
Ich wünsche euch eine gute Heimkehr…
Grunzochse, Grunzochse, Grunzochse 😉
Ich freue mich sehr – vielen Dank für das Lob und die guten Wünsche.
Liebe Grüße aus deiner zweiten Heimat!
Ein wunderbar geschriebener Bericht, aus dem sehr viele intensive Emotionen sprechen. Ich kann Deine Begeisterung mehr als nur nachvollziehen, denn ich war auch bereits etwa 14 mal in Nepal, davon 12mal unterwegs in den Bergen und einmal zur reinen Erdbebenaufbauhilfe.
Allerdings erlaube ich mir, doch zwei Korrekturen bzw. Fragen an Dich anzufügen, da ich der Meinung bin, dass man dies nicht ganz so stehen lassen kann.
1. Wo warst Du denn bisher in den Schweizer Bergen unterwegs, dass Du dort ÜBERALL eigenes Zimmer mit Bad, WLAN und Almdudler hattest? Ebenso überall Stahlseile etc.? Ich war viel in der Schweiz. Ich empfinde die Schweizer Gipfel als große Herausforderung, da hier nicht wie beim Nepal – Trekking Autobahnen hinaufführen, sondern verdammt viel freie Kletterei am Fels erforderlich ist. Auch die Gletscher sind eine riesige Herausforderung, die man alleine meistern muss und niemanden hat, der Einem den Weg über das Eis ebnet. Ebenso hatte ich in der Schweiz noch nie ein eigenes Zimmer, in Nepal in vielen Lodges aber schon….
2. Mit welchen anderen Veranstaltern warst Du denn bisher im Himalaya unterwegs, um so genau beurteilen zu können, dass Olaf der Einzige ist, der Alles richtig macht.?
Ich finde es einfach schade, wenn solche Aussagen in einem Bericht getroffen werden, die in meinem Empfinden wenig differenziert sind. Aus diesem Grund meine Fragen an Dich. Ich ´freue mich auf einen wunderbaren Austausch dazu.
Liebe Sabina,
ich denke, das Wort „Korrekturen“ ist hier gänzlich fehl am Platz. Ich habe einen Erfahrungsbericht geschrieben, der – wie der Name schon sagt – meine persönlichen Erfahrungen und Eindrücke wiederspiegelt. Da gibt es kein richtig oder falsch. Ein Erfahrungsbericht muss auch nicht differenziert sein – im Gegenteil, er ist dazu da, meine ganz persönlichen Emotionen widerzuspiegeln und anderen einen Einblick in meine Gedankenwelt zu ermöglichen.
Deine Fragen möchte ich dir sehr gern beantworten. 🙂
Dabei muss ich aber leider feststellen, dass du wenig bis gar keinen Bezug auf das nimmst, was ich tatsächlich geschrieben habe: Ich habe keine Aussage über den alpinistischen Anspruch der Schweiz getroffen (geschweige denn einen Vergleich des alpinistischen Anspruches zwischen Nepal und der Schweiz angestrebt). Genauso wenig habe ich geschrieben, dass Olaf der einzige kompetente Reiseleiter auf der ganzen weiten Welt ist.
Aber bevor wir jetzt beginnen, Nepal und die Schweiz nach Einzelzimmern und WLAN zu kartografieren – Achtung, das ist ein Witz 😉 – und bevor ich anfange, zu wiederholen, was ich tatsächlich geschrieben habe, würde ich dich bitten, den Beitrag einfach nochmal zu lesen.
Liebe Grüße, Luisa
Liebe Luisa, ich habe Deinen Bericht sehr wohl gelesen, was Du bereits an meinem ersten Satz erkennen kannst. Leider hast Du auf keine einzige meiner Fragen geantwortet. Das finde ich sehr, sehr schade.
Ich möchte auch auf einer fremden Homepage keine Diskussion darüber führen, wer was gelesen hat oder nicht und dies schon gar nicht auf polemische Art publizieren. Schade, dass kein wirklicher Austausch stattfinden kann. Meine Mailadresse ist ja hinterlegt, dann freue ich mich jetzt auf Austausch mit Dir auf vielleicht diesem Weg.
Liebe Sabina, in Bezug auf deine Worte
“ Ich möchte auch auf einer fremden Homepage keine Diskussion darüber führen, wer was gelesen hat oder nicht und dies schon gar nicht auf polemische Art publizieren. “ Ja, dann lass es doch auch einfach bzw. fange gar nicht erst damit an!
Mir ist es absolut befremdlich, dass es immer wieder Leute gibt, die persönliche Erfahrungen, Eindrücke und Emotionen von anderen zerreden müssen bzw. mit „dämlicher Klugscheißerei“ sich profilieren wollen. Man muss sich nicht immer selbst so wichtig nehmen und alles kommentieren wollen. Im Zweifelsfall gilt immer der Grundsatz: Einfach mal die Klappe halten!!
PS. Bitte entschuldige meine direkten Worte, aber das geht mir einfach über die Hutschur!