Lailas little brothers

Nein zutraulich ist sie nicht. Und schön gemacht hat sie sich auch nicht für uns. Ich würde sagen, sie war doch eher abweisend, fast schon spröde und ihr Interesse an uns war, sagen wir mal, eher gering. Dennoch mit seinem Werben nicht nachzulassen und hartnäckig zu bleiben, erforderte eine ganze Menge Mut. Zwei Tage waren wir in der Wand und wenn man den Auf- und Abstieg dazu rechnet, und das muss man an der Laila ganz bestimmt tun, dann hat unser Werben vier Tage gedauert. Und diese vier Tage werden in meinem persönlichen Bergerlebnistagebuch einen besonderen Platz einnehmen.

Der erste Tag war ausgefüllt mit dem endlosen und recht anspruchsvollen Aufstieg vom Basislager bis zum Camp 2. Das sind zirka 1300 Höhenmeter in einem Gelände, welches in meinen Alpträumen manchmal vorkommt. Ständig auf der Hut vor Steinschlag, rutschig, steil und sehr anstrengend. Die Worte, die wir bei diesen Aufstiegen manchmal gebraucht haben, um unseren „Unmut“ über unser selbstgewähltes, hartes Los auszudrücken, können hier leider nicht wiedergegeben werden. Sie würden ein schlechtes Licht auf unsere Kinderstube werfen.

Im Lager 2 angekommen, wurde gekocht, viel getrunken, der Lagerplatz wieder auf Vordermann gebracht und für den nächsten Tag der Rucksack gepackt. Durch die starke Sonneneinstrahlung und die daraus folgende Wärme in einem auf Schnee errichteten Zelt, wird der Untergrund uneben. Ich habe versucht, dem Herr zu werden, ohne das Zelt gänzlich abzubauen. Aber mit meiner „Schnee unter das Zelt Schaufelei“, ist mir das mehr schlecht als recht gelungen.

Das Gipfelfoto. Auch wenn es bei mir vielleicht nicht so aussieht. Meine Freude da oben wurde mindestens von zwei Umständen eingetrübt. Erstens hatte ich äußersten Respekt vor dem Abstieg, man könnte auch Angst dazu sagen. Und zu zweitens komme ich später.

Am Morgen von Tag 2 brachen wir gegen 4.30 Uhr auf. Das Ziel war die Fixierung eines 200 Meter langen, statischen Seiles im unteren Wanddrittel. Ich hatte mich bei Max und Thomas mit dem Argument durchgesetzt, dass dieses Fixseil unseren Besteigungsversuch am nächsten Tag einerseits schneller im Aufstieg und sicherer im Abstieg machen würde.

Doch die Gegenargumente wogen auch schwer. Dieses Riesenseil muss erstens den oben schon unrühmlich erwähnten Weg zum Lager 2 hoch getragen werden und natürlich auch wieder hinunter. Und zweitens kostete seine Fixierung einen ganzen Schönwettertag. Vom Kraftaufwand, ein derart langes Seil sicher in der Wand zu befestigen, mal ganz zu schweigen.

Wir haben es getan, und es hat uns, wie vorhergesehen, am nächsten Tag viel Zeit gespart. Nach meiner Ansicht, und Max sagte auch schon so etwas in der Art, hat es uns den Gipfel gerettet. Als wir von unserer Fixierungsaktion wieder im Camp 2 eintrafen, war ich schon zum ersten Mal ziemlich angestrengt. Aber mein Pessimismus angesichts der Verhältnisse in der Wand, war zumindest etwas gedämpft. Denn nun, und das war auch ein Vorteil dieser Seilfixierungsaktion, wussten wir, womit wir es am nächsten, entscheidenden Tag zu tun bekommen würden. Von Schnee in der Flanke, welcher uns in der Ausprägung von Lawinen aus der Wand putzen würde, mussten wir uns jedenfalls nicht fürchten.

Auf uns wartete blankes Eis. Hunderte von steilen Metern. Das hat Vorteile und Nachteile, wie fast alles und jedes im Bergsteigerleben:

Blankes und dementsprechend hartes Eis, ist ein Untergrund, in dem sich der Kletterer gut absichern kann und wo auch Abalakov-Eissanduhren sichere Fixpunkte zum Abseilen sind. Doch wehe den Waden! Ständig, auch an den Standplätzen, mit maximal angespannten Wadenmuskeln auf den Spitzen der Frontalzacken seiner Steigeisen zu stehen, wird schnell zu einer Tortur, von der man nur noch eines will: Nämlich das sie aufhört. Doch beim Blick hinauf in die sich endlos auftürmende Wand über einem, wird schnell klar, dass diese Qual noch viele Stunden dauern wird.

Mit diesen Gedanken begann morgens um 0.50 Uhr Tag 3. Um 2.15 Uhr war die Abmarschzeit festgelegt. Und ich wollte ausreichend Zeit zum Kochen haben. Doch auch Max und Thomas werkelten um diese Zeit schon in ihrem Zelt herum. Überpünktlich ging es los. Allen war klar, dass wir unbedingt soweit wie möglich kommen mussten, bevor um Punkt 9.00 Uhr die Sonne in die Wand „hereinbrechen“ würde. 

Doch bevor man an der Laila in die Wand einsteigen kann, gibt es noch eine Schikane von ganz besonderer Güte! Nämlich den Zustieg vom Lager 2 zum Einstieg in die Wand. Permanent absturzgefährdet, rutschig und hässlich auf der ganzen Linie. Aufsteigend mag das noch gehen. Aber vor dem Abstieg nach acht oder zehn Stunden in der Wand, der Untergrund dann aufgeweicht von der unbarmherzig brennenden Sonne, grauste es uns dreien sehr.

Um 5.00 Uhr standen wir am Ende unseres fixierten Seiles. Noch vier Stunden bis die Sonne in die Wand scheinen würde. Nun galt es, so rasch wie möglich Höhenmeter hinter uns zu bringen. Ich führte zuerst, dann Max, dann Thomas, dann wieder Max. Doch es ging langsamer voran, als erhofft. Erst gegen 11.00 Uhr machte sich Max bereit, die letzte Seillänge zum höchsten Punkt der Laila vorzusteigen.

Ganz hat es dann doch nicht gereicht, noch ein letztes Mal musste in der Wand ein Stand eingerichtet werden, dann standen die drei kleinen und überglücklichen Brüder der großen Schwester Laila endlich auf ihrem höchsten Punkt.

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14 Antworten

  1. wolfgang jähne sagt:

    Herzlichen Glückwunsch euch drei Gipfelstürmern zum ereichten ziel. Wolfgang

  2. Christian Pech sagt:

    Super! Das Daumendrücken hat sich mal wieder gelohnt! Herzlichen Glückwunsch zum Gipfelerfolg und natürlich zum überstandenen Abstieg. Wieder ein Gipfel auf Deiner Liste der schönsten Berge „abgehakt“ und ein Sack abgehangen.
    Was will man mehr.

  3. Claudia sagt:

    Herzlichen Glückwunsch Euch Dreien zum Gipfelerfolg – starke Leistung!

  4. Kai Bittner sagt:

    Herzlichen Glückwunsch zum Gipfelerfolg und schön das der Sack weg ist…klingt nach einer ausgesprochen anstrengenden Nummer mit erheblichem Potential das was hätte schief gehen können…Ich bin gespannt auf weitere Berichte…schön das Ihr alle wieder heile unten angekommen seid.

  5. Veronica sagt:

    Super, herzlichen Glückwunsch euch drei! Ein tolles Gipfelfoto!

  6. Andreas sagt:

    Herzlichen Glückwunsch den drei Gipfelstürmern.
    Tolles Foto von euch. Hammer Leistung !!!

  7. Ingrid Hoppe sagt:

    Gratuliere, tolle Leistung, da kann ich nur den Hut ziehen.

  8. Sabine und Norbert sagt:

    Hey little brothers, cooles Gipfelfoto. Glückwunsch, haben alles verfolgt. Das war mehr Adrenalin hier zuhause als im besten Krimi.

    • JReindl sagt:

      Hey Three Little Brothers!
      Looks like a whole lot of joy from the summit of Big Sister Laila!
      Way to go and congratulations on your success and safety!

  9. Jana sagt:

    Herzlichen Glückwunsch euch dreien, freut mich sehr, dass ihr wohlbehalten wieder unten seid! 👍😁 bin sehr gespannt auf „zweitens“, aber da du, lieber Olaf, in der Lage bist, wieder News zu schreiben, ist wohl alles gut gegangen. Kommt gut nach Hause. Genießt die restliche Zeit in den Bergen.
    Liebe Grüße aus Bayern
    Jana
    PS: vielen Dank für eure Karte, sie ist gestern angekommen

  10. Olaf Rieck sagt:

    Ganz herzlichen Dank an die vielen Gratulanten und für die Glückwünsche. Wir haben uns sehr darüber gefreut.

    Viele Grüße aus dem Herzen des pakistanischen Karakorum
    Max, Thomas und Olaf

  11. Stefan Hanf sagt:

    Grandiose Leistung von euch drei Gipfelstürmern. Ich freue mich wirklich sehr für euch. Herzlichen Glückwünsch!

  12. Helmut Hartmann sagt:

    Hallo Olaf, meinen Respekt vor Eurer Leistung. Herzliche Glückwünsche zum Gipfelerfolg. Kommt gut nach Hause und habt noch eine schöne Zeit.

  13. Katrin sagt:

    HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH 👍🌟🏔👏 euch dreien zu eurem tollen Erfolg an der Laila !!!! Ich freue mich sehr für euch das alles geklappt hat.

    Durch Zufall habe ich deine Seite lieber Olaf wieder entdeckt und mit Staunen lese ich nun deinen/euren Bericht.
    Er begeistert mich und beflügeln meine meine noch relativ neue Leidenschaft fürs Klettern :-).

    Habt noch eine schöne restliche Zeit, erlebnisreiche Momente und ganz wichtig, kommt alle gesund wieder nach Hause.

    Herzliche Grüße aus dem Chiemgau
    Katrin

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