Wie ein Schweizer Uhrwerk

Immer wieder höre ich das. Ich sollte endlich mal ein Buch schreiben. Aber nicht etwa über 35 Jahre Expeditionstätigkeit. Nein, viel interessanter sind wohl die Erlebnisse, die ich in den vergangenen 25 Jahren auf den drei Dutzend Nepaltouren mit meinen Gästen hatte.

Also ein Buch über die vielen Anekdoten, die sich auf den Touren immer wieder zutragen.

Unsere ersten Trekkingmeter. Im Hintergrund ist Jiri noch zu sehen.

Das würde sicher sehr kurzweilig. Allerdings sollte ich sorgfältig die Namen ändern und auch jegliche Informationen zu Zeiten und Orten vermeiden, sonst ginge das womöglich nach hinten los.

Über diese Tour hier, auf der wir uns gerade befinden, wird es bestimmt auch eine Menge zu berichten geben, das zeichnet sich jetzt schon ab. Doch ob das dann auch alles öffentlichkeitstauglich wäre? Daran gibt es bei mir schon nach den ersten drei Tagen berechtigte Zweifel 😉

Sie sind die Helden auf dieser Reise. Sie bestimmen auch, was geht und was nicht. Ich bin besonders stolz darauf, dass meine Träger mir schon seit vielen Jahren die Treue halten. Und das ist auch deshalb großartig, weil es immer schwieriger wird, verlässliche Träger zu finden.

Wir sind am 4. März mit einem gecharterten Minibus nach Jiri aufgebrochen. Noch vor nicht allzu langer Zeit endete die Straße hier. Jiri war ein großer Umschlagplatz für Waren aller Art, die auf Menschenrücken weiter in den Osten des Landes, vor allem in die Khumburegion getragen wurde.

Unser Gepäck. Ein professioneller nepalesischer Lastenträger bewältigt locker das dreifache an Gewicht. Das ist für mich nach wie vor unvorstellbar.

Heute kann man weiter fahren, allerdings nur in einem äußerst robusten Fahrzeug. Zu kaputt ist diese „Straße“ schon wieder.

Als es mit dem Straßenbau losging, war ich traurig. Die Schönheit dieses alten Handelsweges, die Ursprünglichkeit der Dörfer am Wegesrand würden unter dieser Straße leiden. Bisher hat sich diese Befürchtung aber nicht bewahrheitet. Es fahren so gut wie keine Fahrzeuge, und das wird sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern, so meine Prognose.

Kurz vor dem Örtchen Kenja ging es über die erste Hängebrücke dieser Tour. Viele weitere werden folgen.

Diese Straße ist einfach eine Fehlinvestition. Außerdem wird der Zu-Fuß-Reisende nur die ersten Marschtage vom Anblick dieser Straße behelligt. Und das auch nur ab und zu. Was einem allerdings das Herz bluten lässt, sind die Wunden in einer bis vor kurzem noch relativ unberührten Berglandschaft, welche diese Straße geschlagen hat.

Der Weg hinunter vom Lamjura nach Junbesi. Als ich das letzte Mal hier entlang gegangen bin, führte ein schmaler Pfad durch einen zauberhaften Bergurwald. Es war einer der schönsten Wegabschnitte der gesamten Tour.

Unser Weg führte über Shivalaya zum etwa 2640 m hoch gelegenen Deorali-Pass. Eine sehr lange Etappe für den ersten Trekkingtag. Auf 16 Kilometern ging es 1450 Höhenmeter bergauf, 750 wieder hinunter. Sieben Stunden reine Gehzeit waren wir unterwegs.

Überall am Wegesrand blüht der Rododendron.

Aber oben auf dem Deorali zu übernachten, ist eine Investition in unsere Akklimatisation. Deshalb versuche ich auf unserem Anmarsch möglichst immer weit oben eine Lodge zu finden, auch wenn wir dafür manchmal ein bisschen weiter laufen müssen.

Wenn es dann nächste Woche an die großen Khumbupässe geht, wird sich das auszahlen.

Er hatte dann doch ein bisschen Angst vor mir. Das Zieglein aber hatte keine Angst vor ihm, obwohl er nicht gerade zimperlich mit ihm umging. Es verfolgte den Kleinen auf Schritt und Tritt.

Der zweite Tag sah ähnlich aus wie der erste: 1200 Höhenmeter vom Deorali über Bhandar runter nach Kenja und dann 900 wieder hinauf zu unserer Lodge in Sete. Dieses Miniörtchen liegt fast auf derselben Höhe wie der Deorali.

Mein Lieblingsbild. Er pflügt mit einem Gerät, das schon seit tausenden Jahren verwendet wird. Sie telefoniert mit einem iphone.

So wird das nun jeden Tag gehen, bis wir unseren Weg entlang des Himalayahauptkammes Richtung Osten verlassen und nach Norden in das Tal des Dudh Koshi einbiegen. Dieses Tal führt uns hinauf nach Namche Basar und zu den Achttausendern des Khumbu. Und auf diesem Wegabschnitt geht es nur noch bergauf.

Ausziehpause in Bhandar (2400 m). Im Hintergrund ist der Deoralipass noch zu sehen. In Bhandar gibt es die höchstgelegenen Teeplantagen der Welt.

Aber soweit ist es noch nicht. Vorher wartete heute noch der Lamjura-Pass auf uns. Mit etwa 3550 m der dickste Brocken auf der ersten Etappe unseres Weges zu den drei großen Khumbu-Pässen und zum Basislager des Mount Everest. Abermals 1000 m rauf und wieder runter nach Junbesi. Und das haben wir soeben geschafft und auch noch eine Lodge gefunden, wo es sogar ein bisschen WLAN gibt.

Auf dem Weg von Sete hinauf zur Passhöhe des Lamjura. Kaiserwetter!

Eine Dusche gibt es hier auch und deshalb sitzen jetzt lauter fröhlich schwatzende, weil frisch gewaschene und deshalb wieder gut riechende Gäste um mich herum. Nur klare Gedanken fassen, ist da gerade eine Herausforderung.

Ein Korbmacher bei der Arbeit. Er stellt eine traditionelle Doko her, die typische Tragekiepe für Lastenträger.

Die ersten Tage auf dieser Tour sind schon anstrengend. Keine Frage. Niemand ist an eine solche Belastung gewöhnt. Aber meine Gruppe sieht mich überrascht. Alle laufen wie ein Schweizer Uhrwerk, aufgereiht wie an einer Perlenkette. Das bin ich nicht gewöhnt.

Es geht hier bei uns also gut los, auch wenn ich natürlich weiß, dass die Karten weiter oben an den hohen Pässen neu gemischt werden. Aber so ein Anfang ist natürlich ein gutes Omen für alles Weitere.

Alle oben heute auf dem etwa 3550 m hohen Lamjura Pass. Und allen geht es gut!

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2 Antworten

  1. Ingrid Hoppe sagt:

    Na das sieht doch schon mal ganz gut aus,wünsche Euch ne Menge Spaß und viele schöne Erlebnisse.

  2. wolfgang jähne sagt:

    Hallo Ihr Glücklichen
    bin im Gedanken bei euch, und freue mich, dass bis jetzt alles wie ein Schweizer Uhrwerk läuft und keiner aus der Reihe tanzt. Weiter eine entspannte Tour, auch wenn die Höhepunkte erst noch kommen. Viele Grüsse an alle die mich kennen. Wolfi aus der Oberlausitz.

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