Der große Traum

Für mich ist es immer noch ein Privileg, für das ich sehr dankbar bin. Jedes einzelne Mal aufs Neue! Wenn ich das sage, und ich tue das fast mechanisch, wirkt das auf meine zumeist jungen Beifahrer oft sehr befremdlich. Ich meine, das zu spüren. Schließlich sind 34 Jahre seit der Wende ins Land gegangen. So langsam müsste ich mich doch daran gewöhnt haben, nach hunderten von Reisen nicht nur in fast alle Länder Europas sondern auch in die entlegensten Ecken der Welt. Wovon ich rede? Von der Überquerung der „Zonengrenze“ wie sie die einen herablassend nannten. Die anderen schwadronierten gar von einem „Antifaschistischen Schutzwall“.

Meine diesjährige Gruppe. Rechts unten mein langjähriger Co-Guide, Kumar, ganz links der Chef meiner nepalesischen Partneragentur, Mingmar Sherpa.

Für uns aus dem Osten (der Zone) war diese Grenze jedenfalls schier unüberwindlich. Und ich erinnere mich vor allem an die Wut, die ich empfand, wenn ich hörte, dass man Leute, die einfach nur in den anderen Teil von Deutschland wollten, abknallte, wie tollwütige Hunde. Einige meiner Schulfreunde dienten an der Grenze. Das war so, auch wenn das heute viele verdrängen, vergessen haben oder es Dank ihrer Jugend schlichtweg nicht wissen können.

So etwas sieht man auch nicht alle Tage auf einem internationalen Flugplatz. Ein kleines Feuerchen unter dem Flieger! Aber wir alle wissen, dass nur ein geweihtes Flugzeug auch sicher durch die Berge des Himalayas fliegen kann.

Mich jedenfalls hat diese von mir sehr schmerzhaft empfundene Unfreiheit sehr geprägt. Als dann das unfassbare und völlig unerwartete geschah und die Mauer fiel, hatten wir hier im Osten, so jedenfalls empfand ich das immer, unseren Brüdern und Schwestern in den alten Bundesländern eine Sache voraus: Dieses Wissen um den Wert von Freiheit und Demokratie. Für die einen selbstverständlich, weil schon immer da, für mich ein Grund für eine bis heute tief empfundene Dankbarkeit.

Großes Kino schon auf dem Flug. Beim Landeanflug auf Lukla, wenn wir ins Tal des Milchflusses einbiegen, taucht vor uns Chomolungma auf, die Göttin Mutter der Erde. Besser bekannt unter dem Namen Mount Everest!

Und deshalb ist es auch folgerichtig, dass mein gesamtes Leben bis heute davon geprägt ist. Ich wollte raus, die Welt anschauen, die großen Naturwunder sehen, Abenteuer erleben. Noch heute staune ich darüber, wie konsequent ich das als absolutes Reise-Greenhorn sofort nach der Wende durchgezogen habe. Meine ersten großen Reisen führten mich in die Schweizer Alpen, das arktische Spitzbergen, das winterliche Norwegen und die grandiosen Fjorde Alaskas. Und zu dieser Zeit hatte ich ein Vollzeitjob im öffentlichen Dienst.

Rhododendronwälder oberhalb von Lukla.

Doch mein ganz großer Traum war der Himalaya. Das hatte vor allem mit meiner allerersten Bergtour als Student der Tiermedizin im Sommer 1989 in das tadschikische Pamiro Alai-Gebirge zu tun. Ich erinnere mich, wie ich vor Ehrfurcht schier erstarrt bin, als die ersten Fünftausender vor uns auftauchten. Wie musste es sich erst anfühlen, vor Sieben- oder Achttausendern zu stehen? Ich verschlang die Bücher von Messner und Co. und legte mir sofort diverse Reiseführer und Karten zu. Doch es dauerte bis zum Jahr 1994 als es endlich soweit war.

Das verschneite Namche Basar, der Hauptort im Land der Sherpas.

Ich hatte ganz klare Vorstellungen davon, wie meine erste Begegnung mit dem gewaltigsten Gebirge der Welt aussehen sollte. Ohne Guide, ohne Träger und möglichst mit Zelt. Ein richtiger Berg musste bestiegen werden und vor allem wollte ich dorthin, wo die ganz großen Gipfel sind. Wo die Sherpas leben. Wo die Wege zwischen Himmel und Erde erst enden, wenn ich vor dem höchsten Berg der Welt stehe. Ich wollte ins nepalesische Khumbu. Mein Traum schon seit vielen Jahren!

Nonnen bei der Puja, die ich immer abhalten lasse, um die Berggötter für unsere Tour günstig zu stimmen. Ohne Puja, keine Tour!

Und diese erste Reise war tatsächlich in jeder Hinsicht wahnsinnig beeindruckend. Dass mich die grandiosen Eisriesen überwältigen würden, war nicht überraschend. Aber völlig unvorbereitet war ich auf die Gastfreundlichkeit, die Hilfsbereitschaft und die Fröhlichkeit der dort lebenden Sherpas. Neu für mich waren natürlich auch die Strapazen, welche die dünne Luft mit sich bringen.

Immer etwas besonderes. Vor Dreck starrende Sherpakinder, die sich über ihre neuen Stifte freuen.

Ich amüsiere mich heute schon ein bisschen darüber, wie wir damals drauf waren. Alles selbst zu tragen, war für uns eine Frage der Ehre. Auch einen Guide zu engagieren, hielten wir für ehrenrührig. Und ich hatte mir allen Ernstes vorgenommen, mit schweren Plastikschuhen von Jiri bis an den Fuß des Everest zu laufen. Die passten einfach nicht mehr in bzw. an den Rucksack. Außerdem war der eh schon schwer wie Blei. Und Geld hatten wir natürlich auch keins.

Ein prächtiger tibetischer Grunzochse, auch Yak genannt, auf dem Weg ins Basislager des Mount Everest.

Trotzdem avancierte diese Reise zu einer DER Erfahrungen meines Lebens. Denn anschließend war ich endgültig den großen Gebirgslandschaften hoffnungslos verfallen. Das Himalayavirus hatte mich infiziert, und es war klar, dass ich es nie wieder loswerden würde.

Auf dem Weg hinab vom Renjo-Pass nach Gokyo am dritten See des Ngozumba-Tales.

Als ich meinen Absprung von der Uni zu planen begann, überlegte ich schon mal, ob es nicht Möglichkeiten geben könnte, meine damals nur auf zwei bis drei Jahre angelegte Auszeit mit ein wenig Zusatzverdienst zu konsolidieren. Eine Idee war, Leute mit in den Himalaya zu nehmen und ihnen diese unglaubliche Gebirgslandschaft nahezubringen. Schon als ich 1998 das fünfte Mal in die Khumbu-Region am Fuße des Mount Everest reiste, waren drei Gäste dabei. Seitdem führe ich Jahr für Jahr Leute durch meine inzwischen zweite Heimat.

Megaspektakulär, die haushohen Eistürme des noch jungfräulichen Khumbugletschers unweit des Everest-Basislagers..

Wenn ich alle Zeit zusammenrechne, die ich auf den insgesamt 36 Expeditions- und Gästetouren in der nepalesischen Everestregion verbracht habe, dann komme ich auf mehr als fünf Jahre meines Lebens. Und nächstes Jahr gibt es diesbezüglich wieder einmal ein Jubiläum. Es wird das 30. Jahr sein, in dem ich ins Khumbu fahre.

Der Höhepunkt jeder Tour ins Khumbu: Blick bei bestem Abendlicht vom 5600 m hohen Kalar Patar auf Everest, Nuptse und Lhotse.

Zwei Touren wird es 2024 geben, die schon jetzt fast ausgebucht sind.
Reise Nummer 1 wird uns mit dem Bus von Kathmandu nach Jiri und von dort über Junbesi, Lukla sowie Namche und dann weiter über die drei großen Khumbu-Pässe in jedes der vier Khumbutäler führen. Sie beginnt am 21. Februar und endet am 19. März. So wie immer ist die Gruppengröße auf zehn Personen beschränkt. Derzeit gibt es acht feste Buchungen. Zwei Plätze sind noch frei! Mehr Infos zu dieser Tour gibt es HIER!
Tour Nummer 2 ist die klassische Vier-Täler-Tour, welche mit dem wohl spektakulärsten Linienflug der Welt von Kathmandu nach Lukla startet. Von hier aus beginnen wir nun unser Trekking-Abenteuer in der großartigsten Gebirgsregion auf unserem Planeten. Für diese Reise gilt das Gleiche wie bei Tour Nummer 1: Die Gruppengröße ist auf zehn Personen beschränkt, und es gibt ebenfalls noch zwei freie Plätze! Sie beginnt am 20. März und endet am 15. April. Mehr Informationen zu dieser Reise sind HIER zu finden.
Falls mich nicht der Schlag trifft, oder ich irgendwo runterfalle, wird es auch 2025 Trekking-Touren in Nepals „Königreich der (Berg) Götter“ geben. Und auch hier wird es langsam schon eng!  Vier Plätze sind für die klassische Vier-Täler-Tour noch zu haben.

Die schönste von allen, die 6856 m hohe Ama Dablam im perfekten Streiflicht von Khumjung aus gesehen.

Warum ich fast ausschließlich in die Everest-Region des Himalayas fahren würde, wo es doch so viele andere großartige Ziele gäbe, werde ich immer wieder vor allem von ehemaligen Gästen gefragt. Sie würden gern mit mir auch woandershin reisen. Eine wirklich gute Frage! Und tatsächlich reizt der Gedanke sehr, auch in andere großartige Regionen mit meinen Gästen zu fahren. Ich bräuchte zum Beispiel nur meine Ehemaligen anzuschreiben. Es sind inzwischen mehrere hundert Leute mit mir unterwegs gewesen. Und schon wären Touren voll nach Patagonien oder Alaska oder ins Garwhal-Himal zur Quelle des Ganges oder, oder oder…

Abschlussabend in einem der unzähligen Restaurants in Nepals Hauptstadt Kathmandu.

Doch egal wohin es gehen könnte. Nirgendwo ist die Kombination so perfekt: Die höchsten und schönsten Berge der Erde, die uralte, bis heute lebendige tibetische Kultur der Sherpas, eine verlässliche Infrastruktur, Freunde, die mich kennen und die helfen, falls mal was passiert. Doch vor allem ist es die Tatsache, dass ich so gern dort bin! Es ist diese unwiderstehliche Anziehungskraft, welche die gewaltigen Täler des Khumbu, über denen die weltbekannten Eisriesen aufragen, auf mich ausüben. 

Und natürlich möchte ich meine Freunde wiedersehen. Ich habe Heimweh, wenn ich länger nicht dort war…

Viel mehr Informationen zu den Reisen an den Fuß des Mount Everest findet Ihr unter: www.olafrieck.de/himalaya-trekking

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3 Antworten

  1. Detlef Weyrauch sagt:

    Lieber Olaf, lange hast du auf dieser Homepage nichts von dir hören bzw. sehen lassen. Ich habe auch schon viel von der Welt gesehen und muss dir beipflichten. Die Khumbu-Region in Nepal ist die grandioseste, die ich bisher erlebt habe. Dieser Beitrag befeuert nochmals meine Vorfreude auf unsere gemeinsame, bereits dritte Tour. Bis bald in der Sächsischen Schweiz. Detlef

  2. Jana sagt:

    Lieber Olaf,
    genau so ist es. Wer einmal im Khumbu war, lässt ein Stück seines Herzens dort. Es zieht einen magisch zurück. Zurück zu den einzigartigen Bergen, zur Ruhe, in der man seinen eigenen Puls hört, zu den bescheidenen, freundlichen, fleißigen Menschen, zurück in die Atmosphäre die es nur dort gibt. Zurück zu dem verrücktesten Flugplatz der Welt, zu dieser wunderbar bunten Stadt Kathmandu.
    Ich kann es kaum glauben, dass es 2025 schon 20 Jahre her sein wird, dass wir zusammen am Everest waren. Es ist mir eine Ehre, das mit einem Zurückkommen zu dem verbliebenen Stück meines Herzens feiern zu können!
    Ich freue mich drauf!
    Liebe Grüße Jana

  3. Olaf Rieck sagt:

    Hallo liebe Jana, lieber Detlef!

    Vielen Dank für Eure Kommentare. Ich freue mich, dass Ihr mir die Treue haltet und wir bald wieder gemeinsam unterwegs sein werden.

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