Zweiundvierzig
In dem Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“ des britischen Autors Douglas Adams wird von einer außerirdischen Zivilisation ein spezieller Computer gebaut. Der leistungsfähigste Rechner, der je von intelligenten Wesen erschaffen wurde.
Und der Zweck, den dieser Supercomputer namens „Deep Thought“ zu erfüllen hatte, war nur ein einziger. Er sollte die Frage aller Fragen beantworten, nämlich die „nach dem Sinn des Lebens, dem Universum und dem ganzen Rest“. Und obwohl er so ungeheuer schnell war, benötigte er nicht weniger als 7,5 Millionen Jahre Rechenzeit, um die Antwort zu ermitteln, und verkündete dann, sie laute „Zweiundvierzig“ und sei mit absoluter Sicherheit korrekt.
Dass die Erbauer des Megarechners diese Antwort als irgendwie unbefriedigend empfanden, liegt auf der Hand. Deep Thought verteidigte sich mit der völligen Unkonkretheit der Frage.
Also ich hätte die Antwort „42“ auch als ungenügend empfunden, zumal ich die Beantwortung dieser Frage so schwierig gar nicht finde. Die Natur macht sich die Sache ja gleich ganz einfach. Eine Spezies soll sich fortpflanzen. Punkt. Einen anderen Sinn gibt es nicht.
Dumm nur, dass die klugen Tiere, die das Selbstbewußtsein und das Erkennen in die Gene gelegt bekommen haben, anfingen, über sich nachzudenken. Zum Beispiel darüber, was für einen Sinn ihr Leben haben könnte, außer sich fortzupflanzen.
Und just in diesem Moment wurde es kompliziert. Weil es eben keinen hat. Aber das wollen und können wir Menschen nicht hinnehmen. Und doch ist es so. Wir Menschen sind nur ein winziger Punkt auf der unendlichen Achse der Zeit. In den Größenordnungen von Milliarden von Jahren betrachtet, hat buchstäblich nichts einen Sinn.
Aber da wir das nun mal nicht akzeptieren können, müssen wir unserem Dasein selbst einen Sinn geben. Ein anderer wird das nicht für uns tun.
Für mich selbst habe ich die Frage nach dem Sinn meines Lebens beantwortet: Eine hohe Qualität des Erlebens oder anders gesagt: Möglichst viel Zeit intensiv verbringen! Und zwar auf eine Weise, dass sie unauslöschliche Spuren in meinem Gedächtnis hinterlässt, und an die ich mich womöglich nach Jahren und Jahrzehnten noch entsinnen kann.
Dass wir eine solche hohe Qualität des Erlebens tatsächlich in einem nie zuvor gekannten Ausmaß realisieren können, ist ein riesengroßes und ganz und gar unverdientes Privileg. Als mein Großvater 1890 geboren wurde, konnte sich nicht einmal der Kaiser von China in einen Düsenclipper setzen und ans andere Ende der Welt fliegen.
Wir können das! Allerdings nur wir paar Hanseln, die auf diesem Globus auf der Sonnenseite leben. Milliarden Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika haben dieses Privileg nicht.
Wir können uns mit einem Mausklick das gesamte Wissen der Menschheit auf unseren Schreibtisch holen, jede Frage in Millisekunden beantworten lassen. Wir können uns in unser Auto setzen und auf die Lofoten fahren oder zur Akropolis oder Berge auf Skiern runterrutschen, nachdem uns zuvor riesige Lifte hochgezogen haben. Unsere Möglichkeiten sind schier unbegrenzt. Und ich bin mir sehr sicher. In zweihundert Jahren wird das niemand mehr können.
Nur in dieser winzigen Zeitspanne in der Geschichte der Menschheit, wurde einem kleinen Teil von uns Menschen solche Privilegien verliehen. Und wir gehören zu den Glücklichen. Eigentlich müssten wir jeden Tag himmelhoch jauchzend durch die Gegend laufen.
Ich tue das gerade. Und das, was ich hier in Nepal mache, hat auch noch sehr viel Sinn. Ich zeige meinen Gästen meine zweite Heimat, die nicht zufällig die spektakulärste Gebirgsregion der Erde ist und verschaffe ihnen eine besonders hohe Qualität des Erlebens, denn die Erlebnisdichte ist bei uns gerade sehr groß.
Wir haben an unserem Ankunftstag in Gorak Shep den Kalar Pattar nicht bestiegen. Das Wetter ließ zu Wünschen übrig, nach Abendlicht sah es jedenfalls ganz und gar nicht aus. Also sind wir stattdessen ins Everest Basislager gelaufen. Dafür war das Wetter gerade gut genug.
Und es ist wirklich sehr eindrucksvoll, sich diesen besonderen Ort anzuschauen. Hier arbeiten gerade hunderte für solch privilegierte Leute, wie wir es sind. Ich bin ja fast jedes Jahr seit 1994 an diesem besonderen Ort. Aber noch nie war das Basecamp so umfangreich und der Aufwand, um es den Möchtegernalpinisten buchstäblich an nichts fehlen zu lassen, war nach meinem Eindruck noch nie so groß. Man kann es ruhig auch dekadent nennen.
Aber hier ist es eben nicht anders als überall. Wenn ein Bedürfnis da ist, für dessen Befriedigung inzwischen fast jede Summe gezahlt wird, dann wird es nicht an Leuten fehlen, die sich dieses Geld holen wollen.
Am nächsten Tag (05.04.) sind wir dann am Vormittag auf den Kalar Pattar gestiegen. Er ist der höchste Punkt unserer Tour. Und ich bin tatsächlich ins Grübeln gekommen, ob das Abendlicht wirklich das beste Licht des Tages ist. Es ist dann zwar alles sehr schön in leuchtendes Abendrot getaucht, aber die Strukturen, die Grate, Lawinenrinnen, Seracs usw. sieht man nicht. Alles erscheint nur zweidimensional. Das Räumliche kommt nur im Streiflicht zur Geltung. Und genau dieses Licht, welches die Berge dreidimensional erscheinen lässt, hatten wir.
Am 6. April sind wir ins vierte Tal des Khumbu gelaufen. Das Tal des Imja-Gletschers erstreckt sich nicht wie die anderen in Nord-Süd-Richtung sondern von Ost nach West. Es ist mein Favorit in der Everest-Region.
Hier habe ich gleich fünf große Berge bestiegen und zwei Erstbesteigungen waren dabei. 26 Mal war ich mit, oder beim Route präparieren, für Gäste auf dem 6189 m hohen Island Peak. Zusammengerechnet habe ich Jahre in diesem herrlichen Tal verbracht.
Die große Attraktion im Imja-Tal ist mit der Nuptse-Lhotse-Südwand die größte Felswand des Planeten. Es passen locker zwei Eigernordwände übereinander in diese am Lhotse dreieinhalb Kilometer hohe Wand.
Vorgestern (07.04.) haben wir uns vom 5546 m hohen Chukkhung Ri diese Megawand aus der Nähe angeschaut. Nirgendwo geht das besser als von diesem kleinen Gipfel, welcher der Wand direkt gegenüber steht.
Und nirgendwo wird einem deutlicher, wie winzig, zerbrechlich und vor allem bedeutungslos wir Menschenzwerge wirklich sind, wenn wir vor einem derart gewaltigen Monument der Natur stehen.
Bei uns geht es nun unwiderruflich dem Ende entgegen. Gestern sind wir von Chukkhung nach Pangboche abgestiegen, heute werden wir Namche Bazar erreichen und dort einen Putz- und Flicktag einlegen, bevor wir dann übermorgen (11.04.) auf dem Weg nach Lukla unseren allerletzten Tag in den Bergen verbringen werden.
Und ganz zum Schluss muss uns dann das Wetter noch einmal hold sein, wenn wir von Lukla zurück nach Kathmandu fliegen wollen. Aber wir hatten sowohl auf der ersten als auch auf der gerade zu Ende gehenden zweiten Tour soviel gutes Wetter, dass ich schon wegen unserer anhaltenden Wetterglückssträhne optimistisch bin!
Und vielleicht gibt es dann ja wieder einen von meinen Gästen, der Lust hat, seine Gedanken zu der Tour hier an dieser Stelle kundzutun. Gespräche dazu gab es schon, doch noch gibt es niemanden, der sich mit einer Bereitschaftserklärung hervor getan hat.
Vielleicht Thorsten? Oder Heike? Oder vielleicht alle beide? (Ich muss noch ein bisschen Druck machen…)
Hallo Olaf, ja die Antwort die „Deep Thought“ gegeben hat war ungenügend. Aber wie die Fragesteller dann erkannten, war ihre Frage wohl auch zu ungenau. So ist es auch mit der Natur – wir wissen immer noch zu wenig, bzw. wollen zu wenig wissen, um verantwortungsbewusst mit der Natur umzugehen. In meinem bescheidenen Umfeld entwickeln sich Dinge, die ich als verstörend und fatal empfinde. Allerdings habe ich auch die Gewissheit, dass die Natur sich nicht davon beeinflussen lässt und „ihr Ding“ macht. Leider bleibt da die Menschheit auf der Strecke, wobei: die Natur braucht uns ja nicht, nur wir die Natur! Deshalb ist das evtl. gar nicht so schlimm, wenn man es aus Sicht der Natur betrachtet. Nur aus Sicht der Menschheit ist das beängstigend – und solange wir das nicht lernen, gehen die Dinge ihren Gang, und wir erledigen uns von selbst. Deshalb sollten wir vielleicht die Frage etwas genauer formulieren und uns fragen, wie wir es schaffen in Einklang mit der Natur zu leben, so dass die zukünftigen Generationen auch noch eine lebenswerte Erde vorfinden.
Trotzdem ist es immer wieder beeindruckend und vor allem lehrreich, Deinen Ausführungen zu folgen. Vielen Dank für die Mitnahme auf Deinen Reisen. Der Helmut
Lieber Olaf, noch genießen wir die letzten Tage hier. Ich möchte mich trotzdem schon jetzt bei dir für diese fantastische Zeit bedanken. Wir haben uns vor Antritt der Reise oft gefragt, wie es wohl werden wird. Vordergründig war die Frage der Akklimatisierung. Alle Sorgen waren jedoch komplett unbegründet. Aufgrund deiner jahrelangen Erfahrungen hast du das beste Konzept für alle Teilnehmer entwickelt. Der langsame Aufstieg, Akklimatisierungsrunden, Abstieg auf eine niedrigere Schlafhöhe. Keiner der Teilnehmer hatte größere Probleme, alle konnten ihre Träume ungetrübt verwirklichen. Ich möchte dir daher nochmals ganz herzlich für dieses Erlebnis danken. Für mich das Größte, was ich bisher erleben durfte.
Lieber Olaf,
du hast einen langersehnten Traum wahr werden lassen, eine Trekkingreise nach Nepal.
Wirklich alles an der Reise war toll, die Anstrengungen sowie die „entspannteren“ Tage.
Aus der Comfort Zone kommen, über sich selbst hinauswachsen, Neues, Land und Leute sowie die unglaubliche Freundlichkeit der Menschen kennenlernen. Wege auch fernab der „A2“ mit vielen Menschen erleben, 6 Stunden Traumrouten nur mit uns und ein paar Einheimischen in wunderbarer Ruhe.
Danke an dich und dein tolles Team an Guides, Co-Guides und Portern die wir sicherlich alle ins Herz geschlossen haben haben. Ich freue mich auch auf die letzten verbleibenden Tage.
Namaste liebe 2.Gruppe,lieber Olaf,
mit Spannung und Neugier haben ich und bestimmt auch die gesamte 1.Gruppe euer Abenteuer verfolgt.Ihr habt genauso grandiose Erlebnisse gehabt wie wir und glaubt mir die Strapazen rücken mit der Zeit in den Hintergrund. Ich möchte mich nochmal bei Olaf und Kumar bedanken, bei euch waren wir in den besten Händen, auch Danke an Mingmar für das erledigen meiner Postkarten ,sie sind alle angekommen.
Zum Schluss noch viele liebe Grüße an die 1.Gruppe-ihr ward spitze.
Herzliche Grüße von Manuela
Nun, nach etwas vergangener Zeit und inzwischen zurück im verschneiten Erzgebirge, finde ich als Teilnehmer der Nepal – 2024 Valley Gruppe endlich auch Zeit für ein paar wenige Gedanken in Schriftform.
Summiert man die einzelnen Eindrücke der Reise zu einem möglichst stimmigen Gesamtbild, so kommt mir doch vor allem das aus dem Daoismus bekannte Ying und Yang Symbol in den Sinn. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass bei einem 4-wöchigen Trip durch Nepal alles nach Schema A verläuft. Anpassung an die Höhe, Kopfschmerzen, Übelkeit, tägliche Bewegung, Kälte, Blasen auf den Blasen an den Füßen, das 20ste Dal Bhat zum Abendbrot und die feinen Finessen der sozialen Interaktion einer bunt zusammengestellten Gruppe. Die Frage, welche sich aufwirft .. lohnt das ? .. Die ein-eindeutige Antwort : JA! Fremde werden zu Freunden, die Belastung wird zum Training und die Herausforderung zu Motivation. Diese wilde Umwandlung geschieht hierbei in der ABSOLUT einmaligen Umgebung der höchsten Gipfel unseres Planeten. Wie oft ich am Morgen nicht realisieren könnte, in welch dramatisch-, traumhafter Umgebung ich mich befinde, grenzt schon fast an Bedenklicheit. Besonderen Dank gilt Olaf, der nicht nur als Leiter der Gruppe – alles – erdenklich mögliche dafür getan hat, jedem gerecht zu werden, sondern auch als Motivator, Lehrer und Psychologe fungierte. Ich denke, ich werde mich eines Tages auf einer 2. Tour in diesem schönen Land wiederfinden. Cheers, Dennis
Gerührt lese ich Eure Kommentare. Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich darüber freue. Für mich sind Eure Zeilen der Lohn für die vergangenen Wochen und Motivation für die kommenden. Denn nach Nepal ist vor Nepal. Und die beiden Gruppen im nächsten Jahr sind schon wieder so gut wie ausgebucht.
Ich werde noch lange an unsere gemeinsame Tour zurückdenken. Vielen Dank an Euch!