Spantik
Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. In weniger als einem Monat brechen wir nach Pakistan auf. Unser Ziel ist der 7027 m hohe Spantik im Norden des Landes. Das erste Mal bin ich auf den Spantik aufmerksam geworden, als ich nach der erfolgreichen Besteigung des Laila Peaks im Jahr 2022 ins Hunza-Tal kam. Wir hatten am Laila Peak weniger Zeit benötigt als erwartet, und so wollten wir die Gelegenheit nutzen, uns noch ein paar zukünftige Ziele anzuschauen. Ganz besonders angetan hatte es uns der 7788 m hohe Rakaposhi. Die riesigen Eisflanken seiner Nordwand überragen den Eingang des unteren Hunzatales mit einem Höhenunterschied von fast 6000 m. Damit ist die nahezu 20 km breite Nordwand des Rakaposhi die höchste ungebrochene Steilflanke auf unserem Planeten.
Sie zu sehen, hat den Weg hierher schon allemal gelohnt!!
Nicht weniger fasziniert hat uns aber noch ein weiterer Anblick. Von Karimabad, der Hauptstadt des Hunzavolkes, erhebt sich in südöstlicher Richtung in etwa 30 Kilometer Entfernung eine gewaltige Pyramide, die alle Blicke auf sich zieht. Ein sage und schreibe 2200 m hoher Pfeiler, der im Abendlicht goldgelb leuchtet, gab diesem Berg seinen Namen. Die Hunzukuc, welche in diesem Tal zu Hause sind, bezeichnen den Spantik als Ghenish Chhish was soviel heißt wie „Goldene Spitze“.
Durchgesetzt hat sich aber ein anderer Name, welcher aus der Sprache der Balti stammt. Er setzt sich zusammen aus Spang („Gras“) und Tik („Platz“) und bezog sich wohl auf die begrünten Hänge am Südostgrat des Berges. Vermutlich wegen seiner Eingängigkeit wird dieser der Name heute für den ganzen Berg verwendet.
Dieser Pfeiler beschert jedem Kletterer, der sich ernsthaft Hoffnungen machen kann, einem solch gewaltigen Projekt gewachsen zu sein, schlaflose Nächte. Folglich hielt sich meine Euphorie diesbezüglich leider in Grenzen. Aber natürlich beschäftigte ich mich ebenfalls mit diesem gigantischen Felsmonument. Und siehe da, der Spantik hat das Zeug dazu, auch in anderer Hinsicht sehr interessant zu sein. Sein Südostgrat stellt eine technisch machbare und vor allem objektiv recht sichere Aufstiegsroute auf seinen Gipfel dar.
Und nun begann auch bei mir das Nachdenken. Denn es gab immer wieder Anfragen aus dem Umfeld meiner treuen Stammkundschaft, ob nach den vier Sechstausendern in Nepal, die ich insgesamt 34 Mal bestiegen habe, endlich auch mal ein Siebentausender in Angriff genommen werden könnte. Und nach reiflicher Überlegung habe ich mich dazu entschlossen. Die Vorbereitungen dieser Reise sind so gut wie beendet. Flugtickets, Visa, Ausrüstung, Hochlagernahrung, alles liegt bereit. Ich habe mit den Hunza-Guides die beste Partneragentur in Pakistan, die ich mir wünschen kann und die mir nun schon seit Jahrzehnten bei all meinen Touren in diesem wunderbaren Land zur Seite steht.
In dieser Woche habe ich jetzt die letzten verbliebenen Aufgaben erledigt. Ich war in Frankfurt bei der Firma GESAT GmbH, welche mich in Bezug auf meine Satellitenkommunikation betreut. Mein bewährtes Iridium-Telefon sowie auch die Skyfile-Software laufen wieder störungsfrei. Wenn meine Technik die Reise unbeschadet übersteht, kann ich auch aus Pakistan die neuesten Nachrichten von unserer Reise auf meiner Homepage veröffentlichen.
Am meisten freue ich mich über mein Team. Alle Teilnehmer sind bewährte Hochtourengeher vielfach mit Sechtausender- und teilweise sogar Achttausender-Erfahrung. Drei Teammitglieder haben erst im vergangenen Jahr die fast 7000 m hohe Ama Dablam erfolgreich bezwungen.
Sehr froh bin ich auch, dass ich als zweiten Guide Max gewinnen konnte, mit dem ich 2022 gemeinsam mit Thomas Müseler den Laila Peak bestiegen habe. Wir lernten uns auf dieser Tour sehr gut kennen, und ich weiß, dass ich mit Max einen außerordentlich erfahrenen, starken und vor allem verlässlichen Partner an meiner Seite habe, dem ich buchstäblich alles anvertrauen kann. Sogar meine mir sehr ans Herz gewachsenen Freunde.
Und nicht zuletzt bin ich sehr glücklich, dass wir auch bezüglich der medizinischen Ausstattung und Betreuung bestens präpariert sind. Mit Ludwig haben wir einen erfahrenen Arzt mit an Bord. Auch er hat schon eine Menge Höhenerfahrung und gehört zu den Teilnehmern, die im vergangenen Jahr an der Ama Dablam Erfolg hatten. Und auch dort war er naturgemäß für die Gesundheit des Teams verantwortlich und hatte sogar einiges zu tun, wie ich gehört habe.
Es kann also losgehen, bzw. könnte, denn die leidige Packerei steht uns allen schon noch bevor. Ich bin gespannt, ob wir tatsächlich alles weg- also ins Flugzeug hineinbekommen. Aber das wird dann unter anderem Inhalt des ersten Beitrages sein, den ich auf dem Weg zu unserem Ziel schreiben werde. Es wird also demnächst wieder turbulent hier auf meiner Seite, wenn die Technik durchhält!
Allen meinen treuen Lesern wünsche ich einen interessanten und vor allem unfallfreien Sommer mit vielen spannenden Erlebnissen, Begebenheiten und Begegnungen.
Beste Grüße und bis bald an gleicher Stelle…
Und warum geht Ihr dann auf den Spantik und nicht auf den Anderen?
Du meinst den Rakaposhi? Der ist für uns eine Nummer zu groß und zu schwer!