Die letzte Hürde, Teil 1
Es gibt sechs Pässe im zentralen Khumbu, die regelmäßig begangen werden, wenn auch in ganz unterschiedlicher Frequenz. Der höchste und nur relativ selten begangen ist der West Col, welcher das Hongku Tal mit der Makalu Range verbindet. Er ist über 6000 m hoch.
2013 konnte ich ihn im Rahmen meiner Besteigung des 7000 m hohen Baruntse überqueren.

Aufstieg zum Kongma La. Lobuche, der Lobuche Peak und der Khumbu-Gletscher sind auf diesem Foto auch noch sichtbar.
Der Mingbo La wird ebenfalls nicht so oft überschritten. Er ist der technisch herausfordernste, auch der objektiv gefährlichste und mit fast 5900 m Höhe kratzt er auch schon an der 6000-m-Schallmauer. Er verbindet das Khumbutal mit dem Hongku Tal. Oft wird er in Verbindung mit der Besteigung des 6476 m hohen Mera Peak begangen. Ihn kenne ich leider noch nicht.
Der Amphu Labtsa ist mit fast 5800 m ebenfalls sehr hoch und technisch nicht zu unterschätzen. Er verbindet das Hongku Tal mit dem Imja Tal. Er wird öfter als der Mingbo La und der West Col begangen und meist auch im Zusammenhang mit der Besteigung des Mera Peaks.
Ich habe ihn 2013 auf dem Rückweg vom Baruntse nach Lukla überschritten. 2015 war ein Übergang mit einer Trekkinggruppe wegen starker Schneefälle unmöglich.

Auf der Passhöhe warteten zwei Hunde auf freigiebige Überquerer. Und da wir das waren, ich habe eine halbe Packung Kekse geopfert, hatten wir auf dem Abstieg zwei wirklich liebe und freundliche Begleiter bis hinunter nach Dingboche.
Im Rahmen von normalen Trekkingtouren werden diese drei Pässe eher selten gemacht.
Ganz anders die drei verbleibenden Übergänge. Sie stehen auf dem Programm fast aller Trekkingagenturen. Der sogenannte „Three Passes Trek“ ist sehr populär, aber konditionell recht anspruchsvoll. Häufig reichen die Körner nicht bis zum letzten dieser drei aus. Da spreche ich aus 26 Jahren Erfahrung.
Ich biete diesen Trek an, wenn ich mit meinen Gästen ins Khumbu hineinlaufe. Wir starten dann in Jiri oder neuerdings in Lumsa und sind schon ganz gut akklimatisiert, wenn wir in der Khumbu-Region eintreffen.
Der erste Pass, den WIR dann angehen, ist der 5360 m hohe Renjo La. Er verbindet das Tal des Bhote Koshi (Fluss) mit dem Tal des Ngozumba-Gletschers. Der Renjo wird sehr häufig begangen und ist inzwischen so gut ausgebaut, dass sogar Yaks ihn überqueren können.
Die mit großen Abstand höchsten Begehungszahlen hat der Cho La (5420 m) aufzuweisen. Er wurde mit dem Geld einer Schweizer Agentur mit Markierungsstangen und Drahtseilen versehen, so dass er auch bei schlechten Verhältnissen überquert werden kann. Vor allem dieser Umstand macht ihn so beliebt.
Ich finde es aber sehr traurig, dass der Versicherungswahn nun auch hier im Khumbu um sich greift. Wir Menschen können es einfach nicht akzeptieren, dass die Verhältnisse eine Passüberquerung oder Bergbesteigung gefährlich werden lassen und man deshalb lieber verzichten sollte. Aber wir verzichten nicht gern, besonders wenn wir dafür bezahlt haben.

Bei unserer Ankunft in Dingboche kehrten wir zu erst einmal in eins der brandneuen und sehr schicken Cafés ein.
Wieder ist ein Stück ursprüngliche Natur dem unstillbaren Drang von uns Menschen geopfert worden, uns die Natur untertan zu machen, um das Unmögliche möglich werden zu lassen. Um abenteuerhungrigen Bergtouristen öfter als zuvor die ärgerliche Tatsache ersparen zu können, dass etwas nicht geht, weil die Natur gerade stärker ist. Die Schweizer haben dem Rechnung getragen.
Meine Meinung zu diesem Frevel habe ich in dem Artikel „Tonnenweise Metall“ kundgetan. Nichtsdestotrotz stand dieser Pass auch auf der gerade zu Ende gehenden Tour auf unserem Programm. (siehe den Beitrag „Nepals größter Gletscher„)
Der dritte der drei vielbegangenen Übergänge ist der Kongma La, mit 5540 m der höchste und auch anspruchsvollste dieser drei populären Khumbu-Pässe. Und dieser Übergang vom Khumbu-Tal in das Imja-Tal stand nun auf der Wunschliste von Angela, Oliver, Svea und Frank.
Gestartet sind wir im 4900 m hohen Lobuche am vergangenen Sonntag (16.03.). Unser Ziel war Chukhung, welcher der am höchsten gelegene Ort im Imja Tal ist.
Ich werde oft nach den Schwierigkeiten und Herausforderungen bei der Überquerung der drei populären Pässe gefragt, welche die vier Khumbutäler miteinander verbinden. Sie sind alle drei technisch einfach und mit guter Kondition und Trittsicherheit bei vernünftigen Verhältnissen problemlos zu bewältigen.
Trotzdem unterscheidet sich der Kongma La von den beiden anderen vielgegangenen Pässen im Khumbu. Der Unterschied besteht vor allem darin, dass er nicht ausgebaut, also mit Treppen versehen wurde wie der Renjo und der sogar zusätzlich noch mit Drahtseilen versicherte Cho La.

Auf dem Weg von Tengboche nach Namche. Im Hintergrund rechts die Ama Dablam, links Lhotse und Everest.
Der Kongma La ist als Übergang also noch sehr ursprünglich. Eine weitere Besonderheit ist, dass seine Überquerung keine Zeit spart. Wenn man von Lobuche im Khumbutal ins Imjatal nach Dingboche oder Chukhung möchte, benötigt man sowohl über den Pass als auch unten herum nur einen Tag.
Der Übergang über den Kongma La ist also nur wegen des Ausblickes auf die Berggiganten des Imjatales bzw. der sportlichen Herausforderung von Bedeutung. Eine echte praktische, also Zeit und womöglich kraftsparende Alternative zum Weg unten herum ist er nicht. Das wiederum hat aber den Vorteil, dass keine Träger mit über den Pass müssen, wie am Renjo oder am Cho La. Die können viel bequemer unten entlang gehen.
Der Kongma La ist also nur ein langer, anstrengender Spaziergang in grandioser Bergkulisse, der sich aber gerade deswegen sehr lohnt.
Ende Teil 1
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