Die neuen Alten

Um Missverständnissen vorzubeugen. Mit „alt“ ist nicht die Zahl an Jahren gemeint, welche die Neuankömmlinge auf dem Buckel haben. Außerdem würde ich mir da ins eigene Fleisch schneiden. Nein, gemeint ist ein besonderer Umstand, den ich sehr erfreulich und deshalb erwähnenswert finde.

Die ersten Meter auf nepalesischem Boden.

Von den zehn Teilnehmern sind tatsächlich neun Wiederholungstäter. Sie waren alle schon mindestens ein bis sagenhafte fünf Mal mit mir hier in meiner zweiten Heimat unterwegs. Und drei waren sogar schon 2015 bei meiner zweiten Tour am Mera Peak dabei.

Das werte ich für mich einfach mal als großes Kompliment. So viel kann ich also nicht falsch machen, obwohl es doch tatsächlich auch Gäste gibt, die es partout darauf abgesehen haben, mich diesbezüglich zu verunsichern. Gott sei Dank aber nur selten.

Seit dem 27. März sind also die neuen Alten hier, und ich verspürte bei ihrer Ankunft dieses wohlige Gefühl, das man machmal hat, wenn man gute Freunde nach längerer Zeit wiedersieht. Das war schön.

Diese Tradition, dem Ankömmling Blumenkränze zu überreichen, gefällt mir irgendwie ganz besonders gut. Man fühlt sich einfach willkommen. Aber das ist man in Nepal sowieso.

Alles lief wie immer: Begrüßung am Flughafen, Blumenkränze, Fahrt ins Hotel, Gruppenfoto, Geld tauschen, erster Spaziergang durch Thamel auf dem Weg zum tibetischen Hotpot in den Decheling Garden, zeitiges Insbettgehen.

Denn am Freitag (28.03.) hieß es in aller Herrgottsfrühe „Nachtruhe beenden“ und Start der unvermeidlichen Busfahrt zum Ausgangspunkt unserer Tour in Lumsa. Schon um 5 Uhr morgens ging es los, denn ich wollte auf alle Fälle vor dem morgendlichen Berufsverkehr aus Kathmandu raus sein. Das spart Stunden an Zeit und haufenweise Nerven.

Gruppenfoto Nummer 1 mit müden aber glücklichen und zufriedenen Gästen.

Dass ich Lumsa als Ausgangspunkt für unsere Tour gewählt habe, hat zwei triftige Gründe: Erstens ist Lumsa das Heimatdorf von Mingmar Sherpa, meinem Freund und gleichzeitigem Chef meiner hervorragenden nepalesischen Partneragentur BOSS-ADVENTURE.

Er freut sich immer sehr darüber, in seiner Heimat Gäste begrüßen zu können. Er hat in Lumsa eine außerordentlich komfortable Lodge gebaut, die allerdings so gar nicht als Maßstab für alle kommenden herangezogen werden darf.

Unser unzerstörbarer TATA-Bus und meine Gäste beim zweiten Frühstück am Wegesrand.

Der zweite Grund ist der Pikey Peak gleich bei Lumsa um die Ecke. Ein kleiner, aber immerhin schon über 4000 m hoher Berg mit toller Aussicht auf die Khumbu-Region des Himalayas. Ihn werden wir auf unserem Weg zum Mera überschreiten und dabei eine Menge für unsere Akklimatisation tun können. Denn gut akklimatisiert müssen wir am Mera Peak auf alle Fälle sein.

Doch vor der komfortablen Mingmar-Lodge in Lumsa, warteten 11 Stunden heftige Durchschüttelei im Bus auf uns. Besonders ruppig ist es auf einem etwa 30 Kilometer langen Abschnitt, welcher bald hinter Dhulikhel beginnt.

Da oben war sie mal, die Straße. Jetzt führt sie notdürftig durch das Flußbett. Über viele Kilometer ist Schritttempo das höchste der Gefühle im wahrsten Sinne des Wortes.

Der Grund dafür ist leider tragisch, weil so typisch für die Zeiten des Klimawandels. Im vergangenen Sommer war der Monsun in Nepal besonders heftig. Es gab Ende September tagelange verheerende Regenfälle, die Erdrusche und Überschwemmungen ausgelöst haben. Es waren die schlimmsten seit vielen Jahrzehnten. Knapp 200 Tote wurden bis heute gezählt.

Auch jetzt, ein halbes Jahr später sind die Schäden an der Infrastruktur überall noch zu sehen. Vor allem einige der Hauptverkehrsadern sind zum Teil auf Jahre hinaus zerstört.

Gigantische Massen an Material hat der Fluss einfach weggerissen. Was für ungeheure Gewalten am Werk gewesen sein müssen.

Besonders betroffen war das Kathmandutal. Hier starben die meisten Menschen. Die Hauptstadt wurde von tagelangen schweren Regenfällen heimgesucht und stand im Süden über weite Teile unter Wasser.

Mindestens drei Busse, die nach Kathmandu unterwegs waren und auf einer der schlecht gesicherten Straßen im Stau standen, wurden von einem Erdrutsch verschüttet. Fast 40 Menschen verloren allein in diesen Bussen ihr Leben.

An einigen Stellen wird versucht, die völlig zerstörte und oft über hunderte von Metern einfach weggespülte Straße notdürftig zu reparieren. Aber Nepal hat kaum die Kraft und die Mittel, diese Hauptverkehrsader monsunsicher wieder herzustellen.

Nach elf Stunden Fahrzeit kamen wir in Lumsa an. So richtig abenteuerlich wurde es aber erst auf den letzten 20 Kilometern nachdem wir in Dhap von der Hauptstraße abgebogen sind. Es war eigentlich völlig unvorstellbar, dass auf einer solchen „Straße“ ein riesengroßer Bus langfahren können soll.

Aber dann kamen uns drei überladene LKWs entgegen. Um solche Apparate auf dieser Straße steuern können, darf man keine Nerven haben und schon gar keine Angst. Und dass wir überhaupt aneinander vorbei kamen, war auch ein kleines Wunder auf diesem Sturzacker.

Begegnung, die einem erstmal das Herz in die Hose rutschen lässt. Wie um alles in der Welt sollen wir hier aneinander vorbei kommen? Kumars Kommentar: Kein Problem!

Wie schon im vergangenen Jahr wurden wir in Lumsa von Mingmar Sherpa und seiner Familie höchstpersönlich mit Rhododendron-Kränzen, Willkommensgetränk und später dann mit einem bonfortionösen Abendessen empfangen. Zum Nachtisch gab es Torte. Ich wollte hier eigentlich abnehmen. Aber das hat schon auf der ersten Tour nicht geklappt.

Morgen werden wir noch dem Lumsaer Kloster und der Schule einen Besuch abstatten, ehe es dann gegen Mittag entgültig mit unserem Trekking zuerst Richtung Peekey Peak und später zum Mera losgeht.

Wie es mit der Möglichkeit aussieht, Beiträge zu veröffentlichen, steht bei dieser Tour eher in den Sternen. Lassen wir uns überraschen.

zu den anderen Blogbeiträge dieser Tour:

Mera – Der höchste Punkt

 

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3 Antworten

  1. Wolfgang Jähne sagt:

    Hallo lieber Olaf und deine neuen Mitstreiter,
    zwei der Wiederholungstäter habe ich erkannt, Jan und Ronny. Viele Grüße an alle und habt eine schöne Zeit miteinander! Wolfgang.

  2. Veronika sagt:

    Lieber Olaf, liebe Luisa, lieber Andreas und liebes Team, was ich leider noch nicht kennenlernen durfte.
    Ein wahrhaft holprigen Start. Die unermessliche Gastfreundschaft von Mingma und seiner Familie durften wir auch schon genießen, die Fotos von Andi toppen jedoch jede Vorstellungskraft. Ihr zehrt sicher noch 1-2 Tage von diesem Komfort. Ich wünsche euch weiterhin viel Glück und Erfolg und ganz liebe Grüße an Te Kumar, Mingma und die nepalesische Familie.
    LG Veronika

  3. Veronica sagt:

    Ich staune immer wieder, was die Fahrer der Busse und LKWs auf diesen schmalen „Straßen“ schaffen!
    Viel Erfolg für die kommenden Tage!
    Liebe Grüße an euch alle, Veronica

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