Trekkingroutine

Die Augen suchen den Weg, die Beine gehen ihn, aber in mein Bewußtsein dringt dieser Vorgang nicht. Gehen wird zu einer Art Meditation. Ich bin mit meinen Gedanken entweder ganz woanders, was eher selten passiert. Oder ich bin am Schauen. Meistens aber denke ich gar nicht. Ich gehe nur. Und da bin ich ganz bei der Sache.

Solche Begegnungen können ganz schön ausarten. Drei LKWs kamen uns hier entgegen. Sie fahren meist im Pulk, damit die Fahrer sich bei einer der häufigen Pannen gegenseitig helfen können.

Und wenn man das, wie ich gerade, viele Wochen lang tut, dann geschied etwas sehr angenehmes. Man geht sich leer. Am ehesten könnte man das beschreiben mit einem Sack Reis, der einem auf den Schultern lastet. Er hat ein kleines Loch. Korn auf Korn rinnt heraus. Ganz langsam wird er immer leichter. So langsam, dass man das gar nicht merkt. Irgendwann ist er leer, die Last ist weg, man fühlt sich leicht und befreit und weiß gar nicht recht warum eigentlich.

Manchmal wird es doch recht eng. Hier ließ sich die Schramme nicht mehr vermeiden.

Nach unserer Einstimmung am Peekey Peak hat nun (02.04.) in Karikola der eigentliche Marsch zu unserem Hauptziel, dem Mera Peak, begonnen. Doch bevor wir nun viele Tage lang die Distanz zu unserem Berg verkürzen werden, hatte der Liebe Gott noch eine Jeepfahrt gesetzt.

Einen liegengebliebener LKW musste auch diesmal umfahren werden.

Eigentlich war sie fast störungsfrei unsere Reise von Junbesi nach Karikola mit den Jeeps. Trotzdem bin ich nach wie vor immer wieder mehr als erstaunt darüber, dass auf dieser Strecke nicht nur Jeeps, sondern auch Busse und schwer beladene LKW „fahren“. Man kann sich nicht vorstellen, dass sowas auf dieser Straße möglich ist, bevor man es nicht selbst gesehen, bzw. erlebt hat.

Der Zustand der Reifen unserer Jeeps war auch nicht mehr der beste. Aber das geht schon noch, selbst auf diesen „Straßen“. Der TÜV bei uns ist zu streng.

Schon wenn sich zwei Fahrzeuge begegnen, kann es schnell mal eine Stunde dauern, bis man aneinander vorbei ist. Es eilig zu haben, macht hier keinen Sinn. Und diese „Straße“ wird sicher nicht sobald eine brauchbare Alternative zum Flug nach Lukla werden. Im Gegenteil. Diese „Straße“ ist momentan auf dem besten Weg zur Letztbefahrung, weil sie nicht in Stand gehalten wird.

Glückliche Ankunft nach sieben Stunden Ritt auf der Rüttelmaschine. Und dieses Mal wurden auch unsere 10 Träger mit uns gemeinsam durchgeschüttelt.

In Karikola beginnt sie nun endgültig, unsere aufregende Tour zum Mera Peak und dem Amphu Labtsa Pass. Der erste Tag war aber noch ganz entspannt. Schon nach drei Stunden und 800 Höhenmetern erreichten wir Pangkongma.

Auf diesem Trek kommt es zum einen darauf an, eine effektive Akklimatisation hinzubekommen. Es ist schwieriger als zum Beispiel auf dem Everest-Trek, die Schlafhöhen moderat zu erhöhen und gleichzeitig eine gute Lodge zu finden. Hier sind die Möglichkeiten zum Unterkommen nicht so eng gesät wie nebenan in den Tälern am Fuß des Everest.

Die ersten Trekkingmeter auf dem Weg von Karikola nach Pangkongma führten durch die frühlingshaften Haine und Felder Karikolas.

Am meisten gefällt mir auf diesem Weg seine Ursprünglichkeit. Kein Vergleich mit den Wegen im Khumbu, die ja inzwischen zu regelrechten Trekkingautobahnen ausgebaut sind. Hier sind das noch die jahrhundertealten Träger- und Pilgerpfade.

Und doch gibt es Veränderungen. Als ich vor zehn Jahren das letzte Mal auf diesem Weg mit einer Gruppe unterwegs war, gab es so gut wie keine festen Unterkünfte. Wir schliefen meistens in unseren Zelten, selten auch in sehr primitiven, halbfertigen Herbergen. Und wir waren immer allein unterwegs.

Der Rhododendron steht in den Höhenlagen, in denen wir gerade unterwegs sind, in voller Blüte.

Heute hat sich die Infrastruktur schon deutlich verbessert. Allerdings ist auch diesbezüglich ein Vergleich zum Everestgebiet, wo es manchmal 20 oder 30 Lodgen in einem Ort gibt, nicht möglich.

Wir sind gerade in Cholem Kharka und da freuen wir uns über die Möglichkeit, zwischen zwei Herbergen zu wählen.

Kindertransporter der uns auf unserem Weg von Najingdingma nach Cholem Kharka begegnet ist.

Auch sind wir ganz und gar nicht allein unterwegs. Ich bin erstaunt, wie viele Leute zum Mera Peak wollen.

Doch wenn man weiß, dass die beiden anderen in der Vergangenheit stark frequentierten Sechstausender, der Lobuche Peak und der Island Peak, immer unattraktiver werden, weil sie massenhaft Eis eingebüßt haben, dann ist das wenig verwunderlich. Die Steinschlaggefahr steigt, die technischen Schwierigkeiten bei der Besteigung ebenso.

Die zumindest auf dem Weg obligatorische Rara-Nudelsuppe zum Mittag.

Deshalb wird der Mera immer öfter als Alternative angeboten. Doch ich bin sehr gespannt, wie sich der Mera in den letzten 10 Jahren verändert hat. Denn auch an seiner Eisauflage wird die rasante Erwärmung nicht spurlos vorübergegangen sein.

Alles läuft momentan sehr gut bei uns, es gibt keine Probleme. Der Krankenstand geht inzwischen, nach einigen geheilten Hustenden, gegen Null. Nur was mit dem Wetter in den kommenden Tagen wird, treibt uns um.

Unberührter Urwald, weit und breit weder ein Dorf und schon gar keine Straße. Eigentlich möchte ich in Nepal nur noch so unterwegs sein.

Seitdem wir in Lumsa aufgebrochen sind, ist es jeden Tag diesiger geworden. Die Sicht ist inzwischen so schlecht, dass seit zwei Tagen nicht mehr geflogen werden kann. Das ist kein gutes Zeichen. Und für uns ist es natürlich auch nicht so schön. Wir wollen Berge sehen!

Dazu passt leider auch der Wetterbericht. Ab übermorgen soll es schneien. Aber ob das nun der große Wetterumschwung wird oder nur das Ende einer längeren Trockenperiode ohne den geringen allabendlichen Niederschlag?

Das wird sich in den kommenden zwei bis drei Tagen zeigen…

Ein ausgeprägter sogenannter Halo, aufgenommen gestern auf dem Weg nach Najingdingma. Ein Halo soll ein Schlechtwetterzeichen sein. Damit Halos entstehen können, müssen sich Eiskristalle in der Atmosphäre gebildet haben, welche regelmäßig gewachsen und durchsichtig klar sein sollten. Meist bilden sie sich in großer Höhe von 8 bis 10 km und ihr Vorhandensein wird durch Cirruswolken angezeigt. Und Cirruswolken sollen wohl auch schlechter werdendes Wetter anzeigen. Aber „bei Frauen und Cirren kann man sich irren“, sagt ein altes Bergsteigersprichwort 🙂 Leider bestätigt die Wetterprognose diese Schlechtwetterzeichen.

zu den anderen Beiträgen dieser Tour:

Mera – Der höchste Punkt

Die neuen Alten

Kulturbeitrag

 

Das könnte dich auch interessieren …

Eine Antwort

  1. Veronica sagt:

    Bei dir lernt man einfach immer etwas Neues. Heute zum Beispiel etwas über Halos. Und ein neues (Bergsteiger)Sprichwort 😉
    Ich drücke die Daumen, dass die Wetterprognose daneben liegt ….
    Liebe Grüße, Veronica

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen