Mehr Luft!
Goethes letzte Worte ein wenig für uns abgewandelt. Er bat der Überlieferung nach um mehr Licht bevor er starb. Wir bräuchten in den nächsten Wochen vor allem mehr Luft, wenn wir die Berge hoch schnaufen wie eine alte Dampflok. Doch die Luft wird leider immer dünner, je höher wir aufsteigen.
Mehr Luft bleibt also höchstens ein Wunschtraum. Aber wir wollten es ja nicht anders. An der dünnen Luft können wir derzeit also nichts ändern. Woran wir aber sehr wohl etwas ändern können, ist unsere Anpassung an den sich ständig vermindernden Sauerstoffpartialdruck. Doch das ist Arbeit. Nicht unbedingt für uns, wohl aber für unseren Körper. Ein seltsamer Widerspruch? Nein.
Wir brauchen Ruhe und Zeit, unser Körper schuftet: Jede einzelne Zelle muss sich an den Sauerstoffmangel anpassen. Das ist anstrengend und deshalb müssen wir ihn in Ruhe lassen und höchstens Wanderungen mit dem Charakter von entspannten Spaziergängen unternehmen.
Genau das haben wir in den letzten drei Tagen gemacht, nachdem wir am vergangenen Montag in Namche (3400 m) eingetroffen sind. Und das werden wir auch noch ein Weilchen weiter so tun.
Am Dienstag sind wir ganz geruhsam eine Runde von Namche nach Khumjung (3800 m) zum Yetiskalp, dann nach Khunde (auch 3800 m) zum Mittagessen und zum Hillary Hospital und schließlich wieder zurück nach Namche in die Bäckerei geschlendert.
Anschließend waren wir auf einem zweitägigen Ausflug in Thame (3800 m) und haben meine tibetischen Nonnen in Thamo besucht, um mit ihnen die obligatorische Puja zu feiern. Schließlich sollten die Berggötter in den kommenden Wochen möglichst wohlwollend unsere Vorhaben unterstützen und uns keine Steine, Neuschneemassen oder gar Lawinen in den Weg legen.
Nach der Nacht in Thame sind wir gestern noch einmal nach Namche zurückgekehrt, denn so eine Nacht tiefer als die vorherige zu schlafen, tut Körper und Seele besonders gut.
Akklimatisation ist hier im Himalaya alles, und ich wundere mich jedes Mal aufs Neue, wie wenig ich danach gefragt werde. Wenn ich ein Ranking aufstellen würde, welches die am häufigsten an mich gestellten Fragen sind, so steht an erster Stelle die nach den Temperaturen. Vor allem nach den möglichen Frostgraden. Dann kommen die täglichen Gehzeiten, die hygienischen Gegebenheiten in den Herbergen und nicht zuletzt auch die Fragen nach der benötigten Ausrüstung. Und dabei hat niemals irgendwas davon je ein Problem verursacht.
Ganz anders die Höhe. Doch Auskünfte zu deren Auswirkungen auf unser Wohlbefinden, zu den täglich zu absolvierenden Höhenmetern oder zur Anpassungstaktik an den Sauerstoffmangel usw. werden natürlich auch verlangt, doch die landen regelmäßig abgeschlagen unter ferner liefen…
Dabei ist die Frage nach „mehr Luft“ die alles entscheidende. Dumm ist nur, dass es hier nicht mehr, sondern mit jedem Höhengewinn immer weniger Luft gibt. Aber die gute Nachricht ist, dass wir uns daran gewöhnen können. Und das nennt man dann Akklimatisation.
Doch was passiert eigentlich mit uns, wenn wir immer weniger Luft bzw. Sauerstoff in der Luft zur Verfügung haben?
Dazu dann mehr im zweiten Teil…
Namasté Olaf, ja die Luft dort Oben ist ziemlich „dünn“!
Zumindest ich habe das im Vorfeld immer auf dem Schirm gehabt – war Dir auf unserer Tour sehr dankbar für das vermittelte Wissen und die gelebte Konsequenz in Form von Hartnäckigkeit – wenn es nach einem anstrengenden Tag für Körper und Geist hieß: „…wir sind am Ziel, aber noch nicht „fertig“!
Der vor der Nachtruhe stattfindende obligatorische und so wichtige Abendspaziergang, mit weiteren Höhenmetern, wurde wohl von allen Teilnehmern gleichermaßen verflucht wie geliebt.
Jedoch, wie auf den Bildern zu sehen, wenn Ihr weiterhin so tolles (Foto/Film ;)) -Wetter habt, dann ist bei mir die Sehnsucht nach dieser grandiosen Natur, den unbeschreiblichen Glücksgefühlen, ziemlich „dick“.
Und das wiederum, kann nur jener erfahren, der dort gewesen ist.
In diesem Sinne…Euch weiterhin tolle Erlebnisse sowie eine gut laufende „Dampflock“.
Liebe Grüße
Jens