Erhabenheit und Größe

Da kann ich Lieblingstäler haben, so viel ich will. Das Khumbutal mit dem gleichnamigen Gletscher, dem Kalar Pattar und vor allem dem heiligen Boden des Everest-Basislagers sind in der Khumburegion des Himalayas DIE magischen Anziehungspunkte.

Alle wollen auch einmal dort gestanden haben, wo die vielen Triumphe und Tragödien am höchsten Berg der Welt ihren Ausgang nahmen. Wo die Titanen des Alpinismus ihre Heldentaten vollbrachten oder ihrem Untergang entgegen stapften.

Und nun können auch wir sagen, dass wir dort gewesen sind. Vorgestern (19. März) standen wir geradezu euphorisch vor Freude, weil bei bestem Abendlicht, auf dem 5640 m hohen Aussichtspunkt oberhalb des Kalar Pattars und bestaunten die Weltberge im Abendrot. Hier konnten wir ahnen, was Erhabenheit und Größe wirklich bedeuten. Das war vielleicht nicht nur nominell der Höhepunkt unserer Reise.

Es ist schon ein kleines Wagnis, am Nachmittag zum Aussichtspunkt oberhalb des Kalar Pattar aufzusteigen. Aber wir können scheinbar fest auf unser Wetterglück vertrauen, wie seit dem ersten Tag unserer Reise. Alle waren oben, nur unseren Hund haben wir an offenbar weniger hungrige Leute verloren.

Gestern (20. März) haben wir das Basislager des Everest besucht und es ausgiebig erkundet. Vor allem der Ausflug zwischen die lupenreinen, haushohen Eispinnacles des Khumbugletschers war besonders beeindruckend. Jedenfalls für mich. Ich kenne nirgendwo auf der Welt einen derartig zauberhaften Ort.

Zwischen den Eistürmen des jungfräulichen Khumbugletschers kann ich mein Glücksgefühl, hier sein zu dürfen und so etwas schönes sehen zu können, regelrecht mit Händen greifen. Ich wünschte mir, meinen Gästen würde es auch so gehen.

Dieses Foto muss sein. Bloß gut, dass es diesen Riesenstein hier gibt. Wieder waren wir vor Ort, als noch relative Ruhe herrschte. Am Vormittag sind die Leute alle auf dem Kalar Pattar. Gut so!

Nur ein paar hundert Meter entfernt an dem großen Stein, welcher markiert, dass man nun endlich das 5350 m hoch gelegene Basislager erreicht hat, herrscht lärmendes Getümmel der Selfierauschsüchtigen.

Unten zwischen den Eistürmen andächtige Stille. Niemand traut sich da hinein. Denn dort ist es unberechenbar und gefährlich. Schön, dass niemand weiß, dass dem überhaupt nicht so ist.

Doch das ist nicht unser einziges Glück. Das Wetter ist auch ganz außergewöhnlich. Seit 14 Tagen sind wir nun in den in den Bergen unterwegs. Zuerst war das Wetter großartig, dann sehr gut und jetzt in den letzten drei Tagen ist es wieder großartig.

Mitten im Labyrinth des jungfräulichen Khumbugletschers.

Unsere Träger machen einen tollen Job, mein Co-Guide Te Kumar sowieso. Ihm vertraue ich jetzt schon seit fast 15 Jahren, und er hat mich noch nie enttäuscht.

Heute nun sind wir in das vierte große Khumbutal gewechselt. Über Lobuche und Dhukla sind wir in fünf Stunden von Gorak Shep nach Dingboche gelaufen. Dieser Ort liegt am Zugang zum Imja Tal, unserer letzten Station bevor wir uns auf den Rückweg nach Namche Basar machen.

Zwei wunderschöne Yaks auf dem Rückweg vom Basislager nach Gorak Shep.

Das Imja Tal ist der Ort hier im Khumbu, an dem ich die meiste Zeit verbracht habe. Von den zusammengerechnet fünf Jahren, die ich bis heute in Nepal gewesen bin, war ich sicher die Hälfte der Zeit nur in diesem Tal unterwegs. Denn das Tal ist unter anderem auch der Schauplatz meiner drei wichtigsten Himalaya-Expeditionen.

Ich freue mich auch darauf, den Imja Tse wiederzusehen, der umspült von den Eismassen der Gletscher wie eine Insel mitten im Tal thront, und den ich gemeinsam mit meinen Gästen nicht weniger als 26 Mal bestiegen habe.

Es ist wirklich unvorstellbar, was hier gerade ins Basislager des Mount Everest getragen wird. Viele hundert Tonnen werden es bis Mitte April sein. Diese Last hat mich wegen ihrer irrwitzigen Größe fasziniert. Wie kann man eine solche Last austarieren, um nicht dauernd unter ihr zusammenzubrechen? Und die Wege sind ja nun nicht gerade die besten hier!

Ich freue mich auch darauf, Cindy Sherpa zu treffen. Sie ist die Chefin der Chukhung Resort Lodge, in der ich seit 28 Jahren wohne, wenn ich in Chukhung, dem höchstgelegenen Örtchen im Imja Tal bin. Sie ist sehr bescheiden und fleißig und das obwohl sie eine der wohlhabendsten Frauen im gesamten Khumbu ist.

In den drei vergangenen Jahren war ich nicht dort, deshalb wird es Zeit, endlich einmal wieder hierher zurückzukehren.

Morgen ist es soweit.

Der Everest und der Nuptse im Abendlicht 150 m oberhalb des Kalar Pattar aufgenommen.

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5 Antworten

  1. Christian Pech sagt:

    Olaf, grüße bitte auch „unseren“ Berg, den Chukhung Tse, von uns wenn Du dort bist.
    Viele Grüße von K&C

  2. Ingrid Hoppe sagt:

    Jetzt bereue ich das ich nicht mitgekommen bin,
    das sieht alles so gigantisch aus .
    Liebe Grüße an Ronny und unbekannter Weise an den Rest der Truppe, Ihr könnt stolz auf Euch sein.
    Liebe Grüße Ingrid

  3. Detlef Weyrauch sagt:

    Lieber Olaf, lieber Kumar,
    da kommen tolle Erinnerungen an unsere Tour im Jahr 2019 hoch. Auch ich war begeistert vom abendlichen Blick auf dem Kalar Pattar sowie dem besonderen Geist, den das Everest-Basislager ausstrahlt. Und mit Olaf bin ich ja schon 2002 im Imja-Tal gewesen. Genießt es weiterhin mit euren Gästen.
    Viele Grüße Detlef

  4. Jana sagt:

    Lieber Olaf,
    was für wunderschöne Bilder! Was für gigantisches Wetter!
    Ich soll dir ans andere Ende der Welt ganz herzliche Grüße von deinem ehemaligen Kommilitonen Jens Fritsche schicken, der hier in München eine Tieraugenarztpraxis führt. Hab ihn durch Zufall getroffen, er hat einem meiner Hundis das Auge in einer sehr umfangreichen OP gerettet. Da kommt so ins Gespräch… 😉
    Also, sei herzlich gegrüßt und natürlich auch von mir!
    Jana

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