Minigebirge der Extraklasse
Was für unvorstellbare Zahlen! Mich faszinieren Gebirge unter anderem deshalb, weil sie so alt sind. Denn sie führen uns überdeutlich vor Augen, dass wir Menschenzwerge nur ein mikroskopisch kleiner Punkt sind auf der unendlichen Achse der Zeit! Und dieser Gedanke ist zumindest für mich sogar tröstlich, bringt er mich doch dazu, mich und meine Problemchen einfach nicht so wichtig zu nehmen und mich viel mehr an den kleinen, schönen Dingen zu erfreuen, die mir jeden Tag widerfahren!
So sehen sie aus, die bis zu 60 m hohen, quarzporphyrnen Wände des Battert. Ein steingewordener Kletterertraum!
Vor 320 Millionen Jahren beförderten Vulkane Magma an die Oberfläche des Nordschwarzwaldes. Es bildete sich Granit, welcher allerdings nur schlappe 50 Millionen Jahre später schon wieder weitgehend erodiert war. Übrig blieben mächtige Schuttablagerungen, von den Geologen „Rotliegendes“ genannt. Doch an Schutt kann man leider nicht klettern. Und dann hatten die Kletterer im Schwarzwald Glück. Ein Zufall kam ihnen zu Hilfe.
Noch einmal vergingen etliche Millionen Jahre, ehe im Tertiär entlang von Spalten an verschiedenen Stellen kieselsäurehaltige Dämpfe an die Oberfläche gelangten. Diese Dämpfe verfestigten den Schutt zu einer kompakten Gesteinsmasse. Die Geologen sagen „Härtlinge“ dazu. Sie hatten der Erosion mehr entgegenzusetzen als der umliegende Schutt. Und deshalb gibt es heute das wunderschöne kleine Minigebirge, welches sich „Battert“ nennt.
Ich hatte von diesem Gebirgskleinod noch nie etwas gehört. Es ist aber auch zu klein und vor allem zu weit weg. Und wir haben ja immerhin mit der Sächsischen Schweiz das größte und schönste Klettergebiet Deutschlands direkt vor unserer Haustür. Da ist diese Ignoranz womöglich entschuldbar.
Aber dann traf ich auf Max, der mit mir in diesem Jahr gemeinsam in Pakistan am Laila Peak war. Er erwähnte zum ersten Mal den Battert, weil es sozusagen sein Hausklettergebiet ist, seit der ehemalige Sachse in Tübingen lebt. Und als dann noch mein Kletterfreund Christian nach einem Besuch im Battert regelrecht von diesem Klettergebiet schwärmte, war klar, dass ich dort auch einmal hin musste. Und am vergangenen Wochenende war es soweit. Vier Tage Klettern im Battert!
Max in Aktion: Links steigt er mir die „Jugend“ an der Cima della Madonna nach. Wollte er mir mit der Auswahl dieses Weges irgendwas sagen? Rechts kämpft Max in der Schlüsselstelle der „Schreckkante“ an der Badener Wand.
Die erste Begegnung mit einem Klettergebiet findet bei mir in der Regel zu Hause auf der Couch statt. Denn als erstes besorge ich mir den entsprechenden Kletterführer und fange an, zu lesen. Und das hat in diesem Fall großen Spaß gemacht, denn der Battert-Führer von Panico (Schwarzwald, Band Nord) ist wirklich ganz ausgezeichnet. Und zwar in jeder Hinsicht, großes Kompliment dafür!
Und wie ich da so lese über die Geschichte des Kletterns im Battert, lerne ich sogleich, dass der Battert tatsächlich das zweitälteste Klettergebiet Deutschlands ist! Nur elf Jahre nachdem im Sandstein an der Elbe das Klettern aus sportlichen Motiven und ohne künstliche Hilfsmittel begann, ging es auch im Battert (1885) los. Und wie kühn hier erschlossen wurde, nötigt jedem, der etwas vom Klettern versteht, enormen Respekt ab.
Diese Tatsache war das erste, was mich für den Battert eingenommen hat. Gleich eine ganze Reihe von anderen Auffälligkeiten folgten. Sie machen dieses Minigebirge für mich zu etwas ganz besonderem:
Traumwege am laufenden Band: Links klettere ich den „Gaiserriss“ an der Frühstückswand und rechts den „Bockgrat“ auf den gleichnamigen Gipfel. (Fotos: Max Jackisch)
Als ich endlich das erste Mal vor den Felsen des Batterts stand, konnte ich mich einer leichten Enttäuschung nicht erwehren. Es war schon ziemlich klein. So eine Art „Gebirgspuppenstube“. Ich hatte es mir ehrlich gesagt ein bisschen größer vorgestellt. Doch im Kletterführer sind immerhin 354 Routen an 25 Felsen aufgeführt. Da hat man also schon ein ganzes Weilchen zu tun, zumal die Wände hier bis zu 60 Meter hoch sind. Man klettert also in der Regel nicht zehn Routen am Tag!
Links: Max steigt an der Falkenwand das „Rechte Raucherwandl“. Rechts klettern zwei Seilschaften in der Falkenwand.
Die Zustiege sind kurz, die Wege zwischen den Felsen noch kürzer. Und steht man dann vor ihnen, springt einem die nächste rundherum positive Sache sogleich ins Auge. Hier sucht man Hakenreihen im Anderhalb-Meter-Abstand vergeblich. Es gibt Bohrhaken und zwar meist genau dort, wo es mit der eigenverantwortlichen mobilen Absicherung schwierig wird. Aber wo eine solche Absicherung möglich ist, wird der ängstliche Kletterer fixes Metall in den Wänden nicht finden.
Dementsprechend muss hier die komplette Palette mobiler Sicherungsmittel im Rucksack sein! Und der Kletterer sollte sich damit gut auskennen, denn das Gestein ist meistens schön fest aber eben nicht immer und überall. Das heisst nichts anderes, als dass man selbst in den leichten Routen runterfliegen kann, wenn man mal vergessen hat, die Verlässlichkeit seiner Griffe und Tritte zu prüfen. Und in diesem Fall ist so ein gut gelegter Friend sehr hilfreich!!
Die nächste Auffälligkeit ist das Gestein selbst. Die Geologen sprechen von einem „verkieselten Quarzporhyr-Konglomerat“. Wunderbarerweise ist es in waagerechten Querschichten angeordnet und damit für das Klettern wie geschaffen! Es ist buchstäblich immer was zum Greifen und Drauftreten da. Demzufolge gibt es im Battert sehr viele leichte und mittelschwere Wege. Die Frequentierung der Felsen an sonnigen Wochenenden ist dann auch entsprechend hoch. Trotzdem ist es kaum abgespeckt. An kühlen Tagen ist deshalb ein Chalkbag, zumindest in den leichteren und mittelschweren Wegen, selten nötig.
Zu meinem besonders guten Eindruck vom Battert hat aber auch noch etwas anderes beigetragen. Max, als exellenter Battertkenner, hat nur absolute Traumwege rausgesucht. Es ist immer ein Privileg, wenn jemand mit von der Partie ist, der sich auskennt. Die Sucherei fällt weg, und wenn ein versierter Kletterer wie Max einen Weg empfiehlt, dann kann ich bedenkenlos einsteigen und mir einhundertprozentig sicher sein, dass ich maximalen Kletterspaß haben werde. Und genauso war es auch und zwar gleich vier Tage lang.
Mich hat der Battert sofort an unsere Sächsische Schweiz erinnert und zwar sowohl vom Aussehen als auch von den Traditionen und der Kühnheit seiner Erschließer. Sicher trägt das auch noch dazu bei, dass ich nun ebenfalls losschwärme, wenn die Rede auf dieses kleine Klettergebiet direkt oberhalb des mondänen Baden Baden kommt.
Mögen die Schwarzwälder Kletterer noch lange dem immer wieder laut werdenden Ruf nach noch mehr Sicherheit widerstehen. Bohrhaken gibt es in Kletterhallen und -gärten mehr als genug. Lasst den Battert genauso wie er ist, dann bleibt er eines der schönsten Klettergebiete, die wir hier in Deutschland haben.
Ein schöner Text über den Battert! Ich bekomme gleich Lust, da wieder hinzufahren.
Jeder der das Klettern in der Sächsischen Schweiz liebt, muss da mal hin! Oskar Schuster war schließlich auch da.
Ich kann mich deinem Wunsch nur anschließen, dass der Battert so bleiben soll wie er ist: Ein Klettergebiet mit Anspruch und kein Klettergarten.
Olaf du bist ein Glückskind! Den Großteil seiner Schaffenszeit in so einer großartigen Umgebung zu verbringen zu können ist beneidenswert…
Ich vertehe deine Empathie für die einmalige Natur nur zu gut, sei es im Schwarzwald oder auch sonstwo auf der Welt. Die Berge, Landschaften, Wälder, Seen, … zeigen uns immer wieder wie winzig klein wir Menschen sind, wir nur Gäste auf dieser großartigen Welt sind und vor allem: wie wenig wir die Natur begreifen und wie frevelhaft wir damit umgehen. Bis dahin – noch viel Spaß in der Natur und ich freue mich auf ein Wiedersehen!