Nepal 2023 – Das Jubiläum
Das ist auffällig. Doch wann hat das eigentlich angefangen? Plötzlich gibt es andauernd Jubiläen. Gefühlt alle zwei, drei Jahre könnte ich etwas feiern, wenn mir bei den immer größer werdenden Zahlen nach Feiern zumute wäre.
Deutlicher kann man kaum daran erinnert werden, wie rasend schnell die Zeit verrinnt.
Jetzt gibt es schon wieder eins. Ich sitze gerade im Flieger nach Nepal. Meine Gäste dösen um mich herum oder schauen Filme. Seit 25 Jahren machen sie das um diese Zeit im Jahr.
1998 habe ich meine erste Tour in das Herz des Himalayas an den Fuß des Mount Everest geführt. Und so wahr ich hier sitze! Mir ist, als wäre es erst gestern gewesen, so genau erinnere ich mich selbst an Kleinigkeiten. Es ist regelrecht gespenstisch, dass seit dem ein Vierteljahrhundert vergangen sein soll.
Ist es aber. Und ich finde es einerseits spannend, dass ich das Gefühl habe, dass mein Kopf, dass also ich derselbe bin, der damals aufgebrochen ist, um anderen zum ersten Mal die großartigste Gebirgsregion der Erde zu zeigen, die inzwischen meine zweite Heimat geworden ist. Ich bin vielleicht um ein paar Erfahrungen reicher, aber immer noch derselbe Typ, dessen kindliche Neugier unstillbar zu sein scheint.
Andererseits bin ich ganz und gar nicht mehr derselbe. Über 50 Reisen mit Expeditionscharakter, Dutzende von Hochtouren, aberhunderte von Kletterrouten im Fels und im Eis hinterlassen Spuren, die inzwischen nur noch mit Hilfe der modernen Pharmakologie zu kaschieren sind.
Wie viele beneiden mich und sagen mir das auch. Wie großartig es doch wäre, was ich tue, wie ich es tue, wie ich lebe und wie frei und selbstbestimmt ich sein darf. Sie haben Recht. So leben zu dürfen, ist ein großes Privileg.
Dennoch, sie wissen nichts von Zukunftsangst, Selbstzweifeln oder den Auswirkungen monatelanger Abwesenheiten. Alles hat eben auch seine Schattenseiten, und der Gedanke, dass dies hier irgendwann auch mal ein Ende haben muss, greift immer mehr Raum.
Aber soweit ist es noch nicht, sonst säße ich ja nicht in diesem Flugzeug und wäre auf dem Weg in das größte und höchste Gebirge auf unserem Globus.
Alle waren pünktlich auf dem Flughafen in Leipzig. Einchecken, Handgepäckkontrolle, der Aufenthalt in Istanbul, die Flüge, alles lief ganz entspannt wie am Schnürchen, von ein paar Ehrenrunden über dem Tal von Kathmandu mal abgesehen.
Auf die Probe gestellt wurden wir erst nach unserer Ankunft auf dem Flughafen in Kathmandu. Keine Angst, unser Gepäck ist vollständig mit uns hier eingetroffen.
Die Segnungen der Digitalisierung hat neuerdings dazu geführt, dass man heute anstelle von einer Schlange am Schalter von VISA ON ARRIVAL an gleich vier verschiedenen Schlangen anstehen muss. Früher hat man seine Formulare in Ruhe im Flugzeug ausgefüllt. Dazu hatte man dort ja auch alle Zeit der Welt.
Heute macht man das nach der Landung an einem Terminal, dessen Software sich gerne auch mal aufhängt. Schwitzende Menschentrauben stehen davor und kämpfen mit den Maschinen.
In die zweite Schlange reiht sich der genervte Nepalbesucher ein, um seine Visagebühr zu entrichten. Dort haben wir mit Abstand am längsten gewartet. Eine Stunde vielleicht? Anschließend mussten wir mit dem „Gebühr-bezahlt“-Zettelbeweis in die Schlange am Visaausgabeschalter. Die nächste Dreiviertelstunde Wartezeit war fällig.
Die abwegigste Schlangenbildung erfolgte vor dem Handgepäckkontrolltunnel. Völlig gelangweilte Menschen kontrollierten das Handgepäck von Leuten, die aus dem Flugzeug kommen! Ich glaube, Kathmandu ist der einzige Flughafen der Welt, wo dieser Schwachsinn gemacht wird.
Ich starrte schlangestehend fasziniert die ganze Zeit den Typen an, der seinerseits auf den Bildschirm starren sollte. Das tat er aber nicht. Er schaute die Menschen an, die sich von ihm das Gepäck kontrollieren lassen mussten. Und die schauten ihn an und dachten alle dasselbe wie ich.
Und zack, schon nach zweieinhalb Stunden waren wir aus dem Flughafen raus. Dort wurden wir von Mingmar, dem Chef meiner Agentur und Kumar, meinem Co-Guide freudig erwartet. Und im Nu kehrte sich mein Frust in gute Laune um.
Wir fuhren ins Hotel, bezogen die Zimmer, duschten, tauschen Unsummen von Geld, ich bin wieder einmal Millionär, und bummelten müde aber entspannt durch Thamel zu meinem Lieblingsrestaurant. Hier stillten wir traditionsgemäß unseren Bärenhunger mit einem Tibetanischen Hotpot.
Eben gab es noch einen „Rum“-trunk auf der Hotelterrasse. Katrin und Jens hatten irgendwas sehr leckeres aus Jamaika spendiert. Und nun wanken nacheinander alle todmüde ins Bett. Ich auch. Nur dass es bei mir mit dem Schlafen noch nichts werden kann, weil es sonst nichts zu lesen gäbe.
Morgen werden wir in die Berge aufbrechen. Nicht mit dem Flieger sondern mit dem Minibus. Wir werden in etwa acht Stunden nach Jiri fahren und von dort aus in sieben bis acht Tagen nach Namche Basar wandern. Vermutlich kann ich mich aus kommunikationstechnischen Gründen leider erst von dort aus wieder melden.
Aber dann werde ich ganz bestimmt eine Menge Neuigkeiten zu berichten haben.
Schön zu lesen, dass ihr alle gut angekommen seid! Ich wünsche euch eine tolle Reise und hoffe, dass es keine einzige Schlange mehr geben wird!
Erst heute habe ich an unsere Tour vor fünf Jahren gedacht. Ich schwärme noch immer davon!! Mit Begeisterung habe ich nun auf dem Bild gesehen, dass Tobias dieses Mal auch wieder dabei ist. Ganz liebe Grüße an ihn und natürlich dich, lieber Olaf von Judith 🙂