Startschuss für Pakistan

Jeder kennt das. Eine Prüfung steht an. Man hat gelernt, war sogar recht gewissenhaft und fleißig und hat doch das Gefühl, nichts zu wissen. Das flaue Gefühl im Magen, diese unterschwellige Panik, auf die Fragen der Prüfer nicht antworten zu können, sich zu blamieren, macht einem zu schaffen. Und je näher die Prüfung rückt, desto intensiver wird dieses Gefühl. So ähnlich muss man sich das vorstellen, wenn man zu einem großen Berg fährt und die Verantwortung für zehn Leute auf einem lastet. Dem Berg ist es egal, wieviel Erfahrung wir haben, wie groß unsere Motivation ist, wie gut vorbereitet und ausgerüstet wir sind. Er stellt die Fragen, und wenn wir keine Antwort auf diese Fragen finden, schüttelt er uns Menschenzwerge wie Ungeziefer aus seinem eisigen Pelz.

Packen in meinem Ausrüstungsdepot. Eine Tage dauernde Prozedur, der ich immer weniger abgewinne. Und ich kann so lange und so sorgfältig packen wie ich will, ich habe trotzdem das Gefühl, irgendwas wichtiges zu vergessen.

Alles hängt von der Stimmung unseres Berges ab. Wird er uns einer strengen Prüfung unterziehen oder ist er uns wohlgesonnen? Haben wir Glück mit dem Wetter? Sind die Spalten offen? Liegt viel Neuschnee? Ist die Lawinengefahr gering, groß oder gar völlig inakzeptabel?

Die Unwägbarkeiten und die damit verbundenen Unsicherheiten sind riesengroß. Doch genau das macht ja ein echtes Abenteuer aus! Unsicherheit erschüttert einen da draußen. Das Wetter schlägt unvorhersehbare Kapriolen, Bedingungen ändern sich, Routen sind plötzlich gefährlich, Pläne werden Makulatur. Ungewissheit ist unserem menschlichen Charakter zutiefst zuwider. Wir lieben das Gewohnte und Berechenbare. Aber die Natur mag das nun gerade nicht.

Unser Weg von Islamabad über den Babusar Pass und am Nanga Parbat vorbei nach Skardu. Entweder legen wir diese Strecke mit dem Bus oder im Flugzeug zurück. Wir werden zumindest auf dem Hinweg fliegen, wenn das Wetter mitspielt.

Mit anderen Worten: Es gibt keine Garantien für irgendwas. Und je größer die Wahrscheinlichkeit, dass etwas auch schiefgehen könnte, desto besser erscheint mir die Aussicht, tatsächlich ein echtes Abenteuer zu wagen. Und in diesem Sinne verspricht unsere gerade begonnene nächste Reise ganz sicher ein großes Abenteuer zu werden.

Wir sind heute morgen (23.07.) in Pakistan eingetroffen. Es wird meine sechste große Tour in diesem wunderschönen Land. Die Reise war anstrengend und lang, doch nichts gegen die Woche davor. Denn es ist ja bei weitem nicht nur die leidige Packerei. Ein notwendiges Übel, welches diesmal allerdings schon etwas quälerisch gewesen ist, denn wir wollten ohne Aircargo auskommen.

Die zweite und dritte Etappe: Mit dem Jeep von Skardu nach Arando. Und anschließend in drei bis vier Tagen der Trek in das Basislager des Spantik.

Und wie immer gab es Probleme mit der Technik. Wenn ich das Satellitentelefon länger nicht benutze, muss es komplett neu angemeldet werden und braucht eine neue SIM-Karte. Anschließend muss das Telefon wieder mit meinem Expeditionsrechner angefreundet werden. Die beiden sollten freiwillig miteinander kommunizieren und ich auf diese Weise in die Lage versetzt werden, Mails an meine Homepage via Satellit versenden zu können usw.

Leichter gesagt als getan. Ich musste tief in den Westen bis nach Frankfurt fahren, denn allein hätte ich das nie geschafft. Ohne die tatkräftige Unterstützung von Herrn Kloss von der Firma GESAT hätte ich das Telefon im Leben nicht dazu gebracht, wieder seinen angestammten Aufgaben nachzukommen. Aber auch der Spezialist hat einen ganzen Tag für diese Aufgabe gebraucht. Warum muss das so kompliziert sein?

Letzte Einkäufe in Islamabad für unser Hochlagerfrühstück.

Doch zurück zu unserer Anreise. Als wir es in Berlin am Check In endlich bis zum Schalter geschafft hatten, eröffnete der junge Mann uns, dass vier Leute leider nicht mitfliegen können, weil die Maschine überbucht sei. Wie eine solche Aussage auf mich wirkt anderthalb Stunden vor Abflug, hat sich der junge Mann da am Schalter ganz sicher nicht überlegt. Ich konnte ihn aber überzeugen, dass WIR unbedingt fliegen müssen. Ich habe ihm ganz plastisch und mit Erfolg geschildert, was bei uns dann alles nicht mehr funktionieren würde. Aber diese Diskussion hat mich bestimmt ein paar Wochen meines Lebens gekostet.

Und hier in Islamabad angekommen, fehlte leider eine unserer Expeditionstonnen mit etwa der Hälfte unserer Expeditionsverpflegung. Aber auch dieses Problem werden wir irgendwie lösen, zumal uns mitgeteilt wurde, dass man weiß, wo die Tonne ist. Man hat sie in Istanbul ganz absichtlich nicht in unseren Flieger eingeladen. Es ist nicht zu fassen.

Aber ansonsten hatten wir einen entspannten Flug. 🙂

Gemeinsames Mittagessen mit Quasim (vorn links) und Zeeshan (hinten an der Stirnseite). Zeeshan ist der Sohn vom großen Chef und Quasim der Bruder. Die beiden kenne ich schon seit 23 Jahren. Ein Thema heute an diesem Tisch war das oft völlig falsche Bild, welches viele Leute von Pakistan haben. Meine Agentur ist das beste Beispiel dafür. Die Leute dort passen so gar nicht in dieses Bild! Sehr kompetent und hochprofessionell, super freundlich, offen, verlässlich und großzügig. Ein warme Empfehlung für die Hunza Guides Pakistan und das ganze Land. Übrigens sonst war auch der Chef immer zugegen. Aber er hat „Knie“, kann nicht laufen. Gute Besserung Amir!

Übrigens auch wenn unsere vermisste Tonne schon morgen hier eintreffen sollte, uns wird es nicht helfen. Schon um 6 Uhr in der Früh geht es per Flugzeug weiter nach Skardu. Wir können nur hoffen, dass es die Hunzas irgendwie hinbekommen, uns die Tonne rechtzeitig ins Basislager zu schicken.

Unsere wackere Agentur hat uns gleich mit dem Sohn und dem Bruder des Chefs empfangen, ein klimatisierter Bus stand bereit, denn auch früh um 4 Uhr sind es derzeit noch deutlich über 30 Grad hier in Islamabad.

Nach ein paar Stunden Ausruhen sind wir losgezogen, um letzte Einkäufe zu erledigen, anschließend gab es ein gemeinsames Mittagessen mit der Agentur.

Die Schah-Faisal-Moschee ist in Geschenk der Saudis an Pakistan. 130000 Quadratmeter Gebetsfläche. Auf Grund ihrer schieren Größe ist sie heute das Wahrzeichen der Hauptstadt Pakistans. Das Bild stammt von meinem letzten Besuch im Jahr 2022, als ich mit Max und Thomas am Laila Peak war.

Momentan sind meine Gäste sind auf Sightseeing-Tour. Unter anderem schauen sie sich auch die Faisal-Moschee an, welche eine der größten der Welt ist und die nicht weniger als 74000 Menschen aufnehmen kann.

Ich habe mich an meinen Rechner entschuldigt, um fix diese erste Nachricht zu schreiben. Das nächste Mal melde ich mich dann aus Skardu, entweder schon via Satellit oder noch mit herkömmlichen Mitteln. Und zu Hause heißt es Daumendrücken für gutes Flugwetter morgen und für unsere Missing-Tonne.

zum nächsten Artikel „Skardu“

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4 Antworten

  1. Elke Schaper sagt:

    Ich wünsche euch viel Glück mit der Tonne und werde weiterhin aufmerksam und sehr interessiert eure Beiträge lesen. Liebe Grüße Elke

    • Jacob sagt:

      Schwiiiimuuuuuu!!!!
      Warum denn man so artig und brav beim Kommentieren?! Das geht bestimmt mit mehr Elan und Euphorie beim nächsten Mal.. 😉

  2. Christian Pech sagt:

    Hallo zusammen,
    ich wünsche euch maximale Erfolge. Kommt gut auf den Spantik und vor allem gesund wieder runter.
    Bin schon sehr gespannt auf die Berichte.
    Viele Grüße
    Christian

  3. Lutz Dietrich sagt:

    Servus nach Pakistan euch,
    ich wünsche euch viel Spaß, Glück und vor allen Dingen Gesundheit auf dieser tollen Tour. Wichtig ist aber, das alle gesund und munter wiederkommen. Ihr habt mit Olaf einen, den für mich TOP GUIDE, einen Guide mit immenser Erfahrung, lokalen Connections an der Spitze.
    Dennoch passt gut auf euch auf, der Gipfel ist nicht alles.
    Ich drücke euch allen fest die Daumen, bin auch schon ein ganzes Stück neidisch nicht auch dabei zu sein.
    Ich werde sicher mit großem Interesse die Tour verfolgen.
    Viele Grüße aus Hof
    Lutz

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