Am Ziel

Damit es keine Missverständnisse gibt: Noch waren wir nicht oben. Aber wir sind heute (10.04.) immerhin im Basislager des Mera Peaks angekommen. Doch vorher gab es auf unserem Weg noch eine Menge Ursprünglichkeit. Ich denke ja, dass dies vielleicht nicht jedermanns Sache ist. Doch ich bin ein großer Fan.

Inzwischen sind wir für die nächsten 10 Tage raus aus der Rhododendronblüten- und drin in der Eisblumenzone.

Schon im vorigen Blog habe ich mir die Bemerkung erlaubt, dass ich am liebsten nur noch so in Nepal unterwegs wäre: Auf uralten Träger- oder Pilgerpfaden, abseits von Dörfern und Straßen, allein in möglichst unberührter, großartiger Landschaft.

Panch Pokhari ist ein ganz besonders heiliger Ort für die Bewohner des Khumbu. Hier gibt es mehrere auf über 4000 m Höhe gelegene Seen. Tausende Pilger strömen im Juli, wenn Vollmond ist, zu diesen Seen. Hier bitten sie darum, dass ihre Wünsche in Erfüllung gehen. Vor allem für die Kranken wird hier geopfert und gebetet.

Auf diesem Trek zum Mera und dann auch weiter über den Amphu Labtsa genießen wir genau dieses Vergnügen. Unter anderem deshalb, weil wir nicht die Hauptroute zum Mera gewählt haben, sondern einen Umweg gelaufen sind.

Natürlich war die Hauptintention dafür, unsere Akklimatisation möglichst effektiv auf Vordermann zu bringen, was ja auf diesem Trek nicht ganz einfach ist.

Der Hurhure Pass auf dem Weg von Cholem Kharka nach Khola Kharka.

Wir wollten schon auf dem Anmarsch so viel Zeit wie möglich oberhalb von 4000 m verbringen. Da ist der erwähnte Umweg über Najingdingma, Cholem Kharka und Khola Kharka die beste Wahl. Doch die wenigsten gehen diese Route. Schon das ein Pluspunkt.

Allerdings hat „Ursprünglichkeit“ möglicherweise für zartbesaitete Naturen auch Schattenseiten. Zum Beispiel lassen die Herbergen nicht selten zu Wünschen übrig.

Unsere Lodge in Khola Kharka.

In Khola Kharka zum Beispiel wurde die Langmütigkeit meiner Gäste doch auf eine harte Probe gestellt, die sie ohne die geringste Klage bestanden haben. Eine pflegeleichte Gruppe ist das!

Ich habe selten in einer zugigeren Herberge genächtigt. Immerhin gab es einen Ofen. Wegen dem Wind im „Aufenthaltsraum“ musste man sich allerdings direkt davor stellen, um einen Wärmehauch abzubekommen.

Der Diningroom in Khola Kharka war der zugigste Ort auf dieser Reise. Und ich hatte auch noch den Platz an der Tür abbekommen.

Auch die Toilette war sehr ursprünglich. Die Alm von Khola Kharka sieht exakt noch so aus wie bei meinem letzten Besuch vor zehn Jahren. Da allerdings haben wir in Zelten geschlafen.

Dafür entschädigt wurde ich und hoffentlich auch die anderen auf dem nachfolgenden Weg. Diese Etappe von Khola Kharka hinunter nach Kothe war für mich die bisher schönste und vor allem abwechslungsreichste der vergangenen sechs Wochen.

Die Toilette war auch noch im Originalzustand erhalten. Was hier aus Versehen reinfällt, ist für immer verloren.

Beim Abstieg nach Kothe durchquert man unter anderem einen unberührten Bergurwald, wie es ihn hier noch vor wenigen Jahrzehnten überall gab. Es ist wunderschön und sehr eindrucksvoll, stundenlang durch diesen Märchenwald zu laufen.

In Kothe (06.04.) waren wir im Hinkhu-Tal angekommen, welches direkt zum 5400 m hohen Mera La hinauf führt, unter dem wir unser Basislager aufschlagen werden.

Die Alm Khola Kharka. Soeben sind wir nach Kothe ins Hinkhu-Tal aufgebrochen.

Die beiden Stationen dorthin sind Tangnag (07.04., 4260 m) und Khare (08.04., 4900 m).

Das Wetter ist noch immer sehr diesig, die Sicht deshalb leider nach wie vor verbesserungsbedürftig. Neuerdings gibt es jetzt am Nachmittag Niederschläge, die sich aber in Grenzen halten und bisher für uns keine Einschränkungen hinsichtlich unserer großen Pläne mit sich bringen. Hoffentlich bleibt das auch so.

Abstieg hinunter nach Kothe und hinein ins Hinkhu-Tal Richtung Tangnag, Khare und dem Basislager des Mera Peaks.

In Khare (09.04.) haben wir den ersten und einzigen Akklimatisationstag dieser Tour eingelegt. Die mehr als 700 Höhenmeter von Tangnag hinauf waren dann doch ein bisschen happig.

An diesem Tag unternahmen wir einen ausführlichen Akklimatisationsspaziergang von Khare aus bis ins Basislager und sogar noch 100 Höhenmeter darüber hinaus.

Der Märchenwald oberhalb von Kothe war für mich einer der eindrucksvollsten Wegabschnitte dieser Reise.

Alles hat sich hier komplett verändert in den 10 Jahren seit meiner letzten Reise zum Mera Peak.

Das Basislager liegt nun fast 200 m tiefer und dort stehen jetzt zwei feste Steinhäuser, in welchen die Küchen eingerichtet sind. Bis zum Basecamp (5230 m) gibt es nun im Gegensatz zum letzten Mal keinerlei Gletscherberührung.

Wir erreichen das auf 4900 m gelegene Khare. Unser Ausgangspunkt für den Mera.

Das Basislager wird von mehreren in Khare ansässigen Lodgen betrieben. Die Sherpas aus Khare haben das Geschäft mit dem Mera fest im Griff. Ohne sie geht hier gar nichts mehr.

Das ist sehr schade. Ich bin froh, das Heft am Mera seinerzeit noch selbst in der Hand gehalten zu haben. Diese Zeiten sind hier endgültig vorbei.

Akklimatisationsaufstieg zum 5230 m hoch gelegenen Basislager. Im Hintergrund der höchste Punkt auf dem Foto ist auch der höchste Punkt des Mera Peaks.

Nach weiteren 20 Gehminuten vom Basislager aus trifft der Meraaspirant auf Gletschereis. Von hier aus geht es nur noch mit Eisausrüstung weiter.

Doch der weitere Aufstieg zumindest bis ins auf 5800 m gelegene Hochlager ist völlig unproblematisch. Selbst die Träger können den Weg bis dorthin gehen. Aber natürlich müssen auch sie ausgerüstet werden.

Der Mera Peak von Norden. Aufgenommen oberhalb von Khare. Im Vordergrund der Gipfel.

Oberhalb des Hochlagers gibt es angeblich eine relevante Spaltengefahr. Wir werden in Seilschaft gehen. Damit das sinnvoll geschehen kann, habe ich in Khare noch einen dritten Guide engagiert. Das ist hier problemlos möglich. So können wir drei Seilschaften bilden.

Die Querung vorbei am sogenannten Zentral“gipfel“ und dann weiter zum höchsten Punkt des Mera muss versichert werden. Diese Passage sieht von unten wesentlich schwieriger und auch objektiv gefährlicher aus als 2015. Der Grat, welcher diese beiden Punkte verbindet, ist sehr schmal geworden. Hoffentlich lässt er sich wenigstens gut absichern.

Unser Basislager. Es wird eingerichtet und betrieben von der Mera-Refuge-Lodge in Khare. Wir mussten hier gar nichts mehr tun. Das ist nicht mein Stil.

Es ist erwartungsgemäß auch am Mera Peak eine Menge Eis abgeschmolzen. Warum sollte es hier anders als im Rest des Himalayas sein?

Schon in 40 Jahren, so las ich letztens, soll der Himalaya weitgehend eisfrei sein. Wenn ich meine Fotos aus den vergangenen 30 Jahren, die ich nun schon im Himalaya unterwegs bin, so anschaue, dann liegt das durchaus im Bereich des zumindest vorstellbaren.

Aufstieg vom Basislager zum Eisrand. Hier wollten wir schon mal das Handling der Eisausrüstung auffrischen. Schließlich sind meine Gäste nicht jeden Tag mit Steigeisen an den Füßen und Pickel in der Hand unterwegs.

Wir stehen nun in den Startlöchern für unsere beiden großen Ziele. Vom Basislager geht es in zwei bis drei Stunden hinauf ins Hochlager. Doch werden wir zwei Nächte verbringen. Ein zweiter Versuch wird also möglich sein.

Vom Hochlager aus geht es mit Sack und Pack über den Mera Pass hinunter ins Hunkhu-Tal und über zwei Stationen, Kongma Dingma und Seto Pokari zum Basislager des fast 5800 m hohen Amphu Labtsa. Auf ihn bin ich auch gespannt wie ein Flitzebogen.

Bei unserer Übungseinheit war uns das Nachmittagswetter so gar nicht mehr hold. Hoffentlich ist es das in den nächsten und entscheidenden vier oder fünf Tagen.

Nun wird es also so richtig spannend bei uns!

Oberhalb von Khare am Mera Peak und auch danach im Hunkhu-Tal auf dem Weg zum Amphu Labtsa gibt es kein Internet. Dort ist es so ursprünglich, dass es überhaupt keine festen Unterkünfte mehr gibt.

Wenn alles gut geht und es keine (bösen) Überraschungen gibt, melde ich mich das nächste Mal aus Chukhung.

zu den anderen Beiträgen dieser Tour:

Mera – Der höchste Punkt

Die neuen Alten

Kulturbeitrag

Trekkingroutine

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5 Antworten

  1. Detlef Weyrauch sagt:

    Lieber Olaf, deine Berichte sind wie immer sehr interessant und spannend. Ich wünsche euch allen für die kommenden Tage gutes Wetter, Gesundheit, Durchhaltevermögen, tolle Erlebnisse sowie das Erreichen des Gipfels bzw. den Mut, umzukehren, wenn es dringend geboten ist. Haltet die Ohren steif.
    Viele Grüße an alle von Detlef

  2. Vera sagt:

    Viele Grüße an Olaf und alle, die sich mit Dir auf diesen wunderbaren Weg gemacht haben.
    Ich wünsche Euch allen richtig gutes Wetter mit gigantischen Ausblicken, Zeit und Muße für persönliches Innehalten und dass alle gemeinsam diese Erfahrungen genießen dürfen.
    Habt einen guten Aufstieg und vor allem wieder einen gesunden Abstieg.
    Vera aus Leipzig

  3. Kai Bittner sagt:

    Ich lese gespannt mit…und drücke Euch ganz fest die Daumen, dass der Wettergott Euch hold ist.
    Toller Bericht, wie immer.

  4. Helmut Hartmann sagt:

    Hi Olaf, du weißt doch: am Ziel seid ihr erst, wenn ihr wieder sicher unten seid. Aber dir alten Hasen brauche ich ja nicht zu sagen. Viel Glück und Erfolg bei eurer Besteigung!

  5. Ingrid Hoppe sagt:

    Lieber Olaf, wie immer sehr spannende Berichte.Ich hoffe das Wetter und die Gesundheit spielen mit ,habt Spaß und genießt die Zeit so weit es euch möglich ist.Liebe Grüße aus Leipzig

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