Vasa ist kein Knäckebrot

Die Sachsensailer haben mich zum zweiten Mal für einen Vortrag auf ihrem Segeltörn engagiert. Mit einem der schönsten und größten Windjammer der Welt, der „Kruzenshtern“ segelt das Team von Stockholm nach Rostock zur Hanse Sail. Doch bevor es los geht, verbringen die Wirtschaftskapitäne noch zwei Tage in Schwedens Hauptstadt, um hier Kontakte zu knüpfen und sich die Stadt anzusehen, denn hier befindet sich eine der großartigsten und interessantesten Sehenswürdigkeiten der Welt. Am 10. August 1628 lief das damals teuerste und prächtigste Segelschiff Schwedens zu seiner Jungfernfahrt aus. Vier Prozent des Staateshaushaltes hatte der Bau dieses Schiffes verschlungen. Tausende Stockholmer standen an diesem Tag an den Ufern des Hafens, um ihm glücklichen Wind zu wünschen. Drei Jahre lang hatten Zimmerleute, Säger, Schmiede, Seiler, Lafettenschreiner, Glaser, Schnitzer, und viele andere Handwerker am Bau des neuen Flaggschiffes der Schwedischen Kriegsmarine gearbeitet. Tausend Eichen hatte man für den Rumpf verbaut. Es trug 64 schwere Kanonen, war 69 Meter lang und 11,7 Meter breit. Der Großmast hatte eine Höhe von 52,5 Metern. Die Besatzung zählte 145 Mann, dazu kamen 300 Soldaten. Sein Name war Vasa.

Die Vasa liegt heute in ihrem 1988 eigens für sie gebauten Museum. Bis heute haben 20 Millionen Menschen das Schiff besichtigt. Es zählt damit zu einer der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Welt.

Am Tag der Jungfernfahrt war das Wetter schön, es wehte nur ein schwacher Wind. Die ersten paar Meter musste man das Schiff mit Hilfe von Ankern verholen (aus dem Hafen ziehen). Dann kam ein wenig Wind aus Südwest auf. Der Kapitän, Söfring Hansson, ein Däne, gab den Befehl zum Setzen der Segel. Die Kanonen schossen Salut und die Vasa setzte ganz sachte zu ihrer ersten Reise an. Nach etwa 25 Minuten und zirka 1500 Metern kam ein leichter Wind auf. Das Schiff begann sich leicht leewärts zu krängen (neigen). Zuerst richtete es sich wieder auf. Doch nach einer weiteren Windbö neigte es sich so stark, dass durch die für die Salutschüsse geöffneten Kanonenpforten Wasser in das Schiff eindrang. Dadurch neigte sich die Vasa ganz auf die Seite und „versank langsam mit gehissten Segeln, Flaggen und allem anderen“ noch im Hafen von Stockholm.

Das besondere an dieser archäologischen Sensation ist, dass das Schiff aus 95 Prozent Originalteilen besteht. Durch den niedrigen Salzgehalt der Ostsee gibt es hier den sogenannten Schiffswurm nicht, der in salzigeren Gewässern alles Holz zerfrisst. Deshalb haben sich selbst die kunstvollen Schnitzereien fast unversehrt erhalten.

Nach der Bergung von 54 Kanonen im Jahre 1664 der in nur 30 Meter Tiefe liegenden Vasa und der Beseitigung der Masten, die ja aus dem Wasser schauten, wurde das Schiff vergessen. Erst im Jahre 1953 beginnt der Privatmann Anders Franzén in Archiven und später mit speziellen Loten nach der Vasa im Stockholmer Hafen zu suchen. Drei Jahre später findet er die Vasa. Am 24. April 1961 wird das Schiff nach genau 333 Jahren auf dem Meeresgrund endgültig gehoben. Das ging natürlich nicht von heute auf morgen. Die Hebung wurde in 16 Etappen durchgeführt und erstreckte sich über fast zwei Jahre. Das dauerte deshalb so lange, weil Taucher in tausende Löcher im Rumpf, die durch das Verrosten den Eisendübel entstanden waren, Holzdübel schlagen mussten. Ausserdem wurden die Kanonenlucken verschlossen. Doch als das getan war, hielt sich die Vasa nach der Bergung aus eigener Kraft über Wasser. So gut war das Schiff erhalten.

Überall Wasser, Standcafés und Boote. Stockholm ist eine prächtige Stadt, die vor allem für Wasserfreunde und Museumsgänger viel zu bieten hat.

Man barg insgesamt 14000 Objekte aus der Ostsee darunter 25 Skelette. 1962 begannen die umfangreichen Konservierungsarbeiten, die insgesamt 17 Jahre dauerten. Unzählige abgeschlagene Teile mussten wieder an ihren ursprünglichen Platz. Doch heute zeigt sich die beeindruckend große Vasa in ihrem Museum in einem unglaublich guten Zustand. Ich war fasziniert von diesem Schiff und der Art und Weise, wie es präsentiert wird. Einen Tag kann man leicht dort verbringen. Allein wegen dem Vasa-Museum wäre Stockholm schon eine Reise wert, und auch sonst hat diese wunderschöne Stadt eine Menge zu bieten. Doch unsere Zeit hier ist nun vorbei, denn heute geht es auf große Fahrt über die Ostsee mit der „Kruzenshtern“. Von dort melde ich mich dann das nächste Mal.

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2 Antworten

  1. Veronica sagt:

    Hallo Olaf,
    die „Vasa“ habe ich auch schon gesehen! Und da ich wusste, dass der verantwortliche Schiffsbauer ein Holländer war (Henrik Hybertsson), habe ich nochmals in Wikipedia nachgelesen, was damals eigentlich schiefgegangen ist. Zitat: Zu dieser Zeit gab es noch keine Planzeichnungen in heutiger Form. Stattdessen benutzte man überlieferte Proportionen, die einem Schiff gute Eigenschaften geben sollten. Hybertsson richtete sich nach Proportionen für ein Kanonendeck, der König hatte jedoch zwei bestellt. Diese „Kriegsmaschine“ sollte den Gegner schon durch ihre Gestalt überwältigen.
    Nachdem Gustav II. Adolf erfahren hatte, dass der Feind ein ähnlich großes Schiff bauen ließ, befahl er 1627, auf dem oberen Batteriedeck Kanonen in gleicher Zahl und vom gleichen Kaliber wie auf dem unteren Batteriedeck zu installieren, um so die Feuerkraft weiter zu erhöhen. Ein schwerer Fehler: Die gesamte Statik des Schiffes, die durch Ballaststeine im Rumpf kontrolliert wurde, geriet außer Kontrolle. Durch die erhöhte Masse (Auftrieb, Archimedisches Prinzip) lagen die Öffnungen für die unteren Kanonen ohnehin bereits bei geringer Krängung (Schräglage) unterhalb der Wasserlinie, wobei der erhöhte Schwerpunkt die wind- oder ruderlagenbedingte Krängung zusätzlich vergrößerte. Ende Zitat.
    Aber gut …. hätte damals alles gepasst, könnten wir heute dieses wunderschöne Schiff nicht bewundern!
    Hälsningar, Veronica

    • Olaf Rieck sagt:

      Hallo Veronica,
      wusstest Du, dass es ein baugleiches Schwesternschiff der Vasa gab? Es tat 30 Jahre ohne Zwischenfälle seinen Dienst und wurde dann mehr oder weniger aus Altersschwäche versenkt. Die Vasa war definitiv keine Fehlkonstruktion. Nach den Informationen, die wir in einer Spezialführung im Museum bekamen, war der Grund für den Untergang der Vasa, dass man einfach versäumt hatte, genügend Ballast zu laden. Nur 120 Tonnen Steine hatte man an Bord. Doch erst bei der drei- bis vierfachen Menge wäre die Vasa stabil genug gewesen.

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