Nachtrag

Die Augen zu verschliessen vor den Dingen, die um uns herum geschehen, nur weil es uns unangenehm ist oder uns womöglich sogar schadet, wie vielleicht in diesem speziellen Fall mir selbst, wäre einerseits kindisch, andererseits verantwortungslos. Ob man es nun sehen will oder es einfach ignoriert: Gerade im Himalaya sind die Folgen des Klimawandels, an dem ich keinen Augenblick zweifele, besonders deutlich sichtbar. Und weil ich dort schon so lange hingehe und vor allem in der Khumburegion seit fast 20 Jahren die gleichen Berge fotografiere, kann ich eben auch Vergleiche ziehen, die andere nicht treffen können und die einem das Wasser in die Augen treibt.

Ich meiner Nepal-news „Im Netz“ vom 21. März 2011 habe ich ein Bild veröffentlicht, welches ich wenige Tage zuvor von der „Gipfeleiswand“ des Island Peaks aufgenommen habe. Es sollte das Trauerspiel an einem der meistbestiegenen Sechstausender der Welt veranschaulichen. Doch natürlich zeigt dieses Bild nicht wirklich die Katastrophe, wenn man keinen Vergleich hat. Hier ist er nun der Vergleich im linken Bild: Gleiches Motiv, fast exakt derselbe Standort, nur genau neun Jahre früher aufgenommen und zwar im März 2002.

Es ist kaum zu glauben, dass es nur neun Jahre gedauert hat, die gesamte Eiswand verschwinden zu lassen. Zu diesen beiden Bildern passt übrigens auch die Tatsache, dass am Fusse dieses Berges der Imja-Gletscher entlang fließt. Denn er ist der sich am stärksten zurückziehende Gletscher der Welt, von denen ihr Rückzug auch vermessen wird. Entstanden ist durch das Abschmelzen des Imja-Gletschers ein großer See, der inzwischen zu einer nicht mehr kalkulierbaren Gefahr geworden ist, weil er unkontrolliert abzufliessen droht.

Der Island Peak vom gegenüberliegenden Amphu Laptsa Middle aus gesehen. Mein Standort für dieses Foto aus dem Jahre 2008 war Lager 1 in etwa 5800 m Höhe. Im rechten Bilddrittel der Lhotse-Shar-Gletscher, der eigentlich in den Imja-Gletscher mündet. Doch der ist in den letzten Jahren nahezu vollständig verschwunden, bzw. zu diesem See geworden.

Erdgeschichtlich betrachtet vollziehen sich hier tiefgreifende Veränderungen in extrem kurzen Zeiträumen. Als ich das erste Mal am Island Peak unterwegs war, gab es diesen See praktisch noch gar nicht. Heute ist er fast 4 Kilometer lang. Vielleicht hat es aber auch etwas positives, dass an den Eiswänden der großen Weltberge sich die Veränderungen so rasch vollziehen und so überdeutlich sichtbar sind. Denn dann fällt es umso schwerer, die Augen vor ihnen zu verschließen und so zu tun als gäbe es das alles gar nicht.

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