Keine Chance?

Typischer kann eine Situation bei einem solchen Unternehmen nicht mehr sein. Und die Frustration nicht größer. Es schneit pausenlos. Um uns herum donnern die Lawinen ins Tal. Alle steigen ins Basislager ab.

Freitag 20. Juli, Lager 1 Die Wettervorhersage ergab für die Tage über das Wochenende kaum Änderung. 40-60 % Bewölkung, leichten Niederschlag und vor allem keine extremen Wetterbedingungen wie Sturm oder schwere Schneefälle. Also ähnliches Wetter wie in der vergangenen Woche. Und da sich alle hier aus den gleichen Quellen über das Wetter informieren, war das Basislager komplett leer. Fast alle sind in die Hochlager aufgestiegen, um, wie am Hidden Peak, den Weg zu Camp 3 zu ebnen oder, wie am Gasherbrum II, auf ihre Gipfelchance zu warten. Hier sind die Fixseile schon bis zum Lager 4 verlegt.

Zelt im Lager 1

Unser Zelt im Camp 1 heute morgen. Dauerschneefall und Sicht gegen Null.

Doch seitdem wir beide im Lager 1 eingetroffen sind, also seit Donnerstagvormittag, schneit es fast ununterbrochen. Unseren Plan, heute in aller Frühe ins Lager 2 aufzusteigen, um dort die Ausrüstung für das 3. Hochlager zu deponieren, mussten wir aufgeben. Wir wollten uns dort ja mit drei Esten bzw. Littauern zusammentun, um gemeinsam das Lager 3 zu erreichen. Doch die sind gestern Nachmittag noch zu uns in das Camp 1 abgestiegen.

Auch vom Gasherbrum II seilen sich gerade ganze Heerscharen von Bergsteigern ab. Es ist ja der viel stärker frequentierte Berg, weil er deutlich einfacher als der Hidden Peak ist. Dies ist übrigens auch der Grund, warum viele von denen, die ursprünglich auf den Hidden Peak wollten, nun auf den Gasherbrum II umgeschwenkt sind. Solch ein Bergetausch stellt ja hier kein Problem dar, denn die Nichtsnutze von Verbindungsoffizieren bekommen das ja gar nicht mit. Die Aufstiegsroute für beide Berge teilt sich erst jenseits von Lager 1. Und hier im Lager 1 war noch niemals einer von den sogenannten LOs zu sehen.

Kochen

Kochen, also Wasser schmelzen, auf irgendwas draufschütten und dann trinken, das ist die Hauptbeschäftigung in einem Hochlager. Es ist kaum zu glauben, wieviel Flüssigkeit man hier oben auch beim Nichtstun verbraucht.

Wir sitzen hier nun gerade im Camp 1 mehr oder weniger fest. Die Hoffnung, vielleicht morgen früh doch noch ins Lager 2 aufsteigen zu können, schwindet mit der anschwellenden Schneehöhe. Es schneit immer noch. Christoph hört Musik, ich schreibe auf einem winzigen Stück Papier diese news. Eigentlich sollte hier drauf notiert werden, welche Vorräte in den Lagern deponiert sind.

Die Zelte um uns in Camp 1 füllen sich langsam mit frustrierten und völlig desorientierten Bergsteigern. Es ist mit Händen zu greifen, wie abgekämpft und teilweise verzweifelt die Leute sind, die gerade an uns vorbei in ihre Zelte ziehen. Man kann den Weg, den sie gerade gegangen sind, nicht beliebig oft gehen. Die Kräfte sind limitiert, die Zeit, die wir alle hier sein können, ebenfalls. Etwa ein Drittel der Expeditionsgruppen, die das Basislager bevölkerten, als wir hier eintrafen, ist schon wieder abgezogen.

oberer Gletscher

Dieses Bild zeigt relativ deutlich, so meine ich, dass der keineswegs popelige Auf- oder Abstieg ins Lager 1 nichts für Leute mit schwachen Nerven ist. Im Bild die baltische Seilschaft im oberen Teil des Gasherbrumgletschers, mit denen wir am Hidden Peak gemeinsame Sache machen wollen.

Die Jungs, die sich gerade todmüde aus ihrer Bergsteigerkluft pellen, wissen überhaupt nicht, wie es weitergeht. Der Wetterbericht, an den sie sich klammerten, war komplett falsch. Sie müssen nun wieder ins Basislager absteigen, um sich zu erholen und das Schlechtwetter auszusitzen. Teure Zeit geht verloren, wertvolle Motivation und Kraft ist ebenfalls unwiederbringlich dahin. Viele von ihnen werden sich gerade fragen, wozu sie das alles auf sich nehmen, wo der Erfolg doch soeben in weite Ferne gerückt ist. Zumindest ist davor nun wieder der unendlich lange Aufstieg bis hinauf zum Lager 2 oder 3 gesetzt.

Uns beiden geht es da schon ein bisschen besser. Wir kommen nicht von oben sondern von unten. Allerdings läuft auch uns die Zeit davon. Wenn das Wetter so bleibt, wie gerade jetzt, dann werden wir morgen auch absteigen müssen…

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3 Antworten

  1. Veronica sagt:

    Hallo Olaf,
    ich drücke euch zwar die Daumen für besseres Wetter (iihr seid ja dort um auf den Gipfel zu kommen), aber wenn die zum Beispiel das Foto von diesen RIESIGEN Gletscherspalten sehe, würde ich euch am Liebsten gleich nach Hause beamen! Passt auf euch auf!!
    Herzliche Grüße
    Veronica

  2. Peter sagt:

    Hallo Olaf und hallo Christoph,
    In der LVZ habe ich heute gelesen, daß ihr morgen den Gipfel angreifen wollt.
    Das was ich hier lese, klingt nicht ganz so optimistisch, aber die Hoffnung ist wohl das letzte, was bleibt. Ich drücke euch jedenfalls alle Daumen, die ich habe. Da ich jetzt für eine Woche nicht mehr so ohne weiteres ins IN komme, wünsche ich euch viel Glück vor allem mit dem Wetter, aber natürlich auch mit allem anderen. Es wäre ja wirklich ärgerlich, wenn man sich ein Jahr lang vorbereitet hat und dann scheitert das Ganze am Wetter und der fehlenden Zeit.
    Also die besten Wünsche aus den Leipziger Niederungen

    Peter (Heinz)

  3. Thomas sagt:

    hi olaf, ich drück dir die Daumen.
    passt auf euch auf und viel Glück!!!

    gruß thomas

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