Abstiegsstress
Nach meiner Einschätzung ist der obere Teil des Gasherbrumgletschers inzwischen der gefährlichste Ort hier. Und es ist eben nicht immer möglich, ihn tagsüber zu meiden. Und genau das wurde uns bei unserem mehr als zehnstündigen Abstieg ins Basislager zum Problem.
Wir begannen um drei Uhr mit dem Kochen und hatten uns vorgenommen, zwei Stunden später abmarschbereit zu sein. Im Nachhinein betrachtet, war das aber viel zu spät, denn unsere Absicht bestand darin, nicht nur unser Lager 1 gleich mit hinunter ins Basecamp zu nehmen, sondern auch noch ein Zelt und diversen Müll aus dem unteren Camp 2.
Ich hatte ja schon berichtet, dass unsere Vorgänger ihr Lager 2 wegen des Windes nicht direkt auf den Sattel, sondern etwa 100 Höhenmeter darunter auf eine Art Plattform in den Eisbruch gestellt hatten. Und hier stand noch immer ein Zelt mit Ausrüstung und Müll. Ich bin extrem empfindlich in dieser Hinsicht. Wie kann man einfach so seinen Müll an einem solchen fast magischen Ort zurücklassen? Mich macht so was krank. Also haben Christoph und ich zusammen mit unserem Krempel von Lager 1 insgesamt 52 Kilogramm geschleppt. Weit mehr als die Hälfte davon war der Dreck anderer Leute.
Das unangenehme bei der ganzen Sache war, dass der Abbau des fremden als auch unseres eigenen Zeltes schon seine Zeit in Anspruch nahm. Erst kurz vor neun Uhr konnten wir vom Lager 1 in Richtung Basislager starten. Viel zu spät für diesen noch sonnigen Vormittag. Die Schneedecke wurde immer weicher, wir brachen alle paar Schritte ein. Mit jeweils einem halben Zentner auf dem Rücken und den beiden letzten Tagen in den Knochen gestaltete sich dieser Abstieg mehr als unerfreulich.
Doch das eigentliche Problem waren die Spalten. Insgesamt durchstiegen wir den Eisbruch und den oberen Teil des Gletschers bis jetzt fünf Mal im Auf- und dieselbe Anzahl im Abstieg. Doch dieser letzte Abstieg wird mir als derjenige in Erinnerung bleiben, von dem ich dachte, dass er mein letzter Gang überhaupt werden würde. Mit einer solchen Last auf dem Rücken kann ein Spaltensturz fatal ausgehen.
Aus diesem Grund waren wir extrem vorsichtig. Über viele Spalten sind wir gerobbt und haben das Gepäck am Seil hinter uns her gezerrt. Dass dieser Abstieg ohne Folgen blieb, haben wir unserer Vorsicht aber auch einer Portion Glück zu verdanken.
Wir sind heil im Basislager eingetroffen. Doch dieser Tag hat uns weit mehr Kraft gekostet, als wünschenswert gewesen wäre. Hoffentlich fehlt uns diese nun nicht an anderer Stelle. Ich darf gar nicht an den Tag denken, an dem wir unser restliches Zeug, immerhin ein voll ausgestattetes Lager 2 und das Zelt von Lager 3, über den Gletscher runtertragen müssen.
Wenn alles nach Plan läuft, dann wird das der 8. oder 9. August sein. Wir haben die Träger jetzt erst für den 11. August bestellt. Eigentlich war die Ankunft der Träger ja für den 9. August geplant. Doch wir haben den Rückweg nach Skardu noch um zwei Tage eingekürzt. Ich meinte das wirklich ernst, als ich sagte, dass ich keine Stunde eher hier weg gehen werde als nötig. Wir versuchen wirklich alles, um unser Ziel zu erreichen, bis zur letzten Minute. Der Start am 11. August ist jetzt aber unumstößlich.
Unser aktueller Plan ist kurz und bündig und vor allem unser letzter! Kommen wir nicht hoch, dann war es das hier für uns.
Übermorgen, also am Sonntag werden wir ins Lager 2 aufsteigen. Am Montag, den 6. August klettern wir an unseren Seilen ins Lager 3. Am 7. August versuchen wir, den Gipfel zu erreichen. Der 8. August steht noch als Reservetag zur Verfügung. Am 9. August werden wir spätestens wieder im Basislager sein. Am 10. August müssen wir unsere Ausrüstungstonnen zusammenpacken. Und das wars dann!
Nun wird die ganze Sache also überschaubar. Was wir bräuchten, wäre ruhiges, sonniges Wetter, kein Wind, wenig Wolken, kein Niederschlag und das auch noch in großer Höhe. Das gab es in dieser Saison nur ein Mal am Anfang dieser Woche. Wir haben in dieser Zeit unsere Fixseile verlegt und die Spanier als einzige in diesem Jahr den Gipfel des Gasherbrum II erreicht. Ihre Geduld wurde mit einem grandiosen Erfolg belohnt. Auch der K2 und der Broad Peak wurde in genau diesen Tagen bezwungen.
Wenn wir es nicht schaffen sollten, werde ich aber nicht traurig heimfahren. Wir haben wirklich alles versucht und auch nach gründlicher Analyse unserer Strategie keine großen Fehler gemacht. Das einzige, was wir noch bräuchten, wären ein paar Tage mehr Zeit. Es war eben tatsächlich kein besonders gutes Jahr, was die Wetterbedingungen anbetraf. In solchen Jahren ist Zeit, um warten zu können, eben ausserordentlich wichtig. Doch unsere Zeit hier ist leider nun so gut wie abgelaufen.
Selten war Daumendrücken so angebracht wie in den kommenden fünf Tagen.
Ich bin dabei, beim Daumendrücken!!
Viel Glück und ich drücke sämtliche Daumen die ich im Haus finden kann!
auch am bodensee werden alle daumen mobilisiert und gedrückt! einen klaren kopf und klares wetter für euch!!
der urs und die katrin
Respekt vor eurer enormen Willensleistung! Das mit dem Einbrechen können wir Begleit-Trecker gut nachvollziehen…äußerst anstrengend.
Sämtliche Daumen sind zum Drücken von der Arbeit freigestellt. Ich wünsche euch sehr, daß ihr den Gipfel erreicht und auch heil wieder runter kommt.
Herzliche Grüße von Hartmut
Hallo Ihr,
sind in Gedanken bei Euch.
Allles Gute und das notwendige Quentchen Glück.
die 7 Schwanefelder
Hallo Olli,
vielen Dank für die Karte!