Niederschlag

Ich war wirklich etwas niedergeschlagen, als ich die Wettervorhersage für unser Alpenwochenende am Taschachgletscher im Pitztal gelesen hatte. Schon am Donnerstagnachmittag, an welchem wir zum Taschachhaus aufsteigen wollten, waren erste gewittrige Schauer angesagt, die Vorhut einer sehr kräftigen Kaltfront. Diese Kaltfront würde in der Nacht zum Freitag über die gesamten Ostalpen ziehen. Die Temperatur fiel schlagartig um 10 bis 15 Grad. Die Schneefallgrenze sollte auf unter 2000 m sinken. Für den Freitag und auch für den Sonnabendvormittag waren „Starkniederschläge“ angekündigt, die 20 bis 50 cm Neuschnee brächten. Die Zuverlässigkeit dieser Prognose wurde mit sehr hoch angegeben.

Kann es sein, dass mich solche Wettervorhersagen derzeit irgendwie verfolgen? Trotzdem mussten wir nun das Beste aus dieser Situation machen. Und das ist uns auch gelungen. Es ist sogar ein ganz besonderes Erlebnis daraus geworden.

Schon während unseres Aufstieges zur Hütte fing es also an, zu regnen. Aber da wir ja gewarnt waren, hatte jeder die entsprechende Ausrüstung dabei. Außerdem wartete ja eine gemütliche Hütte auf uns mit Dusche und ausgiebigem Abendbrot. Das Viergängemenü auf dem Taschachhaus sucht wirklich seinesgleichen in den Alpen.

Nach dem Essen gab es dann schon die erste Theorielektion zum Thema „Sicheres Gehen auf einem Gletscher“. Wie verwendet man Steigeisen und Eispickel? Auf welche Weise kann man sich aus einer Gletscherspalte retten? Wozu braucht man einen Mastwurf oder eine Prusikschlinge? Wie bindet man sich in ein Bergseil ein usw.? Der zweite Teil des Abends war dann ebenfalls sehr aufschlussreich, denn wir testeten diverse Obstbrände, wobei der selbstgemachte Zirbenschnaps, woraus immer der auch gemacht ist, allen am besten geschmeckt hat.

Normalerweise gehen wir am ersten Tag immer in den Eisbruch des Taschachgletschers, um hier die am Vorabend erlernten theoretischen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen. Doch das Wetter war am Freitagmorgen der Prognose entsprechend einfach zu mies dafür. Es schneite tatsächlich extrem stark. Deshalb sind wir zu unserer Bergtour auf den Hinteren Brunnenkogel aufgebrochen. Man hat uns auf der Hütte ziemlich komisch angesehen, und wir waren auch die einzigen, die sich an diesem Tag weiter als 20 m von der Hütte entfernt haben.

Aufbruch am Freitagmorgen. Links oben sieht man noch das Taschachhaus (2440 m). Je höher wir kamen, desto höher auch der Schnee. An unserem Umkehrpunkt in etwa 3000 m Höhe lagen mindestens 30 cm. Und das am 31. August.

Aber da ich den Weg ganz gut kenne und aus Erfahrung weiss, dass man bei buchstäblich jedem Wetter auf den Hinteren Brunnenkogel steigen kann, sind wir einfach losmarschiert. Gut, wir sind nicht ganz raufgekommen und gesehen haben wir auch nicht so viel. Aber meinen Gästen hat es trotzdem gefallen. Denn sie wissen nun, dass man nicht unbedingt auf der Hütte bleiben muss, nur weil es schneit. Es geht eine ganze Menge auch bei schlechtem Wetter. Und am Abend gab es wieder eine Theoriestunde mit dem Thema Spaltenbergung.

Es war schon ein bisschen abenteuerlich, als wir auf dem Gletscher eintrafen. Tiefster Winter! Aber das hat uns eher motiviert als davon abgehalten, unser Programm voll durchzuziehen.

Am Sonnabend ging es nun ins Eis. Das Wetter war zumindest am Morgen nicht wirklich besser als am Vortag. Im Gegenteil! Nun lag der Schnee auch an unserer Hütte 30 cm hoch. Aber wir ließen uns davon nicht abbringen, unsere gesamte Eisausrüstung in die Rucksäcke zu verstauen und Richtung Gletscher zu marschieren. Allerdings machte es uns der wirklich hohe Schnee ziemlich schwer, vernünftig das Gehen auf Steigeisen zu üben. Aber auch dafür fanden wir eine Lösung.

Der Umgang mit Pickel und Steigeisen steht beim Üben auf dem Gletscher im Mittelpunkt. Eine Gletscherüberquerung wird meine Gäste in Zukunft auf ihren Bergtouren nicht mehr aufhalten.

Gemeinsam befreiten wir einen Parcours vom Schnee und konnten so trotz der dicken Schneedecke gut üben. Den ganzen Tag verbrachten wir auf dem Gletscher. Wir lernten, uns abzuseilen, eine Eissanduhr  mit einer Eisschraube einzubohren und einen T-Anker mit dem Pickel zu bauen. Wir jümarten am fixen Seil und als Höhepunkt des Tages kletterten wir zum Schluss auch noch im Steileis.

Es war ein besonderes Übungswochenende im Pitztal. Soviel steht schon mal fest. Aber nicht, weil wir so schlechtes Wetter hatten, sondern weil wir trotzdem nicht weniger geübt und gelernt haben, als in den anderen Jahren. Und was das wichtigste ist, wir hatten trotz der widrigen Bedingungen eine Menge Spaß. Für mich gilt das jedenfalls uneingeschränkt. Vielen Dank an Euch für diese eindrucksvollen vier Tage!

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3 Antworten

  1. Kerstin und Lothar sagt:

    Niederschlag = niedergeschlagen?
    Keinesfalls!

    Hallo Olaf,
    wir möchten Danke sagen für die erlebnis- und lehrreichen Tage in Schnee und Eis.
    Viele Grüße von Kerstin und Lothar

  2. Jens K. sagt:

    Hallo Janina (und die anderen),
    erkenne ich Dich da wirklich auf dem unteren Bild? Willst Du wieder mitgehen nach Nepal oder warst Du Ausbildungshelferin?
    Wie auch immer, ich wünsche allen viel Geduld und Vorfreude auf das große Ereignis.
    Beste Grüße
    Jens

    • Janina sagt:

      Hallo Jens,
      nun, ich habe mein bestes getan als „Ausbildungshelferin“ und auch ein paar Tipps in Sachen „das erste Mal nach Nepal reisen“ weitergegeben.

      Leider werde ich mit dieser Gruppe nicht mit nach Nepal fahren (denn wir hatten viel Spaß!!!), aber ich werde auf jeden Fall in nicht all zu ferner Zukunft wieder nach Nepal und in die Berge reisen… ;-).

      Liebe Grüße Janina

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